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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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16.05.2006
 

Es wird knapp
Wo bleiben die nochmals reformierten Rechtschreibwörterbücher?

Der neue Wahrig soll jetzt anscheinend erst im Juni herauskommen, was zwar immer noch "zeitnah" ist, aber nicht mehr zu den Empfehlungen des Rechtschreibrates, sondern zum Duden und zum Stichtag 1. August.
Daß der Dudenverlag nicht früher fertig wird, kann man verstehen, denn das Korrekturprogramm hat Vorrang. Mit ihm will der Verlag das große Geschäft machen. Wie man hört, werden sich außer dpa, SPIEGEL, Springer und FAZ noch weitere Zeitungen diese "Lösung von der Stange" zu eigen machen.
Die Lehrer sollen also ab 1.8.2006 nach einer Neuregelung unterrichten und korrigieren, die sie wenige Tage zuvor noch nicht kennen. Ein Zumutung wie die Überrumpelung 1996, aber wehren wird sich wohl niemand, weil sich inzwischen eine enorme Gleichgültigkeit ausgebreitet hat, verbunden mit tiefer Verachtung der Kultusministerien.



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Kommentare zu »Es wird knapp«
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Kommentar von Hinc et nunc, verfaßt am 17.05.2006 um 10.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4066

Es ist leicht vorstellbar, daß sich in dem entstandenen Regelungsvakuum Rettung von ganz anderer Seite zeigen wird. Der Duden-Verlag hat ja schon betont, sich dieses Geschäft durch die Lappen gehen lassen zu wollen. Wahrig ist entkernt. Hermann Paul ist ein Fachwörterbuch. Was bleibt? Und was kommt?
 
 

Kommentar von Stephan, verfaßt am 17.05.2006 um 12.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4069

Ist es eine Vermutung, daß auch die FAZ umstellen wird? Oder gibt es hierfür deutliche Anzeichen? Offiziell war bisher doch nur zu lesen, daß man die neuen Empfehlungen seriös prüfen werde. Oder habe ich da etwas übersehen?
 
 

Kommentar von Simbolon, verfaßt am 17.05.2006 um 15.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4072

Gemäß phonetischer Schreibung wird die FAZ auch nicht an einer Umbenennung in FATZ vorbeikommen.
 
 

Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 17.05.2006 um 16.24 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4073

Duden zehrt weiter vom Kapital seines Namens, ist aber nicht mehr das, was er war. Er beschreibt nicht mehr, was ist und was Millionen geschrieben haben und weiter schreiben, und das 100 Jahre lang, den Usus also, sondern was ein paar Typen sich ausgedacht haben. Ein Paradigmenwechsel, dem man sich auf Biegen und Brechen verschrieben hat – ein singulärer Vorgang. Wenn da nun "Duden" draufsteht, ist das also im Hinblick auf die Konnotationen dieses Namens Etikettenschwindel.

Die eigentlich ganz sinnvolle Aufgabe, das deutsche Schriftgut des 20. Jahrhunderts in seinem Wort- und Schreibgebrauch zu dokumentieren (so umfangreich und so einheitlich wie keines zuvor), werden andere übernehmen müssen. Da gibt es online das DWDS, wo man "daß" findet, "dass" jedoch nicht (obwohl die ZEIT die Finger da mit drin hat), aber DWDS ist nur für "online" konzipiert und noch im Aufbau.
Und da gibts natürlich Ickler, der die Grundsubstanz der genannten Aufgabe schon weitestgehend äußerst brauchbar, d.h. alltagstauglich abdeckt – momentan ohne Konkurrenz.

Welche Aufgabe, die das Leben stellt, wird das neue Buch lösen, auf dem dann "Duden" steht, und wer wird es brauchen? Ich weiß es nicht. Es wird unbrauchbar sein mit seinem unnützen Variantengestrüpp. Und schädlich die Software, die darauf fußt. Sie wird die zerstörte Einheitlichkeit zementieren und das Sprachgefühl der Anwender permanent beschädigen bzw. am Entstehen hindern, zum dauernden Ärgernis der Leser, die noch eins haben.
Das gehört in die Nutzen-Kosten-Analyse, aber wer kann es beziffern?
 
 

Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 17.05.2006 um 17.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4075

Zumindest wird DAS HIER in normaler deutscher Rechtschreibung veröffentlicht; mit oder ohne Känguruh, egal.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 17.05.2006 um 17.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4076

Von der Beschreibung der „Unterirdischen Perspektiven“ auf der angegebenen Webseite her würde man das wegen des dort vorkommenden „so genannt“ aber nicht vermuten...
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 17.05.2006 um 18.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4078

B. Eversberg: Es wird unbrauchbar sein mit seinem unnützen Variantengestrüpp. Und schädlich die Software, die darauf fußt.

Daß ich daran noch gar nicht gedacht habe! Natürlich ist das jetzige Variantengestrüpp für ein auf Eindeutigkeit angewiesenes Korrekturprogramm untauglich. Daher vermute ich, daß Duden und Bertelsmann, gezwungen durch die Weiterentwicklung der Software, bereits jetzt eine gewisse Ausdifferenzierung vornehmen, die eigentlich dem Rechtschreibrat vorbehalten sein sollte. Bislang habe ich fest mit einer weiteren Re-Reformstufe erst zum Ende der ersten vollen turnusmäßigen Arbeitsperiode des Rats (fünf Jahre, d. h. bis zum Jahr 2011; Details siehe unten) gerechnet, aber im Prinzip könnte deren Ergebnis (durch die Reduzierung der Varianz in der Software) bereits jetzt zumindest teilweise vorweggenommen werden.

Aber was würden die Kultusminister dazu sagen? Vermutlich nicht viel, sie sind ja froh, daß sie jetzt endlich ihre Ruhe haben (bzw. zu haben scheinen), und daher würden sie sich ins eigene Fleisch schneiden, wenn sie gegen etwas protestierten, was den mühsam errungenen (Diktat-)Frieden festigen hilft. Wie schon die „amliche“ Wörterliste erst nach der Beschlußfassung des Rats von den großen Verlagshäusern fertiggestellt wurde, so runden sie nun also die 2006er Reformstufe außerdem durch die Selektion einiger der gerade erst geschaffenen Varianten ab. Somit können die Ratsmitglieder in den nächsten Jahren – mal wieder – das Ergebnis der eigenen Arbeit beobachten und begutachten, und die Politik wird's absegnen.

_______________
Zum Berichtsturnus des Rechtschreibats: Laut Beschluß der KMK vom 4. Juni 2004 (http://www.kmk.org/aktuell/pm040604.htm) hält sie »einen Zeitraum von 5 Jahren für angemessen, nach dem eine weitere Berichterstattung hierzu erfolgen sollte.«
Am 27. September 2004 präzisierte das KMK-Präsidium dies wie folgt (http://www.kmk.org/aktuell/pm040927.htm): »Der Rat soll den zuständigen staatlichen Stellen in Deutschland, Österreich und der Schweiz in der Regel alle fünf Jahre einen Bericht erstatten. Den Zeitpunkt seines ersten Berichts soll der Rat selbst festlegen; der Termin soll jedoch deutlich vor Ablauf der ersten Fünf-Jahres-Frist liegen.«
Die konstituierende Sitzung des Rats fand am 17. Dezember 2004 statt, der erste „Bericht“ wurde Anfang März 2006 an die KMK übergeben, folglich ist der nächste Bericht 2011 fällig.
 
 

Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 18.05.2006 um 12.13 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4081

Endlich Friede, endlich Klarheit ... nur, wie ist es mit der Wahrheit?
Bertelsmann hat gedruckt – siehe hier.
 
 

Kommentar von B. Eversberg, verfaßt am 18.05.2006 um 12.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4082

Bertelsmanns Äußerung ist nicht ganz wahr, nicht wahr? Nur wahrig.
Neues Synonym für "Nicht wahr, aber schön wär's".
 
 

Kommentar von newsclick.de, verfaßt am 18.05.2006 um 18.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4089

»Spagetti sind nichts für die Zeitung

Die meisten Verlage werden im August darüber entscheiden, ob sie die korrigierte Reform übernehmen

Von Andreas Berger

Wie hält es die Zeitung mit der korrigierten Rechtschreibreform? Die Presseagenturen werden sich erst im August entscheiden, ob sie den Korrekturen folgen wollen. Da Tageszeitungen viel mit Agenturtexten arbeiten, werden sie sich größtenteils dieser Entscheidung anschließen. Auch diese Zeitung wird vermutlich der Entscheidung der Agenturen folgen. Verlage wie Springer und Süddeutsche Zeitung haben schon angekündigt, die korrigierte Reform umzusetzen.

Wie schon bei der Einführung der Rechtschreibreform wird diese Zeitung aber möglichst nahe an der vertrauten Schreibung bleiben, das heißt überall da, wo alternative Schreibweisen erlaubt sind, die herkömmliche wählen. Wir bleiben also bei "aufwendig", obwohl auch "aufwändig" erlaubt ist, da die Ableitung vom Grundwort "aufwenden" sinnvoller ist als die von dem Substantiv "Aufwand". Und allseits gebräuchliche Wörter wie "Spaghetti" werden wir nicht zwangseindeutschen zu "Spagetti", auch wenn es erlaubt ist.

Unser Ziel ist, möglichst nahe am Sprachgebrauch der Menschen zu sein, gleichzeitig aber korrekt nach den Regeln zu schreiben. Alle unabdingbaren Korrekturen auch an der bisher gültigen Rechtschreibreform werden also umgesetzt. So wird man in Zukunft "auseinandergehen" wieder zusammenschreiben und unterscheiden müssen, ob man etwas vom Essen übrig hat oder im übertragenen Sinn etwas für jemanden übrighat, also ihn mag.

Besonders bei der Zeichensetzung werden wir nicht nur die verpflichtenden Kommas, sondern auch die möglichen setzen, da sie die Satzstruktur verdeutlichen und so das Verständnis erleichtern.«


(newsclick.de, 18. Mai 2006)
 
 

Kommentar von borella, verfaßt am 18.05.2006 um 19.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4091

WAHRIG
Mehr als 700 Infokästen sind erforderlich, um nur die wichtigsten Änderungen, Ungereimtheiten (Zweifelsfälle) und Stolpersteine zu dokumentieren...
Es werden also garnicht alle Änderungen, sondern nur die wichtigsten vermittelt, und Ungereimtheiten und Stolpersteine gibt es trotz der vielen Varianten immer noch...
Das ist also der vielgepriesene Stoff, aus dem der Frieden ist...
Und all das natürlich aus Sorge um die logische Geradlinigkeit der deutschen Schreibung aus Sicht unserer Kinder, oder wie war die Begründung nochmals...
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 19.05.2006 um 09.29 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4107

Wozu brauchen wir überhaupt noch Wörterbücher?
Die Stadt Flensburg lädt mit Unterstützung der beiden Lehrergewerkschaften GEW und VBE und weiterer Verbände ein zur "Tagung zum Schulanfang 2006 für Lehrer/innen und Erzieher/innen". Die Veranstaltung steht unter dem Motto "SChatz-Suche Stat Feler-fandung".

Welche Torheit! Klingt wie "Lesen statt Lesenlernen" oder "Schreiben statt Schreibenlernen" oder "Mozart spielen statt Fingerübungen machen". Die Jünger des besseren Lebens fangen hartnäckig oben an. Doof ein jeder, der es umgekehrt macht! (So wird ja auch heute das Geldausgeben vor dem Geldverdienen und Sparen gepredigt, wodurch angeblich unser Wohlstand wachsen soll.)

Es scheint, als ob die Bemühungen der Ideologen aus den 70er Jahren jetzt erst so richtig saftige Früchte tragen. Welcher (un)heimliche Selbstzerstörungstrieb drängt hier mit Wucht ans Licht!
Diese und ähnliche Ungeheuerlichkeiten sind an den öffentlichen Schulen weit verbreitet und werden leider ohne wesentlichen Widerstand der Bevölkerung tatsächlich auch an den armen Kindern praktiziert. Vor diesem Hintergrund wirken unsere Bemühungen um eine gute Orthographie fast schon rührend in ihrer scheinbaren Vergeblichkeit. Muß neben dem sozialen und wirtschaftlichen System auch unsere Schriftkultur verderben, ehe Besinnung einsetzt?
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 19.05.2006 um 10.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4108

Indolent

Leider tun die Verheerungen, die die Reform samt den Begleitumständen bisher angerichtet hat, nur einigen sensiblen Sprachteilhabern weh. Damit die Leute wirklich aufwachen, müßte ein der Globalisierung oder dem Kindermangel vergleichbarer unausweichlicher Zwang zum totalen Umdenken und Handeln ins Spiel kommen. Viele ahnen, daß Wohlstand und Sozialsysteme, wie sie uns bisher fast selbstverständlich waren, auf einer bald nicht mehr tragfähigen Grundlage beruhen. Der Schaden, den die Reform anrichtet, wird allenfalls langfristig spürbar werden, so wie Prof Stetter z.B. eine Rückwirkung entdifferenzierten Schreibens auf das begriffliche Denken diagnostiziert. Der Nutzen der Reform ist nicht zu sehen, der Schaden allein ist greifbar, und alle Aktivitäten haben, meistens uneingestanden, nicht die Verbesserung, sondern nur die Schadensminderung zum Ziel.
 
 

Kommentar von Bardioc, verfaßt am 19.05.2006 um 10.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=505#4109

Ich habe nicht den Eindruck, daß es um Schadensminderung geht. Es soll vielmehr nach Schadensminderung aussehen, um die Zerstörungen unbehelligt weitertreiben zu können. Wollte man wirklich Schadensminderung, so wäre nicht nur diese, sondern sogar eine Aufhebung des Schadens leicht möglich: Man bräuchte nur das ''Experiment'' Rechtschreibreform abzublasen.
 
 

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