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Nachrichten rund um die Rechtschreibreform

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05.06.2005
 

Forschungsgruppe Deutsche Sprache
Bericht von der Jahresversammlung 2005

Am 4. Juni fand in den Räumen der Bayerischen Akademie der Schönen Künste die Jahresversammlung 2005 der FDS statt. Hier unser Bericht:

Ein Zitat zur Einstimmung: „Wir müssen gestehen, dass wir oft mit einer Mischung von Amüsiertheit und Entsetzen auf die Haltung Normen gegenüber reagiert haben, die uns in Deutschland immer wieder begegnet und uns aus Schweizer Warte ausgesprochen hysterisch vorkommt.“ So schrieben die Schweizer Rechtschreibreformer Horst Sitta und Peter Gallmann. Der Satz kennzeichnet die Reform der Rechtschreibung: Es wird eine neue Norm gesetzt, die, da sie nichts taugt, dauernd verändert, „präzisiert“ werden muß. Ernst gemeint waren es tut mir Leid und so genannt aber nicht, deswegen kann man die Norm auch wieder ändern. „Rechtschreibung braucht eine gewissse Elastizität,“ schrieb Horst Sitta in der NZZ. Wer all das dennoch ernst nimmt (und der Schule wird vom ersten August an befohlen sein, das ernst zu nehmen), der ist hysterisch.

Unter den gegen fünfzig Teilnehmern waren Michael Klett, Reiner Kunze, Karin Pfeiffer-Stolz, Claudia Ludwig, Prof. Dr. Christian Meier, Prof. Dr. Ulrich Knoop (Vorstandsmitglied des größten deutschen Sprachvereins, VDS), Prof. Dr. Christian Stetter, Dr. Johannes Wasmuth, Friedrich Denk, Hans Krieger. Auch die Schweiz war gut vertreten: mit Peter Zbinden, dem Vorsitzenden des Sprachkreises Deutsch und Peter Müller, dem Direktor der Schweizerischen Depeschenagentur. Robert Nef, Herausgeber der Schweizer Monatshefte, mußte sich umständehalber kurzfristig entschuldigen. Erste Gespräche fanden beim gemeinsamen Mittagessen im Franziskaner statt. Wie groß das Bedürfnis ist, die Lage zu besprechen, zeigte sich auch am Nachmittag; natürlich reichte die Zeit nicht aus. Bei einer nächsten Veranstaltung müssen wir versuchen, auch hier vorzusorgen.

Die Versammlung begann um 13.15 Uhr. Die Dinge der Vereinsordnung werden satzungsgemäß erst im nächsten Jahr behandelt. Zuerst umriß Reinhard Markner, Vorsitzender der Forschungsgruppe, die Ereignisse der letzten Zeit. Unter den vielen mit großem Anspruch auf unser aller Dank sei unser Techniker Simon Bauer hervorgehoben, der die FDS-Netzseite „Schrift & Rede“ tatkräftig, sorgfältig und uneigennützig betreut.

Gegen 14 Uhr begann Theodor Ickler mit seinem Bericht; er hatte später als geplant anreisen können. Von der vortägigen Sitzung des Rates für Rechtschreibung teilte er mit, daß nun, nach Überarbeitung des Paragraphen 34 des Regelwerks, im Bereich der Verbzusätze zu hundert Prozent die vorreformierten Verhältnisse wieder herrschen. Paragraph 36 (wohlbekannt, feuerspeiend) wird folgen. Der Rat wird demnächst auch eine Arbeitsgruppe einsetzen, welche gegen den Willen der Kultusminister die Groß- und Kleinschreibung überarbeiten soll. Für die Schweiz bedeutet dies, daß in absehbarer Zeit von den Kernbereichen der Reform nichts mehr vorhanden sein wird.

Die Grundschwierigkeit für den Rat besteht darin, daß er vom neuen Regelwerk ausgehen und gleichsam ein irrtümlich unter Denkmalschutz gestelltes Gebäude vollständig auskernen und im Innern neu bauen muß. Wer sich vor Augen führt, daß bei diesem Umbau etliche einst stolze Reformer und Verteidiger der Reform mitmachen, entweder selber Hand anlegend oder sich überstimmen lassend, der findet sich nach neun Jahren Umgang mit diesem Blödsinn auf einem weiteren Höhepunkt des Staunens. Mitmachen ist wichtiger als siegen. Einige Reformer im Rat gehen bei ihren Anträgen immer noch vom Regelwerk 1996 aus und haben offenbar vergessen, daß sie selber es im letzten Juni gründlich verändert haben.

Michael Klett stellte die Frage, ob man diese doch gute Entwicklung im Rat laufenlassen könne oder ob man noch einmal in die Rüstung steigen und den Helm festzurren solle. Theodor Ickler antwortete, daß die Lage höchst gefährlich sei und daß die guten Kräfte im Rat (er nannte vor allem Hans Zehetmair und Peter Eisenberg) unbedingt Hilfe von außen brauchten, in erster Linie die Hilfe der Verlage und der Zeitungen. Nur mit dieser Hilfe werde der Rat zu wirklich guten Ergebnissen kommen. Ickler betonte, wie verhängsnisvoll der Entschluß der KMK sei, grundsätzlich am 1. August festzuhalten.

Christian Meier: „Wenn Kulturvögte Grammatikfehler befehlen wollen, so halte ich es für eine Ehre, vom kommenden 1. August an falsch zu schreiben.“ Reiner Kunze sagte, daß die bisherigen Änderungen, die der Rat vorgenommen hat, wenn man an die Sprache denkt, bei weitem nicht ausreichten. Ulrich Knoop wies darauf hin, daß es in der Geschichte unserer Sprache noch nie gelungen sei, etwas durchzusetzen, was ihrer Entwicklung zuwiderläuft. Michael Klett: „Die Schulbücher für das neue Schuljahr sind jetzt im Druck. Die im letzten Juni veränderte reformierte Rechtschreibung kann deshalb zum Schuljahr 2005/2006 ohnehin nicht verbindlich werden. Und für die Schulbuchverlage fallen angesichts des aktuellen Prozesses die Kosten auch deutlich weitergehender Korrekturen am neuen Regelwerk nicht ins Gewicht.“

Allen Anwesenden war unbegreiflich, daß es für die Kultusminister „unstrittige Teile“ dieser Reform gibt. Sämtliche Bereiche sind strittig, besonders auch die Eszett-Regelung. Und die Neuregelung auf dem Stand von 2004 kann schon deswegen nicht notenwirksam werden, weil es keine Schul- und Wörterbücher gibt, die diesen Stand der Dinge bieten. Etwas andereres, als die Übergangszeit zu verlängern, ist deshalb gar nicht möglich. Eine Presse-Erklärung dieses Inhalts wurde verabschiedet. Im Anschluß an die Aussprache meldeten sich einige Zeitungen und Agenturen telefonisch mit Fragen. Ein erster Bericht erschien in der Welt am Sonntag vom 5. Juni auf der ersten Seite unter dem Titel: „Reformgegner kritisieren ‚zementierte Dummheit.’“ Die Versammlung endete um 16.30 Uhr.

Die Ereignisse des letzten Jahres haben bewiesen, daß die Kritik am neuen Regelwerk, die seit neun Jahren mit größtem Einsatz von Zeit und Geld immer wieder geäußert wurde, berechtigt war. Die Kultusminister werden auf ihrem Weg den Rechtschreibfrieden und eine einheitliche Rechtschreibung nicht wiederherstellen. Die Forschungsgruppe Deutsche Sprache hat in den nächsten Tagen und Wochen Arbeit vor sich.

Die Bayerische Akademie der Schönen Künste hat erneut ihre enge Verbundenheit mit unserer Arbeit bewiesen, indem sie uns trotz großer anderweitiger Beanspruchung in diesen Tagen ihre Räume und die Hilfe ihrer Mitarbeiter zur Verfügung gestellt hat. Dafür sind wir ihr sehr dankbar.

Unsere Jahresversammlung hat gezeigt, daß die Schar derer groß ist und wächst, die bereit sind, etwas zu tun. In diesem Zusammenhang sei auf unser Spendenkonto verwiesen.

Forschungsgruppe Deutsche Sprache
Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee
BLZ 71152570
Konto Nr. 8590002

Die FDS ist ein gemeinnütziger Verein und kann steuerbegünstigende Spendenquittungen ausstellen.



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Kommentare zu »Forschungsgruppe Deutsche Sprache«
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Kommentar von Kölner Stadtanzeiger, verfaßt am 05.06.2005 um 15.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#807

Der Kölner Stadtanzeiger berichtet in seiner Online-Ausgabe über die Jahresversammlung der FDS.



Kommentar von Jürgen Sterzenbach, verfaßt am 05.06.2005 um 20.35 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#811

Das nennt man beratungsresistent: Die Kultusministerkonferenz setzt zuerst einen Rat für Rechtschreibung ein und entscheidet dann doch so, wie es ihr paßt. Hat sie jemals stichhaltig begründet, welche Reformteile unstrittig seien? Die Rechtschreibreform nun zum 1. August 2005 in Teilen in Kraft treten zu lassen, ist so absurd und dreist, so arrogant und ignorant, daß man nur innigst hoffen kann, nicht alle politische Entscheidungen hierzulande würden so sachfern getroffen.

PS: Danke für die kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit des FDS. Ich spende!


Kommentar von Ruth Salber-Buchmüller, verfaßt am 05.06.2005 um 21.23 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#812

RM 05.06.05 /Kultur "Den Lügen die Stirn bieten"
von Karl Corino
"Der Lyriker Reiner Kunze erweist sich als begnadeter Redner"
Zitat daraus:
"Der Übermut der Ämter, der Kunze schon in der DDR zur Verzweiflung brachte, empört ihn – siehe den Oktroi der neuen Ortografie – im vereinigten Deutschland nicht minder".
(Anm:: "Orto" auch ohne "h" ist ganz neu, oder?)



Kommentar von FDS, verfaßt am 06.06.2005 um 00.59 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#815

Der Protest der in der Jahresversammlung der Forschungsgruppe Deutsche Sprache versammelten Reformkritiker hat in der Presse ein lebhaftes und in der Tendenz zustimmendes Echo gefunden.

Nach Artikeln der „Welt am Sonntag“ und des „Kölner Stadtanzeigers“ gibt es am heutigen Montag auch in der Online-Ausgabe der Welt Berichte über unsere Versammlung, und sogar in der ZEIT.



Kommentar von FAZ, verfaßt am 06.06.2005 um 17.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#818

Viel Kritik an Beschluß zur Rechtschreibreform

München, 5. Juni (dpa). Der jüngste Beschluß der Länder-Kultusminister zur Rechtschreibreform sollte nach Ansicht der Forschungsgruppe Deutsche Sprache zurückgenommen werden. „Die reformierte Rechtschreibung kann und darf nicht vom 1. August 2005 an für die Schulen verbindlich werden“, hieß es in einer Erklärung der Forschungsgruppe, der namhafte Schriftsteller und Reformkritiker angehören. Der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers kritisierte in der Zeitung „Welt am Sonntag“ die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz (KMK) zur Rechtschreibreform als „nicht ausgereift“. Die Kultusminister hatten am Donnerstag einstimmig beschlossen, daß die unstrittigen Teile der Rechtschreibreform wie geplant zum 1. August für Schulen und Behörden verbindlich werden. Der Schulbuchverleger Michael Klett nannte die nun für Schüler entstandene Lage „desolat“. Die Eltern schrüben anders als ihre Kinder. Lehrmaterialien kursierten in drei Rechtschreibungen.


Stimmen der Anderen:

Der Eiertanz geht weiter

Die „Neue Osnabrücker Zeitung“ befaßt sich mit dem Kultusminister-Beschluß, große Teile der Rechtschreibreform in Kraft treten zu lassen:


„… Die Kultusminister haben sich um eine Entscheidung herumgedrückt und die neuen Schreibregeln zunächst nur in Teilen für verbindlich erklärt. Der Eiertanz geht weiter. Zwar ehrt es die Minister, daß sie Bedenken aufnehmen wollen. Stutzig macht jedoch, daß sie auf der anderen Seite große Teile der Rechtschreibung per Dekret regeln, obwohl diese keineswegs so unumstritten sind, wie behauptet wird. Man denke nur andie Groß- und Kleinschreibung oder die Verwendung von Fremdwörtern. Viel hätte deshalb dafür gesprochen, dem Expertengremium mehr Zeit zu geben. Daß der Rat für Rechtschreibung nun weitgehend vor vollendete Tatsachen gestellt wurde, hat freilich auch einen Vorteil. Denn irgendwann muß Schluß sein mit dem chaotischen Durcheinander, welches das Gezerre ums Schriftdeutsch ausgelöst hat. … In jedem Fall brauchen diejenigen einen offiziellen Leitfaden, die das Schreiben erst lernen: die Schüler. Gerade den Schwächeren unter ihnen schaden die Kultusminister allerdings, weil sie sich erst spät entschlossen haben, Kritikern der neuen Regeln entgegenzukommen. So wird die Phase der Unsicherheit letztlich doch wieder verlängert …“


Nur ein Ausweg aus dem Chaos
Die „Badische Zeitung“ (Freiburg) schreibt zur Rechtschreibreform


„Glaubte man bisher, die Verwirrung im Glaubenskrieg um das neue Regelwerk habe ihren unüberbietbaren Höhepunkt erreicht, muß man nun schmerzhaft zur Kenntnis nehmen, daß es zu Klarheit und Transparenz in der Orthographie vermutlich nie mehr kommen wird. Der – angeblich – unstrittige Teil der Reform wie geplant am 1. August in Kraft treten, der andere irgendwann einmal. Zwischenzeitlich soll es eine Handreichung für Lehrer geben, damit sie wissen, welche Fehler im Diktat (einstweilen? für immer?) gewertet werden müssen. Natürlich können die Gegner der Reform das Einlenken der Kultusminister bei der Zusammen- und Getrenntschreibung als Teilerfolg feiern. Nur: Ist damit etwas gewonnen? Bei der größten Fehlerquelle Groß- und Kleinschreibung jedenfalls nichts. Es bleibt eigentlich nur ein Ausweg aus dem Chaos: Meine Damen und Herren, geben Sie Rechtschreibfreiheit!“



Kommentar von DER SPIEGEL Nr. 23/6.6.05, verfaßt am 06.06.2005 um 17.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#819

„Reformen der Reform“

Hans Zehetmair, 68, Vorsitzender des Rats für deutsche Rechtschreibung, über die Einführung der Reform zum 1. August

Spiegel: Herr Zehetmair, die Kultusministerkonferenz (KMK) hat diese Woche beschlossen, die reformierte Rechtschreibung zum 1. August in Schulen und Behörden einzuführen – auch solche Teile, die Ihr Rat noch gar nicht geprüft hat, wie etwa die Groß- und Kleinschreibung. Fühlen Sie sich bloßgestellt?

Zehetmair: Ich unterstelle der KMK nicht, dass sie uns düpieren wollte. Sie hat uns schließlich letztes Jahr beauftragt, die strittigen Regeln der Rechtschreibrefom zu prüfen. Man muss den Kultusministern aber schon raten, besondern behutsam und zurückhaltend mit Fragen der Rechtschreibung umzugehen. Wir werden uns wie geplant gegen Ende des Jahres auch die Groß- und Kleinschreibung vornehmen. Wir sind ein völlig unabhängiges Gremium.

Spiegel: Eine Reform wird teilweise eingeführt, muss dann eventuell nach Ihrem Votum wieder teilweise zurückgenommen werden – wie soll irgendjemand das beispielsweise Schülern noch vermitteln?

Zehetmair: Es droht ein gewisses Drucheinander, aber am schlechtesten wäre es gewesen, die Reform vollständig in Kraft treten zu lassen. Und die KMK-Verwaltung hat ja tatsächlich darüber nachgedacht, für die gesamte Reform ein Moratorium zu erwirken. Keine schlechte Idee, doch wir brauchen für unsere Arbeit noch Jahre.

Spiegel: Wird es dann eine Reform der Reform geben?

Zehetmair: Es kann sogar sein, dass es mehrere Reformen der Reform geben wird, da wir ja auch die Sprachentwicklung über die Jahre beobachten und dann sehen, was sich im Sprachgebrauch durchsetzt. Außerdem ist es mir gelungen, drei prominente Reformgegner für den Rat zu gewinnen. Wir werden zu Mehrheitsentscheidungen über vernünftige Korrekturen kommen – und dies dann auch durchsetzen.



Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.06.2005 um 18.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#820

Herr Zehetmair hat die Lage sehr gut beschrieben. Unmittelbare Folge ist, daß kein Lehrer, der seine fünf Sinne beisammen hat, eine Schreibweise als Fehler markieren wird, die gestern richtig war, heute falsch sein soll und vielleicht schon im nächsten Jahr wieder richtig sein könnte. Das ist natürlich das Ende jedes verantwortungsvollen Deutschunterrichts, weit über den Elementarbereich hinaus. Der Geisteszustand der Kultusminister wird selbst zum Unterrichtsgegenstand. Grund ist der Realitätsverlust der Ministerrats-Clique in ihrem Bunker. Dort hocken sie beisammen und brüten Wahnideen aus, Eroberungspläne für den Endsieg - kurz vor dem Untergang.


Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 06.06.2005 um 18.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#821

Oder wie ein berühmter Feldherr einst sagte: " Noch solch einen Sieg, meine Herren, und wir sind verloren!"


Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 06.06.2005 um 23.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#823

Auch der Focus hat Zehetmairs Äußerung, daß es nun Ziel des Rates sein müsse, diejenigen Stimmen in Politik und Medien zum Schweigen zu bringen, welche auch nach dem 1. August 2005 an der bewährten Orthographie festhalten wollten, bemerkt und bringt hierzu in seiner heutigen Ausgabe folgenden Artikel:

»REFORM

Jetzt wieder mehr zusammen

Dem Volk aufs Maul geschaut – nach diesem Grundsatz will der Rat für Deutsche Rechtschreibung die Orthographiereform in einigen Punkten verändern. „Wir legen den Akzent stärker als bisher auf den Sprachgebrauch“, erklärte der Ratsvorsitzende, Hans Zehetmair, nach einer Sitzung am Freitag. Das Gremium einigte sich auf Vorschläge zur Getrennt- und Zusammenschreibung.
Künftig soll wieder mehr zusammengeschrieben werden: verlorengehen, vollquatschen, heiligsprechen (FOCUS 15/05). Es handle sich aber nicht um eine „Rolle rückwärts“, so Zehetmair. „Wir müssen den Menschen jedoch vermitteln, dass es ihre Sprache ist.“ Deutlich kritisierte er eine generell ablehnende Haltung gegenüber der Neuregelung. Man müsse vermeintliche Ruhmesäußerungen von Kritikern stoppen, die „sich um die neue Rechtschreibung nicht scheren und bei der alten bleiben wollen“. Es seien dies Kritiker, die bis in politische Spitzen hineinreichen.
Zum 1. August sollen nach dem Beschluss der Länder (KMK) die unstrittigen Bereiche des Reformwerks in Schulen und Behörden verbindlich werden – so zum Beispiel die neue Doppel-s-Regel oder Groß- und Kleinschreibung. In den Bereichen, die der Rechtschreibrat noch nicht abschließend bearbeitet hat, sollen Lehrer Fehler der Schüler nicht werten.
In den nächsten Wochen will der Rat seine jetzt beschlossenen Korrekturen veröffentlichen, sie im Herbst bei einer Expertenanhörung zur Diskussion stellen und anschließend der KMK unterbreiten.« (FOCUS 23/05, 06.06.05, S. 13)

Wen Zehetmair zum Schweigen bringen möchte, liegt auf der Hand: nicht die FDS, die Schriftsteller oder die DASD. Ein Dorn im Auge sind ihm vielmehr die zur bewährten Orthographie zurückgekehrten Medien, namentlich die FAZ und die Zeitungen des Axel-Springer-Verlags, sowie die reformkritischen Ministerpräsidenten Wulff und Rüttgers.
Im übrigen: Daß der Rat jetzt auch die Reformvorschriften der Groß- und Kleinschreibung korrigieren möchte – somit keineswegs ein unstrittiger Bereich –, wird verschwiegen, obwohl dies inzwischen selbst auf der offiziellen Internetseite des Rates nachzulesen ist.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.06.2005 um 05.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#825

Was der FOCUS da wieder alles gehört zu haben glaubt! Wenn der Rat die Absicht hätte, seine Vorschläge einer Expertenanhörung zu unterziehen, müßte ich es wohl mitbekommen haben. Der Rat veranstaltet keine Expertenanhörungen, er ist sozusagen selbst eine. Die KMK will, wie ich schon gesagt habe, gegen den Expertenrat noch eine zweite Expertengruppe aus dem Hinterhof mobilisieren, um jede Änderung zu hintertreiben, aber damit hat der Rat nichts zu tun. Was Herr Zehetmair genau gesagt hat, weiß ich nicht, aber wahrscheinlich ist es auch nicht richtig verstanden worden. Man muß auch die diplomatische Ausdrucksweise richtig einordnen. Andere Berichte wissen nichts von den speziellen FOCUS-Wahrnehmungen.



Kommentar von rrbth, verfaßt am 07.06.2005 um 09.39 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#831

Und was der FOCUS da wieder alles gelesen zu haben glaubt:

Daß der Rat jetzt auch die Reformvorschriften der Groß- und Kleinschreibung korrigieren möchte – somit keineswegs ein unstrittiger Bereich –, wird verschwiegen, obwohl dies inzwischen selbst auf der offiziellen Internetseite des Rates nachzulesen ist.

Die Nachricht stimmt schon, nur, wo hat der Fokus das gelesen?

Hier nicht:
http://www.ids-mannheim.de/gra/rechtschreibung/

Und dort auch nicht:
http://www.ids-mannheim.de/gra/rechtschreibung/aktuelles.html
http://www.ids-mannheim.de/gra/rechtschreibung/mitglieder.html
http://www.ids-mannheim.de/gra/rechtschreibung/zurarbeit.html

Und hier erst recht (noch) nicht:
http://www.rechtschreibrat.com

Und hier schon überhaupt gar nie nicht:
http://www.rat-fuer-deutsche-rechtschreibung.de/Entwurf/Heft.php?boardid=1

Übrigens:
Was ist denn mit diesen letztgenannten Seiten (nicht) los? Hat es Sinn die (wieder) zu beleben? Der Ansatz war (ist) doch gar nicht so schlecht, wenn auch „rechtschreibrat.com“ der griffigere Name geworden ist.
Und:
Vielleicht ist es ja durchaus von symbolischer Bedeutung, daß auf den „offiziellen Seiten des offiziellen Rates“ es um vieles geht – nur nicht um Sprache.


Kommentar von Walter Lachenmann, verfaßt am 07.06.2005 um 10.16 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#832

Zehetmair: Es kann sogar sein, dass es mehrere Reformen der Reform geben wird, da wir ja auch die Sprachentwicklung über die Jahre beobachten und dann sehen, was sich im Sprachgebrauch durchsetzt.

Von Zehetmair weiß man einerseits, daß er „tätige Reue“ versprochen hat, andererseits bezeichnen ihn viele, die ihn kennen, als „Fuchs“. Wie übt ein Fuchs tätige Reue? Schlau natürlich. Er wird jeder Konfrontation, bei der er angesichts der Kräfteverhältnisse mit einer Niederlage rechnen muß, aus dem Wege gehen. Es gibt ein bestimmtes Verständnis von Heldenhaftigkeit, die ein solches Verhalten feige nennt. Man könnte dagegen fragen, ob eine allzu rigide verstandene Heldenhaftigkeit zwar ehrenhaft, aber doch auch ein bißchen ungerecht und dumm ist.

Die „Sprachentwicklung über die Jahre“ wurde schon immer beobachtet und seit Ende des 19.Jahrhundert hat sich daraus keine Notwendigkeit für eine Rechtschreibreform ergeben, von Reformen von Reformen ganz zu schweigen, denn die Entwicklung gab das nicht her. Sie war zwar nicht unbeweglich, aber doch ruhig und unauffällig. Wenn nach der Voraussage Zehetmairs die Beobachtung der Sprachentwicklung durch den von ihm geführten Rechtschreibrat schon in den nächsten Jahren Anlaß zu mehreren Reformen und deren Reformen geben wird, dann kann man sich gut vorstellen, wohin die Entwicklung sehr schnell gehen wird: wieder zu dem, was über die lange deutsche Sprachgeschichte hin entstanden ist und sich bewährt hat. Von den Kunstregeln der Reformer wird dabei, das zeichnet sich jetzt schon ab, wenig übrigbleiben.

Wenn böse Buben mit ihren Stöcken in einem wohlorganisierten Ameisenhaufen herumstochern, entsteht in dem sonst ruhig-emsigen Treiben vorübergehend große Aufregung, aber mit der Zeit findet alles wieder seine Ordnung und der Haufen nimmt wieder seine schöne Form an, ganz als ob nichts geschehen wäre, ein paar Stöckchen liegen vielleicht nicht mehr dort, wo sie vorher gelegen waren.



Kommentar von Helmut Jochems, verfaßt am 07.06.2005 um 12.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#833

Die Forschungsgruppe Deutsche Sprache bringt es auf den Punkt: "Die Grundschwierigkeit für den Rat besteht darin, daß er vom neuen Regelwerk ausgehen und gleichsam ein irrtümlich unter Denkmalschutz gestelltes Gebäude vollständig auskernen und im Innern neu bauen muß." Das kommt davon, wenn man einen ehrwürdigen Altbau abreißt, ehe der postmoderne Neubau bezugsfertig ist. Bei der Straßenverkehrsordnung oder dem Bürgerlichen Gesetzbuch wären die Folgen katastrophal. Das "Amtliche Regelwerk" von 1996 in der Fassung von 2004 ist jedoch lediglich eine Schreibanleitung für Behörden und Schulen, dort zudem eine Korrekturrichtlinie, denn was der Rotstift ins Werk setzt, muß justitiabel sein. Ohne Not sind trotzdem schon etliche in die Bauruine eingezogen, die es eigentlich gar nicht nötig gehabt hätten. Bis jetzt hat allerdings niemand ernsthaft Schaden genommen, und dennoch widerspricht es dem hierzulande ausgeprägten Ordnungssinn, so weiterzuwursteln.

Von 1901 bis 1996 hat außer einer Handvoll Rechtschreibspezialisten niemand die staatlich eingeführte alte Rechtschreibregelung in die Hand genommen. Viele Generationen von Dudenredakteuren beteuerten zwar im Vorwort ihres Opus, sich streng daran zu halten, aber kontrollieren konnte und wollte das ebenfalls niemand. Wieso ist das jetzt alles so problematisch? Ist unsere Rechtschreibung nicht deshalb zur Spielwiese von "blindwütigen Flickschustern" (Hubert Spiegel) aller Art und einiger Profiteure obendrein geworden, weil ihre Narreteien so folgenlos sind? Wir sind daran gewöhnt, daß unsere Gesellschaft in ihrer Haltung zu Bewahrungswürdigem gespalten ist - Konservative auf der einen, Neuerungssüchtige auf der anderen Seite. Wie könnte das hier anders sein. Herr Zehetmair sieht den Rat für deutsche Rechtschreibung auf Jahre hinaus mit der Reform der Reform beschäftigt, und dies mit dem unausgesprochenen Ziel, am Ende die ursprünglichen Verhältnisse wiederherzustellen. Wird das zugleich der "Rechtschreibfrieden" sein, die "Versöhnung" der Gesellschaft mit ihrer Rechtschreibung? The answer, my friend, is blowing in the wind. The answer is blowing in the wind.



Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.06.2005 um 12.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#834

Herrn Zehetmairs Ankündigung, der Rat werde noch jahrelang an der Revision arbeiten, ist zwar zunächst eine Horrorvision, aber bei näherem Hinsehen eine wunderbare Vorlage. Denn sie bedeutet die implizite Delegitimierung der Neuregelung und eine kaltblütige Antwort auf die KMK-Entschließung. Die KMK sagt: "Die Groß- und Kleinschreibung (usw.) wird am 1. August verbindlich." Zehetmair entgegnet: "Die Groß- und Kleinschreibung wird noch im laufenden Jahr revidiert, der Rest später." Glaubt jemand, daß die Kultusminister diese Sprache nicht verstehen?

Ich finde, daß unsere Sache bei Herrn Zehetmair in guten Händen ist, den besten denkbaren sogar. Er verdient unser aller Unterstützung, zumal er es allein mit allen aufnimmt. Ein besserer Verbündeter ist nicht in Sicht. Hubert Spiegel hat es sehr gut gesagt. Manchmal muß man auch in der Politik an das Gute glauben, gerade weil es so exotisch ist.

(Hoffentlich hat niemand die netten Worte des Vorsitzenden über die drei Reformgegner überlesen, die er in den Rat geholt habe ...)

Natürlich sind wir weiterhin wachsam und nicht so naiv, aber es kann ja nichts schaden, auch mal was Positives anzunehmen.


Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 07.06.2005 um 13.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#835

Man möchte gern glauben, daß Herr Z., vom Saulus zum Paulus geworden, kein doppeltes Spiel treibt. Insofern sollte er nur an seinen Taten gemesssen und nicht jedes Wort seiner Interviews auf die Goldwaage gelegt werden. Andererseits darf nicht übersehen werden, daß er der KMK bestimmt als "Verräter" gilt. Denn er war ja in der Absicht ausgesucht worden, den Rat zum willfährigen Werkzeug bzw. zu einem ohnmächtigen Debattierclub zu degradieren. Man setzte wohl auf die Devise "Einmal Kultusminister - immer Kultusminister". Bis jetzt hat Herr Z. eine erstaunliche, kaum zu erwartende Zivilcourage an den Tag gelegt. Ganz sicher steht er unter enormem Druck und braucht von seiten der Ratsmitglieder, besonders der Reformgegner, jede Unterstützung. Bemerkenswerte noch als die Souveränität des Vorsitzenden erscheint mir die Tatsache, daß der Rat zu Mehrheiten in Sachen Rückbau gelangen konnte. Das muß die Oberen weit mehr beunruhigen als die Eigenständigkeit des Vorsitzenden. Wer hätte das gedacht: Die Reformgegner bilden eine kleine Minderheit, und trotzdem kommen Entscheidungen in ihrem Sinne zustande! Da ist ein schlau ausgeheckter Plan gründlich danebengegangen.


Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 07.06.2005 um 13.50 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#836

Wie heilt man einen „Tollpatsch“?

Von Zehetmair stammt der Ausspruch: „Wir hätten die Rechtschreibreform nicht machen sollen!“ (Zitat aus dem Bayernkurier), und Prof. Ickler hat kürzlich auf diesen Seiten die Information nachgereicht, daß alle (wirklich alle!) Kultusminister genau den gleichen reuigen Gedanken haben wie Zehetmair.

Allerdings:
Zehetmair setzt sich von seinen ehemaligen Standeskollegen ein gut Stück ab.
Nach W. Lachenmann ist er „ein schlauer Fuchs“, denn er zeigt „tatkräftige Reue“, hat dabei aber ein schweres Amt, weil er bei seinen Bußhandlungen selbst bei den Artverwandten – den noch amtierenden Kultusministern (trotz deren Reuegedanken) – auf wenig Gegenliebe, sondern eher auf Gegenmaßnahmen trifft.

Zu verstehen ist das nicht, aber vielleicht können Medizin und Pharmazie weiterhelfen. Schließlich gilt dort der „Fuchs“ als Hauptüberträger der „so genannten“ „Tollwut“.
Zu fragen wäre dann: Mit welchem Medikament wurde Zehetmair geheilt?
Und: Könnte man jenes Medikament auch den anderen Füchsen verabreichen?


Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 07.06.2005 um 14.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#837

Die Füchse bekamen eine Schluckimpfung in Gestalt präparierter Hühnerköpfe, auf die sie offenbar ganz geil sind. Also...?


Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 07.06.2005 um 14.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#838

> Zu fragen wäre dann: Mit welchem Medikament wurde Zehetmair geheilt?

Ausscheiden aus der Politik.

>Und: Könnte man jenes Medikament auch den anderen Füchsen verabreichen?

Ja.

Timeo Danaos et dona ferentes.


Kommentar von rrbth, verfaßt am 07.06.2005 um 15.22 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#839

Geht das Amt, kommt der Verstand.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.06.2005 um 16.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#840

Schon richtig, besonders Kratzbaum hat's genau erfaßt, wie ich es auch erlebe. Aber nun, liebe Freunde, macht Euch nicht zu viele Gedanken über unseren neuen Verbündeten, sondern laßt uns mal überlegen, was wir noch zur Beförderung der guten Sache tun können! Andere Politiker, die uns zu Hilfe kommen könnten, sehe ich nicht, aber vielleicht kennen Sie jemanden?

Entscheidend sind die Medien. Sie müßten einsehen, daß hier auf die Schüler ein großes Übel zukommt, und so, wie sie seinerzeit "um der Schüler willen" reformiert haben (wir wollen es für diesmal einfach glauben), so müßten sie jetzt um der Schüler willen rückumstellen. Das ist uns sonnenklar, aber wir müssen es auch den Zeitungsleuten klar machen. Bin schon dabei.


Kommentar von Thomas Paulwitz, verfaßt am 07.06.2005 um 16.47 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#841

Vielleicht lassen sich noch ein paar Politiker mobilisieren, wenn Zehetmair am 15. Juni im Kulturausschuß des Bundestags spricht? Die beiden Bundestagsanträge zur Rechtschreibreform sind ja noch nicht zum Abschluß gekommen.


Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 07.06.2005 um 17.06 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#842

> Das ist uns sonnenklar, aber wir müssen es auch den Zeitungsleuten klar machen.
> Bin schon dabei.

Im Spiegel-Forum kursierten ja Gerüchte über die wahren Hintergründe über Austs Rückzug vom Ausstieg. Weiß hier jemand näheres? Ist Bertelsmann involviert? Gab es Druck von der SPD i.S.v. gutem Zureden? Oder wollte er wirklich und wahrhaftig die weitere Entwicklung abwarten?

Zehetmair: wenn einer keine Karriere mehr zu machen hat, kann er rücksichtslos - wiewohl diplomatisch - das Richtige tun. Rüttgers, Wolff und Westerwelle sind sehr karrierebewußt, werden also alles für ihr Image und nichts in der Sache tun.


Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 07.06.2005 um 17.14 Uhr  
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Früher (in den Zeiten, in denen das Wünschen nicht geholfen hat) dachten und wünschten wir alle, daß die Reform auf keinen Fall in Kraft treten dürfe. Je mehr sie verwirklicht wurde, desto trauriger und mutloser wurden viele von uns. Ausnahme: Prof. Ickler mit seinem angeborenen und untrüglichen Realitätssinn... Heute können wir uns freuen, daß die Reform demnächst in den Schulen endgültig ihre Unbrauchbarkjeit erweisen wird. Sie m u ß in Kraft treten, damit jedermann klar sieht, daß sie Mist ist. Wie eine nette junge Dame mir einmal sagte: "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Ende ohne Schrecken... oder wie heißt das?"


Kommentar von WL, verfaßt am 07.06.2005 um 17.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#844

Rüttgers, Wulff und Westerwelle sind sehr karrierebewußt, werden also alles für ihr Image und nichts in der Sache tun.

Mit solchem vorauseilenden Pessimismus wird den Politikern, auf denen doch unsere Hoffnung liegt, möglicherweise Unrecht getan, und er ist der Sache nicht dienlich. Politiker sind ja nicht grundsätzlich Übeltäter, und wenn einer nicht karrierebewußt ist, bringt er es zu nichts, kann also auch nichts bewirken.

Bisher stand, wer sich in der Politik gegen die Reform aussprach, einer wie auch immer motivierten Mehrheit von Reformdurchwinkern gegenüber. Wenn aber Reformgegner wie die genannten Herren, die dann ja um ihre Karriere nicht mehr besorgt sein müssen, das Sagen bekommen, werden möglicherweise alle nicht so weit gekommenen Politschäfchen, eben aus Karrierebewußtsein, der neuen Ansage ihrer neuen Leithammel beflissen folgen, schon immer gegen die Reform gewesen sein und alles in ihrer Kraft Liegende tun, um sie wieder abzuschaffen.


Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 07.06.2005 um 17.40 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#845

Soweit mir bekannt, wird die NDRS an niedersächsischen Schulen derzeit unterrichtet. Das liegt allein in der Verantwortung von Herrn Wulff.

Ich bin bereit, darauf zu wetten, daß in Nordrhein-Westfalen nichts anderes geschehen wird. Die mäkeligen, aber wachsweichen Bemerkungen von Herrn Rüttgers halte ich für Nebelwerferei, um von seinem Wahlversprechen abzulenken.

Ich denke schon, daß es sinnvoll ist, auf Widersprüche zwischen einem reformkritischen Habitus, der aus Imagegründen angenommen wurde, und einem um einiges weicheren tatsächlichen Standpunkt hinzuweisen. Denn so könnte der Betreffende sich genötigt fühlen, seinen Worten Taten folgen zu lassen.


Kommentar von Ruth Salber-Buchmüller, verfaßt am 07.06.2005 um 20.13 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#850

Immerhin hat der FDP-Bundesverband das Thema Rechtschreibreform ins Diskussionsforum aufgenommen.

Das sucht man auf dem CDU-NRW-Forum vergeblich. Rüttgers' letzter Kommentar war auch jämmerlich weich.


Kommentar von Gabriele Ahrens, verfaßt am 08.06.2005 um 11.34 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#854

Wir und andere Mitstreiter haben mehrfach mit Wulff und Rüttgers korrespondiert. Die jeweiligen Antwortschreiben unterscheiden sich kaum voneinander. Vor der Wahl wird alles munter versprochen und beim Namen genannt (z. B. Rückkehr zur bewährten Schreibweise), hinterher werden die Töne leiser. Dann heißt es (ich habe den genauen Wortlaut jetzt nicht vorliegen) sinngemäß, man werde sich bemühen, man wolle sich einsetzen, aber ganz zurück könne man nicht. Rüttgers ließ nach der Wahl ausrichten, man wolle sich einsetzen, das Schlimmste zu verhindern. Doch was bedeutet das schon? Wulff hat sich ja auch „eingesetzt“, aber er hätte sich in der Ministerpräsidentenkonferenz nicht nur ein-, sondern auch durchsetzen können und müssen. Später schrieb er uns eine Art Entschuldigung (obwohl wir ihm gegenüber gar nicht auf seine Rolle rückwärts reagiert hatten), und zitierte Marie von Ebner-Eschenbach: „Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die vorüber, in der man kann.“


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 08.06.2005 um 16.49 Uhr   Mail an
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Th. Paulwitz: Vielleicht lassen sich noch ein paar Politiker mobilisieren, wenn Zehetmair am 15. Juni im Kulturausschuß des Bundestags spricht? Die beiden Bundestagsanträge zur Rechtschreibreform sind ja noch nicht zum Abschluß gekommen.

Man kann es probieren, aber da mache ich mit keine großen Hoffnungen mehr. Ich hatte einen Mitarbeiter der FDP-Bundestagsfraktion danach gefragt, und er meinte nur, daß es mit diesen Anträgen so gut wie vorbei sei, da die Wahlperiode so gut wie zu Ende sei und nur noch die letzten Gesetze durchs Parlament gejagt würden – und alle, insbesondere SPD und Grüne, seien froh, wenn Rot-Grün demnächst stirbt.

Weiß Rüttgers, daß alle Kultusminister insgeheim gegen die Reform sind? Vielleicht würde ihm die Entscheidung, die Reform zu stoppen, leichter fallen, wenn er sich bewußt wäre, daß er damit vielen seiner Kollegen einen Gefallen erwiese.


Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 08.06.2005 um 23.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#861

> Weiß Rüttgers, daß alle Kultusminister insgeheim gegen die Reform sind?

Eine rhetorische Frage.

Oder auch nicht. Niemand, außer evtl. Prof. Icklers verläßlicher Quelle, weiß es. Nehmen wir einmal an, ALLE Kultusminister seien insgeheim gegen die Reform, wüßten es aber nicht voneinander, bzw. hielten die Nachricht, der Kollege aus dem Bundesland Y sei der einen oder anderen Meinung, für eine BESONDERS GEMEINE Finte, um aus der Reserve gelockt und dann auf dem Altar (wovon eigentlich?) geopfert zu werden. Was folgte daraus?

Es ist den Kultusministern piepegal. ALLEN.

Nehmen wir die nächsthöhere Ebene, die Ministerpräsidenten. Von einigen wissen wir sogar aus ÖFFENTLICHEN Quellen, daß sie gegen die Reform sind. Hindert es sie daran, FÜR die Weiterführung der Reform zu stimmen, wenn die Abstimmung ansteht?

Hoffen wir, daß die Theorie mit den präparierten Hühnerköpfen stimmt!


Kommentar von Reinhard Markner, verfaßt am 08.06.2005 um 23.47 Uhr  
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Die Wahlperiode endet erst im nächsten Jahr. Ob die grundgesetzwidrige Auflösung des Bundestags zustandekommt, muß sich erst noch zeigen.



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