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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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22.02.2006
 

Maßlos
„Anmaßung der Presse“

Im Jahre 2004 nahmen sich weitere Zeitungen das Recht, so zu schreiben, wie sie es für richtig hielten.
Einige Reformdurchsetzer wie der hessische Regierungssprecher Metz oder der Medienunternehmer und Kanzlerfreund Hombach zeterten daraufhin über die Anmaßung der Presse, Politik machen zu wollen. (Wer dagegen bei der Durchsetzung der Reform half, machte keine Politik – oder?)

Die hessische Kultusministerin Wolff, Miterfinderin des Rates für deutsche Rechtschreibung und in den Augen der Schulbuchlobby die wichtigste Agentin bei der weiteren Durchsetzung der Reform, schrieb im Tagesspiegel vom 20. 8. 2004:
„Und wie halten wir es neuerdings mit der Teilung der Gewalten im Staate? Journalisten und Verlage sollen eine Wächterfunktion ausüben. Natürlich dürfen und müssen Zeitungen auch Partei ergreifen. Doch Partei sein sollen sie nicht. Trotzdem machen sich einige Blätter jetzt zu politisch Handelnden, ja Agitierenden. Wie glaubwürdig sind sie, wenn sie anderweitig zu Recht darauf bestehen, es habe Gewaltenteilung zu herrschen?“

In jenem vielzitierten Brief an Angela Merkel sprach sie die Erwartung aus, daß die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung im Rat „ihre Pflicht tun“ werde. Wenigstens dieser Wunsch ist in Erfüllung gegangen.



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Kommentare zu »Maßlos«
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Kommentar von Johannes Faupel, verfaßt am 22.02.2006 um 07.57 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=430#2815

Erste Quittung für Frau Wolff

Wer wie die Reformbetreiberin Wolff unerlaubt in die Sprache eingreift, bekommt die Quittung, auch aus den eigenen Reihen (siehe hier):

"Kühler Abschied für Parteichefin Wolff"

"Kultusministerin erklärt ihren Rücktritt vom Parteivorsitz mit starker Arbeitsbelastung in der Landespolitik"

"GLANZLOSER ABGANG: Mit einem schwachen Ergebnis wurde die scheidende Vorsitzende Karin Wolff erneut in den CDU-Kreisvorstand berufen."

"Wolff hatte zuvor ihren Rücktritt vom Parteivorsitz mit starker Arbeitsbelastung in der Landespolitik, in Ehrenämtern und in der Kultusministerkonferenz begründet."

Frau Wolff gibt inzwischen indirekt zu, daß mit der "Reform" offenbar eine hohe Belastung für sie verbunden ist. Sie könnte ihre Anstrengungen jederzeit beenden. Vermutlich aber wird sie noch einmal versuchen, die Sache weiter "durchzuziehen". Viel Spielraum bleibt ihr dabei nicht.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 22.02.2006 um 09.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=430#2818

Die hessische Kultusministerin Karin Wolff hat vor Delegierten der Landessynode der Evangelische Kirche Kurhessen-Waldeck dazu aufgerufen, für Politiker angesichts schwieriger Entscheidungen zu beten. (22.11.05)
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 22.02.2006 um 09.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=430#2820

Na super. Diese frommen Politiker beten bestimmt alle, daß die Kinder einigermaßen mit der Rechtschreibreform zurechtkommen mögen. Wenn's nicht klappt, ist Gott schuld. Man hat ihn ja angefleht, er möge helfen.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 22.02.2006 um 11.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=430#2824

Anscheinend sollen die Bürger nur als Einzelpersonen das Recht auf Zivilcourage haben, aber nicht als Zeitungsmacher. Daß SPD, Grüne, WASG und PDS ohne ihre Mitglieder zu befragen der Münteferingschen Meinungsvorgabe zur Rechtschreibreform folgen, ist wohl ein wesentlicher Bestandteil ihres Politikverständnisses. Aber CDU und CSU scheinen große Probleme mit ihrem hochgehaltenen Begriff "konservativ" zu haben: Sie verstehen darunter jetzt nicht mehr die Bewahrung altbewährter Qualitätsstandards, sondern den Obrigkeitsgehorsam der Biedermeierzeit: Jeder Bürger ist zuerst einmal verdächtig und eine mögliche Gefahr für den Staat, unangepaßte Zeitungen besonders, wenn sie Altbewährtes beibehalten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.02.2006 um 16.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=430#2838

Wer die Gewaltenteilung aufzuheben versucht, ist ein Verfassungsfeind. Die Herausgeber der FAZ, der Chef des Axel Springer Verlags und andere stehen schon mit einem Bein im Gefängnis, wenn sie sich nicht rechtzeitig an des Rechtschreiburteil des Bundesverfassungsgerichts erinnern, in dem genau das zugesichert wird, was Wolff als Verfassungsbruch geißelt. Man fragt sich aber ernsthaft, wie eine solche Person, der die elementarsten Kenntnisse fehlen, Bildungsministerin sein kann. Wenn diese Leute das Gefühl haben, daß die Fassade nicht mehr zu halten ist, bricht das ganze schöne Gerede von der "Gelassenheit" usw. plötzlich zusammen, und sie schimpfen mit jenem Schaum vor dem Mund, den sie sonst nur bei anderen wahrnehmen.
 
 

Kommentar von jms, verfaßt am 22.02.2006 um 16.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=430#2839

Die Politiker in diesem Land haben eine Fürsorgementalität entwickelt, die einen selbständig denkenden, handelnden und rechtschreibenden Bürger staatsfeindlicher Tendenzen verdächtig macht. Schließlich sind sie es gewohnt, daß die Deutschen normalerweise zu einer gewissen Untertänigkeit neigen.

Umso schwerer tun sich die um das Wählerwohl besorgten Politiker deshalb mit der anhaltenden Kritik an der Rechtschreibreform. Mit einem solch unbotmäßigen Verhalten breiter Bevölkerungs- und Pressekreise konnte niemand rechnen, zumal man es doch soooo gut gemeint hat mit den überforderten Schulkinderlein. Wie deppert sich die Politiker jedoch verhalten, wenn es ernst wird, zeigt aktuell auch das Auftauchen der Vogelgrippe.

Übrigens: Die Rechtschreibreform ist eine Buchstabengrippe, deren Viren längst mutiert und für den Menschen ansteckend sind.

Tip: Dagegen hilft am besten eine Therapie mit Icklerin® (vorzugsweise Bildungspolitikern, GEW-Lehrern und Bertelsmannabhängigen zu verschreiben).
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 22.02.2006 um 17.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=430#2841

Wenn die hessische Kultusministerin das Wort "Gewaltenteilung" in den Mund nimmt, so meint sie das gewiß nicht im Sinne der Verfassung. Vielmehr scheint sie hier ein Opfer der Rede von der "Vierten Gewalt" geworden zu sein. Natürlich werden die Medien, die der Reform nicht folgen, zu politisch Handelnden - nachdem der Staat die Rechtschreibung zum Politikum gemacht hat. Es ist das politische Handeln freier Bürger, die ein selbstverständliches Recht in Anspruch nehmen. Daß eine in die Reform verstrickte Ministerin dadurch aufgeschreckt wird und wütend um sich schießt, ist erklärlich, wirft aber auch ein trübes Licht auf ihr Demokratieverständnis. Tatsächlich scheint das Amt eines Kultusministers von allen Ministerämtern die geringste Qualifikation zu erfordern. Folglich erinnert man sich so mancher Kultusminister vor allem aufgrund ihrer Fehlleistungen. - Am betrüblichsten bleibt jedoch, daß auch viele Journalisten die Mär von Verfassungsbruch und gesetzwidrigem Handeln weiterverbreitet haben, nicht ahnend, daß morgen sie diejenigen sein könnten, die die Freiheit des Wortes verteidigen müßten.
 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 22.02.2006 um 17.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=430#2842

Wie schon so oft, hat das BVG seine Arbeit nur halb gemacht... und wie schon so oft, ist das Urteil so schwammig formuliert, daß auch die eigentlich Gescholtenen darin noch immer Unterstützung für ihre Politik finden können.

Wenn es nicht so viel Geld und Zeit kosten würde, sollte man diesen Punkt durch das BVG noch einmal ordentlich und eindeutig klären lassen. Warum trauen sich FAZ und Springer nicht?

Die Vogelgrippe ist in diesem Zusammenhang auch nur ein adäquates Mittelchen, mit dem weitere Verfassungsbrüche heimlich legitimiert werden sollen – die Stümperei ist zwar nicht gewollt (zumindest nicht von der überforderten Landrätin), wohl aber von der Regierung für ihre Zwecke genutzt: "Wer, wenn nicht die Bundeswehr (im Innlandseinsatz), kann uns jetzt noch vor einem grausigen Grippetod schützen?" – "Warum gibt es keine zentralistische Behörde in Berlin, die sich darum kümmert?" ...

@JMS
Wie verabreicht man Icklerin(R)? Soll man den Erkrankten mit dem Buch auf den Kopf schlagen, bis sie endlich wieder zur Besinnung kommen... oder es ihnen oral- oder anal-phabetisch einflößen?
Aber auch ohne bibliophil zu sein, wäre mir meine Ickler-Ausgabe deutlich zu schade dafür.
 
 

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