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13.11.2010
 

Die SOK verlangt einen Sitz im Rechtschreibrat
Zwei Erziehungsdirektoren unterstützen dies

Die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) führte ihre siebte Tagung im Rahmen des Literaturfestivals BuchBasel durch. Dabei erhob sie Anspruch auf einen Sitz im Rat für deutsche Rechtschreibung.
Er sei begründet, weil die SOK sich in den letzten Jahren als orthographisches Kompetenzzentrum in der Schweiz etabliert habe und ihre Empfehlungen vom Verband Schweizer Presse und von der Chefredaktorenkonferenz unterstützt würden. Ihre Unterstützung zugesagt haben bereits die Erziehungsdirektoren der Kantone Basel-Stadt, Christoph Eymann, und Nidwalden, Res Schmid.

Zur Pressemitteilung der SOK (PDF-Datei)

An der Tagung stellte die SOK ihren neuen „Wegweiser zu einer einheitlichen und sprachrichtigen deutschen Rechtschreibung“ vor, eine kompakte Einführung in die Empfehlungen der SOK.

Zum Wegweiser der SOK (PDF-Datei)

Die SOK führte in Basel auch eine Podiumsdiskussion unter der Leitung von Raphael Zehnder (DRS2aktuell) durch mit Jürg Dedial (NZZ), Christoph Eymann (Regierungsrat Basel-Stadt), Ludwig Laher (österreichischer Schriftsteller, Mitglied des Rechtschreibrats) und Prof. Rudolf Wachter (Sprachwissenschaftler, Arbeitsgruppe SOK). Laher stellte den Vertrag vor, mit dem die österreichischen Autoren erreichten, dass ihre Texte in Schulbüchern nicht einfach an amtliche Normen der Rechtschreibung angepasst werden dürfen. Der Vertrag hat Modellcharakter; dass er nötig ist, zeigt, wie prekär die gegenwärtige Lage ist.

Zum Video der Podiumsdiskussion (YouTube)



„Rechtschreibung oder Falschschreibung“
Podium der Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK)
Einführung von Stefan Stirnemann

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin heiser und spreche wie ein Wolf. Eine aus der Form geratene Stimme ist unangenehm zu hören und lenkt vom Inhalt ab. So ist es auch mit einer Rechtschreibung, die ausser Form geraten ist: sie lenkt mich vom Inhalt ab. Ich lese, aber ich stocke immer wieder und muss überlegen:

Was soll dieses Quentchen mit ä ? Heute früh – warum steht da ein grosses F? Das tut mir Leid, Leid mit grossem L: ist das am 13. November des Jahres 2010 um 10.45 Uhr noch richtig oder wieder falsch? Und wenn da steht wohl bekannt, so sollte vielleicht wohlbekannt dastehen?

Heiser ist die Rechtschreibung und gestört ist das Lesen seit dem Jahr 1996, als das Unternehmen Rechtschreibreform begann. Warum setzte man es in Gang?

Man wollte den Wenigschreibern und Anfängern die Sache leichtmachen und ihnen Regeln an die ungeübte Hand geben, mit denen sich die richtige Schreibweise sozusagen ausrechnen liess.

Ein Beispiel: das Wort heissersehnt musste 1996 getrennt geschrieben werden – „musste“ ist falsch, im Sinne der gütigen Reformer durfte es endlich getrennt geschrieben werden: heiss ersehnt. Warum das? Weil sein erster Bestandteil steigerbar ist: heiss ersehnt, heisser ersehnt, am heissesten ersehnt. So sagte es Paragraph 34, Ergänzung 3, Abschnitt 3 des neuen Regelwerkes von 1996.

Wendet man diese Schreibregel an, macht man Texte unverständlich, wie Sie gleich hören.

Erich Kästner schrieb von den Problemen, die eine Köchin beim Kochen unter Stromausfall hatte: „Die Wirtschafterin kämpfte in der Küche wie ein Löwe. Doch sie brachte die heissersehnten und heiss ersehnten Bratkartoffeln trotzdem nicht zustande.“

Nach Paragraph 34, Ergänzung 3, Abschnitt 3 (1996) musste man schreiben: die heiss ersehnten und heiss ersehnten Bratkartoffeln, und der Leser konnte Rätsel raten.

Kästners Satz zeigt schlagend, dass die Regeln der Rechtschreibreform nichts taugen; es gibt das zusammengesetzte Adjektiv heissersehnt, und in sprachrichtiger Rechtschreibung schreibt man es als Wort. Hat man also die verfehlte Regel berichtigt, das heisst abgeschafft? Bis heute nicht. Was man in diesem Fall und in vielen anderen Fällen zustande brachte, war der Kompromiss, dass heissersehnt getrennt oder zusammen geschrieben werden darf.

Warum nur ein Kompromiss, warum hat man nicht einfach das Scheitern eingestanden und die Reform ausser Kraft gesetzt?

Ministerin Wanka, die im Jahr 2005 Präsidentin der Kultusministerkonferenz war, sagte: „Die Kultusminister wissen längst, dass die Rechtschreibreform falsch war. Aus Gründen der Staatsräson ist sie nicht zurückgenommen worden.“ Zur Staatsräson kamen Rücksichten auf die grossen Wörterbuchverlage, Duden und Bertelsmann/Wahrig.

Schauen wir kurz den Weg an, den diese deutsche Staatsräson und deutsche wirtschaftliche Interessen nötig gemacht haben: 1996 erschien das erste amtliche Regelwerk, 2004 das zweite, 2006 das dritte. Die Regelwerke sind begleitet von Wörterbüchern: Der Dudenverlag liess Wörterbücher erscheinen in den Jahren 1996 / 2000 / 2004 / 2006. Bei Bertelsmann/Wahrig sieht die Reihe so aus: 1996 / 1999 / 2002 / 2005 / 2006.

Das dritte Regelwerk (2006 erschienen) wurde vom Rat für deutsche Rechtschreibung vorgelegt. 2004 eingesetzt, hatte er zunächst die Hoffnung geweckt, er werde die verfehlte Regelung gründlich, unabhängig, nur der Sache, d. h. unserer Sprache verpflichtet, überarbeiten. Er liess sich aber unter Druck setzen und gehorchte der deutschen Staatsräson. Folge: Vieles packte er gar nicht an, z. B. die unsinnigen Grossbuchstaben bei Zeitangaben (Bsp. morgen Früh), und das Quentchen, das immer noch ein ä trägt, weil es, wie die Reformer meinen, als Verkleinerungsform von Quantum empfunden wird. (Der französische Germanist Jean-Marie Zemb hat 1996 ironisch gezeigt, wie sich Quentchen und Quantümchen unterscheiden, FAZ, 26.06.96.)

Einiges freilich brachte der Rat für deutsche Rechtschreibung in Ordnung – es tut mir Leid (gross) wurde aus dem Verkehr gezogen.

Der Kernberich dessen aber, was der Rat anpackte, die Getrennt- und Zusammenschreibung, kam über den erwähnten Kompromiss nicht hinaus.

So haben wir seit 2006 in den Wörterbüchern eigentlich zwei Systeme: das herkömmliche, sprachrichtige und das reformierte. Sie stehen nebeneinander als angebliche orthographische Varianten; in Wahrheit sind es politisch-wirtschaftliche Varianten.

Die Leitwörterbücher, Duden und Wahrig, empfehlen jeweils eine der Varianten. Die Empfehlungen widersprechen einander in vielen Fällen – und damit haben wir nach wie vor keine einheitliche und sprachrichtige Rechtschreibung, und Zeitungen und Verlage behelfen sich mit Hausorthographien oder wenden die sogenannte neue Rechtschreibung gar nicht an.

Bei heissersehnt stimmen Duden und Wahrig zufällig überein. Beide empfehlen das getrennte heiss ersehnt; wir sind also in diesem Punkt heute gleich weit wie vor vierzehn Jahren.

In dieser Lage des Jahres 2006 – untauglicher Kompromiss des Rates für Rechtschreibung – wurde von Sprachwissenschaftern und Praktikern der Presse und der Verlage die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) gegründet, um die von der Rechtschreibreform beschädigte Einheitlichkeit und Sprachrichtigkeit der Rechtschreibung wiederherzustellen.

Die Gründungsmitglieder der SOK:
Dr. Urs Breitenstein, a. Verleger Schwabe-Verlag und Präsident Buchverlegerverband, Basel
Filippo Leutenegger, Verleger neue-ideen.ch, Nationalrat, Zürich (Kopräsident)
Peter Müller, a. Direktor SDA, Bern Robert Nef, a. Herausgeber Schweizer Monatshefte, Zürich
Stefan Stirnemann, Gymnasiallehrer, St. Gallen
Prof. Dr. Rudolf Wachter, Universitäten Basel und Lausanne, Basel
Peter Zbinden, Präsident Sprachkreis Deutsch, a. Schulleiter, Port (Kopräsident)

Eine Arbeitsgruppe der SOK arbeitete pragmatische Empfehlungen zur Rechtschreibung aus:
Urs Breitenstein, Stephan Dové, Chefkorrektor NZZ und Mitglied im Rat für deutsche Rechtschreibung, Peter Müller, Stefan Stirnemann, Rudolf Wachter. Grundlage für die Empfehlungen war die Rechtschreibung der NZZ.

Eine Kurzfassung dieser Empfehlungen liegt nun im sogenannten „Wegweiser zu einer einheitlichen und sprachrichtigen deutschen Rechtschreibung“ vor.

Soviel zur SOK.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung nimmt zur Zeit vor allem Rücksicht auf die Wirtschaft, wie der Vorsitzende, der einstige Kultusminister Hans Zehetmair, 2006 sagte: „Der Rat hat sich verständigt, in der nächsten Zeit nicht mit Empfehlungen zu kommen, weil der Markt und die Menschen erst mal beruhigt werden sollen.“

Da der Rat für Rechtschreibung die Hoffnungen enttäuscht hat, muss die Lage neu beurteilt werden.

Ich nenne fünf Punkte:

1) Die Schweiz liess sich bisher von den deutschen Kultusministern dominieren: wäre es nicht an der Zeit, selbstbewusst aufzutreten? Selbstbewusstbedeutet sprachbewusst.

2) Die Lehrer werden von unüberlegten Reformen überrollt. Die Folgen sind bekannt. Die Rechtschreibreform ist eine der unnötigsten und schädlichsten. Der Schaden ist einfach zu beheben: Sichtwort Moratorium. (Vgl. zu den Schulreformen: „Die Lehrer werden überrollt“, St. Galler Tagblatt, Freitag, 12. November 2010, Seite 3)
3) Das Referenzwerk unserer Schule ist der Schweizer Schülerduden. Er wurde verfasst von Reformern, die ihre Reformideen durchsetzen wollen, auch gegen den Kompromiss des Rates für Rechtschreibung. Sie unterschlagen herkömmliche Varianten, so dass unseren Schülern als falsch angestrichen wird, was gemäss Rat für Rechtschreibung richtig ist.

4) Die Schweizer Delegation im Rat für Rechtschreibung ist einseitig zusammengesetzt. Ein grosser Teil der Delegation ist der Reform verpflichtet, repräsentiert also keineswegs die Schweiz, und arbeitet zudem für Verlage, z. B. den Dudenverlag. Das Mandat des Rates für Rechtschreibung endet im Dezember. Die Zusammensetzung der Schweizer Delegation sollte überdacht werden.

5) Die Grundfrage ist: Sollen heissersehnte Bratkartoffeln Gegenstand unserer Politik sein?

Vielleicht findet das Podium eine Antwort.

(www.sok.ch/files/einleitung_stirnemann.pdf)


Quelle: www.sok.ch
Link: http://www.sok.ch/index___id=aktuelles!BuchBasel.html


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Kommentare zu »Die SOK verlangt einen Sitz im Rechtschreibrat«
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Kommentar von Walter Lachenmann, verfaßt am 16.11.2010 um 22.33 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=659#8336

"Viele Autorinnen und Autoren hätten mit einer radikalen Veränderung überhaupt keine Probleme gehabt, gemäßigte Kleinschreibung oder so ist für uns kein Problem" (Ludwig Laher in der Podiumsdiskussion).

Das ist schon eine recht kühne Behauptung des Schriftstellers und Germanisten aus dem Rechtschreibrat. Für welche "Autorinnen und Autoren" spricht er denn da? Welche Probleme die gemäßigte Kleinschreibung nicht nur für "Autorinnen und Autoren" mit sich bringen würde, sondern auch für "Leserinnen und Leser" und für "Schreiberinnen und Schreiber" haben er und seine "Wir"-Kollegen sich wohl nicht in allen Konsequenzen durchdacht. (Am meisten würde das ja den "Autorinnen und Autoren" gegen den Strich gehen, die sich bisher der Kleinschreibung befleißigen, sei es, um ihren intellektuellen Habitus zu plakatieren oder auch als Stilmittel, um etwa in der Lyrik eine Aura des Besonderen, dem allgemeinen Sprachbetrieb Enthobenen herzustellen. In beiden Fällen ist eine erschwerte Lesbarkeit geschaffen und gewollt.)
Sollte sich die Allgemeinheit an diese veränderten Schreibweisen schließlich doch gewöhnen, wird ihr das Lesen aller Texte, die vor dieser Pseudo-Modernisierung entstanden sind, erhebliche Mühe machen, also die gesamte deutsche Literatur bis dahin.
Und über die Mißverständnisse und Kuriositäten, die bei genereller Kleinschreibung entstehen würden, ist schon so viel diskutiert und nicht selten auch gelacht worden, daß man sich nur wundern muß, daß intelligente Leute, die sich mit Sprache intensiv befassen, immer wieder diese Idee der generellen (oder gemäßigten) Kleinschreibung für etwas Gutes für unsere geschriebene Sprache halten.


Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 17.11.2010 um 14.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=659#8337

Ich mußte bei diesem Satz ebenfalls nachdenken, Herr Lachenmann. Womöglich sollte das nur zeigen, daß Herr Laher sich – ganz diplomatisch – ein Hintertürchen offenhält. Bis auf Herrn Stirnemann halten sich ja auch alle Teilnehmer der Gesprächsrunde (wenn man nach diesem kurzen Filmchen überhaupt so verallgemeinern darf) brav an die "Autorinnen und Autoren" und "Leserinnen und Leser". Vielleicht muß man daher diesen Satz so verstehen, daß Ludwig Laher mit einer noch weiter gehenden Reform hätte leben können, mit dem, was nun durch zwei Subreformen als stümperhaftes Reförmchen übriggeblieben ist, jedoch nichts zu tun haben will.


Kommentar von Schweizerische Depeschenagentur SDA, 17. November, verfaßt am 18.11.2010 um 10.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=659#8338

Rechtschreibung
Schweizer Orthographische Konferenz will in den Rechtschreibrat
Bern (sda) Putsch in der Rechtschreibe-Branche: Die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) erhebt Anspruch auf einen Sitz im Rat für deutsche Rechtschreibung. Dafür sollen jene Schweizer Ratsmitglieder, die an der „gescheiterten“ Rechtschreibreform beteiligt waren, abtreten.
In einem öffentlichen Amt seien auch jene Delegierten nicht länger tragbar, die sich in die Dienste von Verlagen gestellt haben, schreibt die SOK weiter. Die „prekäre Lage“ der Rechtschreibung könne „nur mit neuen Kräften bereinigt werden, welche in jeder Beziehung unabhängig sind“. Die erste Amtsperiode des Rechtschreibrats endet im Dezember.
Die SOK hat nach eigenen Angaben ihre Forderungen den Erziehungsdirektoren am Dienstag in einem Schreiben mitgeteilt. Anlässlich ihrer Herbsttagung im Rahmen des Literaturfestivals BuchBasel hätten der Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann und sein Nidwaldner Kollege Res Schmid der SOK ihre Unterstützung zugesichert. Auf der BuchBasel stellte die SOK ihren neuen „Wegweiser zu einer einheitlichen und sprachrichtigen deutschen Rechtschreibung“ vor. „Er bietet eine kompakte Einführung in die Empfehlungen der SOK, die von der Chefredaktorenkonferenz und dem Verband Schweizer Presse unterstützt werden“, wird er beworben.

(www.sok.ch/files/Meldung7_SDA.pdf)


Kommentar von Südostschweiz.ch, verfaßt am 18.11.2010 um 11.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=659#8339

Schweizer Orthographische Konferenz will in den Rechtschreibrat
Die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) erhebt Anspruch auf einen Sitz im Rat für deutsche Rechtschreibung. Dafür sollen jene Schweizer Ratsmitglieder, die an der «gescheiterten» Rechtschreibreform beteiligt waren, abtreten.

Bern. – In einem öffentlichen Amt seien auch jene Delegierten nicht länger tragbar, die sich in die Dienste von Verlagen gestellt haben, schreibt die SOK weiter. Die «prekäre Lage» der Rechtschreibung könne «nur mit neuen Kräften bereinigt werden, welche in jeder Beziehung unabhängig sind». Die erste Amtsperiode des Rechtschreibrats endet im Dezember.

Die SOK hat nach eigenen Angaben ihre Forderungen den Erziehungsdirektoren am Dienstag in einem Schreiben mitgeteilt. Anlässlich ihrer Herbsttagung im Rahmen des Literaturfestivals BuchBasel hätten der Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann und sein Nidwaldner Kollege Res Schmid der SOK ihre Unterstützung zugesichert.

Auf der BuchBasel stellte die SOK ihren neuen «Wegweiser zu einer einheitlichen und sprachrichtigen deutschen Rechtschreibung» vor. «Er bietet eine kompakte Einführung in die Empfehlungen der SOK, die von der Chefredaktorenkonferenz und dem Verband Schweizer Presse unterstützt werden», wird er beworben. (sda)

(www.suedostschweiz.ch, 17. November 2010)


Kommentar von Bieler Tagblatt, verfaßt am 18.11.2010 um 11.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=659#8340

Putsch in der Rechtschreibe-Branche
Die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) erhebt Anspruch auf einen Sitz im Rat für deutsche Rechtschreibung. Dafür sollen jene Schweizer Ratsmitglieder, die an der "gescheiterten" Rechtschreibreform beteiligt waren, abtreten.

(sda) In einem öffentlichen Amt seien auch jene Delegierten nicht länger tragbar, die sich in die Dienste von Verlagen gestellt haben, schreibt die SOK weiter. Die "prekäre Lage" der Rechtschreibung könne "nur mit neuen Kräften bereinigt werden, welche in jeder Beziehung unabhängig sind". Die erste Amtsperiode des Rechtschreibrats endet im Dezember.

Die SOK hat nach eigenen Angaben ihre Forderungen den Erziehungsdirektoren am Dienstag in einem Schreiben mitgeteilt. Anlässlich ihrer Herbsttagung im Rahmen des Literaturfestivals BuchBasel hätten der Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann und sein Nidwaldner Kollege Res Schmid der SOK ihre Unterstützung zugesichert.

Auf der BuchBasel stellte die SOK ihren neuen "Wegweiser zu einer einheitlichen und sprachrichtigen deutschen Rechtschreibung" vor. "Er bietet eine kompakte Einführung in die Empfehlungen der SOK, die von der Chefredaktorenkonferenz und dem Verband Schweizer Presse unterstützt werden", wird er beworben.

(www.bielertagblatt.ch, 17. November 2010)


Kommentar von Romantiker 2.1, verfaßt am 18.11.2010 um 12.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=659#8341

Lieber Herr Walter Lachenmann,
lieber Herr Oliver Höher,

Herr Laher schreibt ausführlich über das Thema Kleinschreibung in seinem Buch (er schildert in erster Linie die "Politisierung" im Gefolge der 68er).

Ein sehr kenntnisreiches Buch im übrigen. Hie und da streut er auch Persönliches ein, wie etwa, daß er auf das Eszett gerne verzichten könnte. Er differenziert aber an diesen Stellen hinlänglich. Zudem überläßt er seinen österreichischen Kollegen gerne das Wort (und diese sind ja bekanntermaßen nicht gerade "ohne" und haben es dicke hinter den Ohren, noch dazu sind's eben sehr experimentierfreudig und aufgeschlossen, wie mir immer wieder auffallen will). Kurzum: lesenswert.

"Hintertürchen" sehe ich nicht. Aber offene Türen, durch die der eine oder andere auch mal gerne gehen möchte, ohne wenn und aber. Eben diplomatisch.

Ludwig Laher, Ixbeliebe Wahr-Zeichen?, StudienVerlag, Innsbruck 2008.


Kommentar von St. Galler Tagblatt, verfaßt am 18.11.2010 um 19.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=659#8342

Knatsch um Rechtschreibung

BERN. Die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) erhebt Anspruch auf einen Sitz im Rat für deutsche Rechtschreibung. Dafür sollen jene Schweizer Ratsmitglieder, die an der gescheiterten Rechtschreibreform beteiligt waren, abtreten.

In einem öffentlichen Amt seien auch jene Delegierten nicht länger tragbar, die sich in die Dienste von Verlagen gestellt haben, schreibt die SOK weiter. Die prekäre Lage der Rechtschreibung könne nur mit neuen Kräften bereinigt werden, welche in jeder Beziehung unabhängig seien. Die erste Amtsperiode des Rechtschreibrats endet im Dezember.

Die SOK hat nach eigenen Angaben ihre Forderungen den Erziehungsdirektoren am Dienstag in einem Schreiben mitgeteilt. Anlässlich ihrer Herbsttagung im Rahmen des Literaturfestivals BuchBasel hätten der Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann und sein Nidwaldner Kollege Res Schmid der SOK ihre Unterstützung zugesichert.

Auf der BuchBasel stellte die SOK ihren neuen Wegweiser zu einer einheitlichen und sprachrichtigen deutschen Rechtschreibung vor. «Er bietet eine kompakte Einführung in die Empfehlungen der SOK, die von der Chefredaktorenkonferenz und dem Verband Schweizer Presse unterstützt werden», wird er beworben. (sda)

(www.tagblatt.ch, 17. November 2010)


Kommentar von Junge Freiheit, 4. Dezember 2010, verfaßt am 04.12.2010 um 22.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=659#8350

Schweizer Rechtschreibrebellen
(Von Thomas Paulwitz)

Als „Putsch in der Rechtschreibe-Branche“ bezeichnete die Schweizer Nachrichtenagentur sda den Vorgang. Mitte November erhob nämlich die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) Anspruch auf einen Sitz im „Rat für deutsche Rechtschreibung“. Dieser von den Kultusministern – in der Schweiz heißen sie entsprechend „Erziehungsdirektoren“ – eingerichtete Rat verwaltet bekanntlich die verkorkste Rechtschreibreform, und das mehr schlecht als recht.

Die SOK hat sich in der Schweiz gegründet, um einen Ausweg aus dem Rechtschreibchaos und dem Salat der mehreren möglichen Schreibweisen zu weisen. Bei den Eidgenossen genießt die SOK einigen Rückhalt. Die Konferenz der Chefredaktoren (CRK) und der Verband Schweizer Presse (VSP) empfehlen ihren Mitgliedern die Vorschläge der SOK.

„Spaghetti-Reform“ droht

Die Gründung der SOK ist die Schweizer Antwort auf den Rechtschreibrat, der bei der Reform der Reform nur Stückwerk abliefert und notwendige Änderungen weiterhin verschleppt. So droht beim nächsten Rückbau lediglich eine „Spaghetti-Reform“, daß nämlich im wesentlichen bloß einige Fremdwortreformschreibungen wie „Spagetti“ rückgängig gemacht werden. Der Variantenwirrwarr wird wohl geändert, aber bleiben.

Über den Sitz hinaus fordert die SOK, daß diejenigen Schweizer Ratsmitglieder, die an der Ausarbeitung der gescheiterten Rechtschreibreform beteiligt waren, den Rechtschreibrat verlassen. In einer Mitteilung heißt es: „In einem öffentlichen Amt seien auch jene Delegierten nicht länger tragbar, die sich in die Dienste von Verlagen gestellt haben. Die prekäre Lage der Rechtschreibung könne nur mit neuen Kräften bereinigt werden, welche in jeder Beziehung unabhängig sind.“

SOK-Forderungen haben geringe Aussichten

Daß der Vorstoß der SOK von Erfolg gekrönt sein wird, ist zu bezweifeln. Die Kultusminister hatten schließlich den Rat im Jahr 2004 ins Leben gerufen, um die Öffentlichkeit zu beruhigen und die Rechtschreibreform zu retten. Ein Neuanfang war nicht geplant, Urheber und Nutznießer der Reform sollten weiterhin im Rat vertreten sein. Warum sollten heute die Kultusminister tun, was sie schon 2004 bewußt unterließen? Der öffentliche Druck fehlt, denn viele haben sich mit der unbefriedigenden Lage einer Dauerreform abgefunden. Durch strenge Geheimhaltungspolitik hat der Rat zudem dafür gesorgt, daß in der Öffentlichkeit keine Diskussion in Gang kommen konnte.

Hinzu kommt, daß der Rechtschreibrat die SOK bereits 2007 abblitzen ließ. In einem Antwortschreiben hielt der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair es nicht einmal für nötig, auf ein Angebot zur Zusammenarbeit einzugehen. Die SOK setzt zwar nun auf einer höheren Entscheidungsebene an, doch dürfte auch die Politik den Vorstoß der Vernunft zurückweisen.

Gern unterstütze ich die SOK mit meiner Mitgliedschaft. Doch ich fürchte, daß der Rechtschreibrat auch weiterhin auf das Fachwissen der Schweizer Fachleute verzichten wird. Hoffnung geben lediglich die Zeichen aus der Schweiz auf anderen Politikfeldern, daß sich die Eidgenossen nicht davon abschrecken lassen, auch eigene Wege zu gehen. Doch um diese Unabhängigkeit zu zeigen, bedarf es in der Schweiz in der Regel einer Volksabstimmung.

http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display-mit-Komm.154+M5c9ec47b896.0.html



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