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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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30.03.2006
 

Endgültig
Gedanken zum Donnerstag

Heute wollen, wie man liest, die Ministerpräsidenten wieder einmal „endgültig“ entscheiden, wie die deutsche Schriftsprache in Zukunft aussehen soll.
Es ist eigentlich gleichgültig, was sie heute nachmittag bekanntgeben werden. Irgendeine Idee, wie man aus der selbstgestellten Falle wieder herauskommen könnte, hat noch kein Ministerpräsident entwickelt. Sie können allenfalls auf Zeit spielen. Österreich zeichnet ja bereits einen Weg vor: weitere zwei Jahre Übergangsfrist. Das könnte auch den deutschen Ministerpräsidenten gefallen. Mancher von ihnen, so ist zu hoffen, wird sich wohl fragen, was ihn das Ganze überhaupt angeht. Neulich, im Zusammenhang mit den Landtagswahlen, las man in den Zeitungen, das Volk sei der „Souverän“. Wenn man diese alte Melodie hört, können einem die Tränen kommen, vor Lachen oder Weinen.
Sonderbarerweise projizieren gar nicht wenige Journalisten ihren eigenen Überdruß auf die gesamte Bevölkerung und wollen wissen, daß die Leute jetzt genug von dem Streit haben und nur noch Ruhe und Frieden herbeisehnen. In Wirklichkeit ist der Widerstand so lebendig wie je, und auch die andere Seite treibt schon aus geschäftlichem Interesse die Reform weiter voran.

Nachtrag am Nachmittag: Wieder legen die Zeitungen, besonders aber die dpa, großen Wert darauf, daß die neuen Änderungen "endgültig" sind. Das ist keine objektive Berichterstattung, sondern Propaganda. Die Agenturen können doch gar nicht wissen, ob die Änderungen endgültig sind. Es sind einfach weitere Änderungen.



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Kommentare zu »Endgültig«
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Kommentar von dpa, 30. 3. 2006, verfaßt am 30.03.2006 um 09.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=472#3545

Zehetmair: Jetzt Rechtschreibung behutsam weiterentwickeln

Berlin (dpa) Nach erfolgreicher Korrektur der Rechtschreibreform setzt der Rat für deutsche Rechtschreibung jetzt auf eine behutsame Weiterentwicklung der Schreibregeln. Das Gremium werde nach Abschluss der notwendigen Änderungen nun «ohne Aufgeregtheiten und Zeitdruck in eine neue Phase der Sprachbeobachtung» eintreten, sagte der Vorsitzende des Rates, Hans Zehetmair, am Donnerstag in einem dpa-Gespräch. «In ruhigem Fahrwasser werden wir künftig weitere, auch grundsätzliche Fragen der deutschen Rechtschreibung diskutieren, ihre Einheitlichkeit wahren und von Zeit zu Zeit auch Anpassungen des orthografischen Regelwerkes vorschlagen», sagte der frühere bayerische Wissenschaftsminister.

Die Ministerpräsidenten der Länder wollen an diesem Donnerstag bei ihrem Treffen in Berlin den Beschluss der Kultusminister förmlich bestätigen, wonach die deutsche Rechtschreibreform von 1996 in mehreren Punkten wieder korrigiert wird. Die Änderungen betreffen die besonders strittigen Teile der Getrennt- und Zusammenschreibung, der Groß- und Kleinschreibung, der Zeichensetzung und Silbentrennung. Mit den Korrekturen soll zugleich ein Schlussstrich unter die seit mehr als zehn Jahren erbittert geführten Reformauseinandersetzungen gezogen werden.

Zehetmair bestätigte, dass der Rat für deutsche Rechtschreibung nach Abschluss dieser Arbeiten künftig in etwa die Rolle einnehmen werde, die bis zum Beschluss über die Rechtschreibreform im Jahre 1996 der private Duden Verlag inne gehabt hatte. Eine Rückkehr zu dieser alten Regelung werde es nicht geben, sagte Zehetmair. Die Mitglieder des Rates seien bis 2010 gewählt. Der Rat wolle «wissenschaftlich fundiert und unter Einbeziehung gesellschaftlich relevanter Personen» weiterhin die Entwicklung der Rechtschreibung beobachten.

Dabei werde die Kultusministerkonferenz überprüfen müssen, wie weit sie den Rat für deutsche Rechtschreibung besser ausstatten könne, sagte Zehetmair weiter. Entsprechendes hatte auch die Akademie für Sprache und Dichtung gefordert. Der Rat ist beim Institut für Deutsche Sprache in Mannheim angesiedelt. Die Kosten für das Institut wie für die Geschäftsstelle des Rates teilen sich derzeit der Bund und das Land Baden-Württemberg.

Rückblickend auf seine bisherige Arbeit als Ratsvorsitzender sagte Zehetmair: «Es hat auch mir ein Stück innerer Befriedigung gebracht, vieles von dem zu entkrampfen und neu gestalten zu können, über das bei der Reform so erbittert gestritten worden ist.»


(Online bei Frankfurter Neue Presse)

 
 

Kommentar von buchenstab, verfaßt am 30.03.2006 um 10.30 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=472#3548

"In Wirklichkeit ist der Widerstand so lebendig wie je"

Ist es nicht ermutigend, durch unsere Städte zu gehen?
Im Bioladen gibt's Nußmus, die Bäckerei bietet den "City-Expreß" zum Frühstück an, am Kanal wird - auf neuen Schildern! - der Mißbrauch der Rettungsringe strengstens untersagt, der Supermarkt wünscht, daß die Kundschaft zufrieden ist und die neuesten Automodelle stehen im Erdgeschoß.

Nur im Fitnessstudio (Video überwacht!) ist Wellness ein Genuss und das Rathaus lädt zur Ausschusssitzung...

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.03.2006 um 13.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=472#3554

"Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck hält den jahrelangen Streit über die Rechtschreibreform für nicht mehr zeitgemäß. Er hoffe, dass jetzt auch die Ministerpräsidenten der Reform zustimmten, sagte Beck am Donnerstag in Berlin vor Journalisten. 'Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich kann es nicht mehr hören. Es ist wirklich ein Anachronismus, was man sich da geleistet hat.'" (AP 30.3.2006)

Tagesprämie für Kurt Beck! Der letzte Satz ist zweifellos wahr, wenn man ihn auf den richtigen Gegenstand bezieht. Aber im Ernst: Muß man neben den Kultusministern nicht auch die Ministerpräsidenten der Reihe nach unter die Lupe nehmen? Ist auch nur einer darunter, dem man aufgrund einer gewissen Nähe zur höheren Bildung, zur Schriftkultur, ein eigenes Urteil über sprachliche Dinge zutrauen würde? Man würde ihnen ja gern die Folgen der Neuregelung vor Augen führen und sie auf Ehre und Gewissen nach ihrer Einschätzung fragen. Leider muß man befürchten, daß sie die Frage gar nicht verstehen würden.
Kurt Becks Äußerung erinnert ein bißchen an den Dachlatten-Populismus aus den Zeiten des Herrn Börner in Hessen. Dort regiert jetzt Kanthers Nachfolger, na ja. Oder nehmen wir Wowereit. Über ihn war in der ZEIT zu lesen: "Bei einem seiner Auftritte in einer Promi-Gameshow bei RTL konnte er Rechenaufgaben für Erstklässler nicht lösen, das Wort 'Rhythmus' nicht fehlerfrei buchstabieren und sich partout nicht daran erinnern, im welchem Jahr der Zweite Weltkrieg begonnen hatte." Da kann man nur sagen: Es scheint in der Tat wichtigere Aufgaben für die Schule zu geben als die Frage, ob Schiffahrt mit drei f geschrieben werden soll! (Ich war übrigens mal Lehrer in Berlin, aber da war Wowereit selber noch ein Schuljunge, und mit einer Rechtschreibreform mußten wir uns nicht herumschlagen.)
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 30.03.2006 um 13.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=472#3556

"Ermutigend"

Ich muß es wieder einmal sagen: Der große Discounter LIDL verwendet in seinen Prospekten ( "Flyern") bis zur Stunde die bewährte Rechtschreibung, und dies fast gänzlich feherfrei. Man sollte ihm einmal danken.
 
 

Kommentar von j.k., verfaßt am 30.03.2006 um 14.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=472#3558

Auf die sogenannten Weiterentwicklungen des Rates bin ich ja gespannt.
 
 

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