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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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18.07.2006
 

Für die Katz
Der Duden macht sich über den Rechtschreibrat lustig

Der Rechtschreibrat und seine Arbeitsgruppen haben in mehreren zeit- und kraftraubenden Sitzungen versucht, annehmbare Schreibweisen wiederherzustellen, die unbedachterweise 1996 untersagt worden waren. Schon die Kommission hatte wesentliche Schritte in dieser Richtung getan.
Besonders intensiv und lange wurde an der Wiedergewinnung zusammengeschriebener Formen gearbeitet. Zuletzt gelang es, im Prinzip die Zusammenschreibung mit Ergebniszusätzen sowie bestimmte Verb+Verb-Verbindungen zu sichern und noch einiges andere - wobei vielleicht des Guten auch etwas zuviel getan wurde. Die Dudenredaktion, die sich im Rat ganz konstruktiv gab, verhöhnt nun den Rat und seinen Vorsitzenden, indem sie die wiedergewonnenen Formen zwar pflichtgemäß registriert, aber fast immer das Gegenteil "empfiehlt". Daß dies keine bloße Behauptung ist, beweist die vollständige Liste mit 655 Beispielen (!).


Vom Duden 2006 empfohlene Getrenntschreibungen
(wo Zusammenschreibung möglich wäre, zum Teil erst durch die Reform zugelassene; einige Getrenntschreibungen sind an bestimmte Bedingungen gebunden)

Achtung gebietend
Ackerbau treibend
allein gültig
allein selig machend
allein verbindlich
allgemein verbindlich
allgemein verständlich
alt machen
Arbeit suchend
arm machen
außen gelegen
außen liegend
Beifall heischend
beisammen gewesen
bekannt gewesen
bekannt geben
bekannt machen
bekannt werden
leicht bekömmlich
bereit machen
besser gehen
besser verdienend
bewusst machen
bewusst werden
Bezug nehmend
bieten lassen
billig machen
blank legen
blank liegen
blank polieren
blank putzen
blank reiben
Blasen ziehend
blau färben
blau gefärbt
blau gefleckt
blau gepunktet
bleiben lassen
blicken lassen
blind geboren
blond gefärbt
blond gelockt
bloß legen
bloß liegen
braun gebrannt
breit gefächert
breit treten
breit schlagen
Buch führend
bunt färben
bunt gefiedert
bunt gestreift
bunt gemischt
bunt schillernd
da gewesen
dahin gehend
darauf folgend
darüber hinausgehend
Daten verarbeitend
dessen ungeachtet
des ungeachtet
deutsch sprechend
dicht bebaut
dicht behaart
dicht belaubt
dicht bevölkert
dicht bewölkt
dicht gedrängt
dicht machen
dick machen
doppelt wirkend
doppelt gemoppelt
dumm kommen
dunktel färben
dunkel lackieren
dünn besiedelt
dünn bevölkert
dünn gesät
ebenso viel Mal
Ehrfurcht gebietend
Eier legend
einzeln stehend
Eisen schaffend
Eisen verarbeitend
eng anliegend
eng bedruckt
eng befreundet
eng machen
eng umgrenzt
eng verwandt
Erdöl exportierend
Erdöl fördernd
Erfolg versprechend
Erholung suchend
ernst gemeint
ernst zu nehmend
fahren lassen
fallen lassen
fällig geworden
fein geädert
fein gemahlen
fein genarbt
fein geschliffen
fein geschnitten
fein geschwungen
fein gesponnen
fein gestreift
fein gezähnt
fein machen
fein mahlen
fein vermahlen
fertig bekommen
fertig kochen
fertig machen
fertig werden
fest angestellt
fest besoldet
fest gefügt
fest geschnürt
fest umrissen
fest verwurzelt
fett gedruckt
Feuer speiend
Fisch verarbeitend
flach drücken
flach klopfen
flott gehend
frei laufend
frei lebend
frei machen
frei stehend
frisch gebacken
frisch gestrichen
frisch machen
froh gelaunt
früh verstorben
früh vollendet
Funken sprühend
Furcht einflößend
ganz machen
gar gekocht
gar kochen
gut gebaut
Gefahr bringend
gefangen genommen
gefangen gehalten
gefangen gesetzt
gehen lassen
gelb färben
gerade biegen
gerade gewachsen
gerade machen
gerade richten
gerade stellen
gering achten
gering schätzen
gern gesehen
gut gemeint
genau unterrichtet
gesund machen
gesund pflegen
getrennt geschrieben
getrennt lebend
glatt bügeln
glatt hobeln
glatt kämmen
glatt machen
glatt rasieren
glatt rühren
glatt schleifen
glatt streichen
glatt ziehen
gleich beschaffen
gleich gelagert
gleich gesinnt
gleich gestimmt
Glück bringend
Glück verheißend
grau färben
grau gestreift
grau lackieren
grau meliert
grau streichen
grell beleuchtet
grob gemahlen
grob gestrickt
grob mahlen
groß angelegt
groß gemustert
groß gewachsen
groß kariert
grün färben
gut aussehend
gut bezahlt
gut dotiert
gut gehen
gut gehend
gut gegangen
gut gekleidet
gut gelaunt
gut gemeint
gut geordnet
gut gepflegt
gut geschrieben
gut situiert
gut sitzend
gut stehen
gut unterrichtet
gut verdienend
haften bleiben
haften bleibend
halb automatisch
halb bekleidet
halb blind
halb erfroren
halb erwachsen
halb fertig
halb gar
halb leer
halb links
halb nackt
halb offen
halb rechts
halb reif
halb tot
halb verdaut
halb vehungert
halb verwelkt
halb voll
halb wach
Händchen haltend
Handel treibend
hängen bleiben
hängen geblieben
hängen lassen
hart gebrannt
hart gefroren
hart gekocht
hart kochen
hart machen
Heil bringend
heiß begehrt
heiß ersehnt
heiß gelaufen
heiß geliebt
heiß machen
heiß umkämpft
heiß umstritten
hell leuchtend
hell lodernd
hell machen
hell strahlend
hierher gehörend
Hilfe suchend
Hitze abweisend
hoch achten
hoch angesehen
hoch aufgeschossen
hoch besteuert
hoch bezahlt
hoch dosiert
hoch dotiert
hoch gespannt
hoch industrialisiert
hoch kompliziert
hoch konzentriert
hoch motiviert
hoch qualifiziert
hoch radioaktiv
hoch schätzen
hoch spezialisiert
hoch technisiert
hoch verschuldet
Holz verarbeitend
jung geblieben
jung gefreit
jung verheiratet
kahl fressen
kahl gefressen
kahl scheren
kahl schlagen
kalt gepresst
kalt geschlagen
kalt geschleudert
kalt lächelnd
kalt stellen
kaputt drücken
kaputt machen
kaputt schlagen
kaputt treten
klar geworden
klar denkend
klar werden
kleben geblieben
klein gedruckt
klein gemustert
klein geschnitten
klein gewachsen
klein hacken
klein kariert
klein mahlen
klein schneiden
knapp sitzend
knapp gehalten
Kohle führend
kommen lassen
konform gehen
krachen lassen
krank machen
Kredit suchend
Krieg führend
kross braten
krumm biegen
krumm machen
kühl stellen
kurz gebraten
kurz gefasst
kurz geschnitten
kurz machen
kurz mähen
kurz schneiden
lang anhaltend
lang ersehnt
lang gehegt
lang gestreckt
lang gezogen
lang ziehen
längs gestreift
lästig fallen
laufen lassen
laut redend
laut werden
lebend gebärend
lebendig gebärend
Leben spendend
Leben zerstörend
Leder verarbeitend
leer essen
leer fegen
leer gefegt
leer stehend
leer trinken
leicht behindert
leicht bekömmlich
leicht beschwingt
leicht bewaffnet
leicht entzündlich
leicht geschürzt
leicht machen
leicht verdaulich
leicht verderblich
leicht verletzt
leicht verständlich
leicht verwundet
lieb behalten
lieb gehabt
lieb gewinnen
lieb geworden
lieb haben
liegen bleiben
liegen geblieben
liegen gelassen
liegen lassen
lila färben
links abbiegend
links sitzend
links stehend
locker machen
Marathon laufen
massiv werden
matt setzen
Metall verarbeitend
Milch gebend
munter machen
mürbe machen
Musik liebend
nah verwandt
nahe liegend
nahe stehend
näher gelegen
näher stehend
nass geschwitzt
nass machen
nass schwitzen
nass spritzen
neu bearbeitet
neu eröffnet
neu geschaffen
nicht amtlich
nicht berufstätig
nicht christlich
nicht ehelich
nicht euklidisch
nicht flektierbar
nicht kommunistisch
nicht Krieg führend
nicht leitend
nicht öffentlich
nicht organisiert
nicht rostend
nichtsahnend
nicht selbstständig
nicht zielend
nicht zutreffend
niedrig gesinnt
niedrig stehend
noch mal
Not leidend
oben angeführt
oben erwähnt
oben genannt
oben stehend
oben zitiert
offen geblieben
offen stehend
Papier verarbeitend
parallel geschaltet
parallel laufend
patt setzen
plan schleifen
plan geschliffen
platt drücken
platzen lassen
prall füllen
privat vesichert
Profit bringend
publik machen
quer gestreift
Rad fahrend
Rat suchend
Raum sparend
rechts abbiegend
rechts stehend
reich machen
reich geschmückt
reich verziert
rein machen
rein waschen
Respekt einflößend
richtig stellen
richtig gehend
rot geklinkert
rot gestreift
rot geweint
rot glühend
rot kariert
rot weinen
rot scheuern
ruhen lassen
ruhig stellen
rund machen
satt machen
sauber gemacht
sauber machen
sausen lassen
scharf machen
scharf stellen
Schatten spendend
scheel blickend
scheu machen
schief getreten
schief gewickelt
schief treten
schief ziehen
schießen lassen
schlank machen
schlapp gemacht
schlecht gehen
schlecht gelaubt
schlecht sitzen
schlecht stehen
schleifen lassen
Schleim absondernd
schmoren lassen
Schmutz abweisend
schnell machen
schön gemacht
schön machen
schräg laufend
schräg stellen
schuldig sprechen
schwach begabt
schwach betont
schwach bevölkert
schwach bewegt
schwach machen
schwach werden
schwarz färben
schwarz gerändert
schwarz gestreift
schwarz malen
schwarz werden
schwer beladen
schwer bewaffnet
schwer erziehbar
schwer gemacht
schwer krank
schwer löslich
schwer machen
schwer verdaulich
schwer verletzt
schwer verständlich
schwer verträglich
schwer verwundet
Segen bringend
Segen spendend
sehen lassen
sein lassen
selbst gebacken
selbst gebraut
selbst gedreht
selbst genutzt
selbst geschneidert
selbst geschrieben
selbst gestrickt
selbst verdient
selig machen
setzen lassen
sicher machen
sicher wirkend
sitzen bleiben
sitzen geblieben
sitzen gelassen
sitzen lassen
sozial verträglich
spät vollendet
spazieren gehend
spielen lassen
spitz schleifen
Sporen bildend
Sporen tragend
Sport treibend
sprechen lassen
springen lassen
Staaten bildend
stark behaart
stark bewacht
stark gemacht
stecken bleiben
stecken geblieben
stehen bleiben
stehen geblieben
stehen lassen
steif schlagen
steigen lassen
sterben lassen
still sitzen
stramm ziehen
streng genommen
Stress auslösend
Strom führend
Strom sparend
tief bewegt
tief empfunden
tief erschüttert
tief gefühlt
tief gehend
tief greifend
tief liegend
tief stehend
tief verschneit
tot geboren
tot geglaubt
treiben lassen
treu ergeben
treu gesinnt
treu sorgend
trocken bügeln
trocken föhnen
trocken reiben
trocken schleudern
trocken wischen
übel beraten
übel gelaunt
übel gesinnt
übel nehmen
übel riechend
übrig bleiben
übrig gelassen
übrig lassen
Unheil bringend
Unheil kündend
Unheil verkündend
uni gefärbt
unten erwähnt
unten liegend
unten genannt
unten stehend
Verderben bringend
verloren geben
verloren gegangen
veloren geglaubt
verloren gehen
vermissen lassen
viel befahren
viel beschäftigt
viel beschworen
viel besprochen
viel diskutiert
viel erörtert
viel gefragt
viel gekauft
viel gelesen
viel gepriesen
viel geschmäht
viel umworben
viel zitiert
Völker verbindend
voll automatisiert
voll beladen
voll besetzt
voll entwickelt
voll klimatisiert
wach liegen
wach rütteln
wach werden
Wache stehend
wahr machen
Walfang treibend
Walzer tanzend
warm machen
warm stellen
warm werden
Wasser abstoßend
Wasser abweisend
weich gekocht
weich klopfen
weich kochen
weich machen
weich spülen
weich werden
weiß färben
weiß gekleidet
weiß glühend
weiß kalken
weiß machen
weiß tünchen
weiß waschen
weiter bestehen
weit gereist
wenig befahren
wenig gelesen
wild lebend
wild machen
wild wachsend
wissen lassen
wund gelegen
wund laufen
wund reiben
wund reden
wund schreiben
wund liegen
zäh fließend
zart machen
Zeit lang



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Kommentare zu »Für die Katz«
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Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 19.07.2006 um 00.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#4889

Fürwahr, die rausgestreckte Zunge ist nicht zu übersehen. Empfiehlt der neue Duden tatsächlich hoch kompliziert?

Die Verfasser des amtlichen Wörterverzeichnisses von 1996 übten sich noch in auffälliger Zurückhaltung. Nur ein einziges Beispiel, nämlich hochgiftig, zeugte vom Zusammenschreibungsgebot in Fällen, in denen nach dem damaligen § 36 (5) – heute § 36 (1.5) – eine Zusammensetzung mit bedeutungsverstärkendem oder bedeutungsminderndem erstem Bestandteil vorlag. Auch 2004 noch war hochgiftig im Wörterverzeichnis allein auf weiter Flur.

Ganz anders das Verzeichnis von 2006. Hier wimmelt es nur so von Zusammensetzungen, ja es gibt nicht ein einziges Beispiel für eine Getrenntschreibung: hochdotiert, hochindustrialisiert, hochverschuldet, hochbegabt, hochkompliziert; hochaktuell, hochberühmt, hochbrisant, hochempfindlich, hochgiftig. Freilich wird nur in den fünf letztgenannten Fällen auf § 36 (1.5) und damit auf das Kriterium der Bedeutungsgraduierung verwiesen. Die übrigen Beispiele sind mit dem Hinweis „§ 36 (2.1)“ bzw. „§ 36 (2.2)“ versehen; nach diesen Bestimmungen ist sowohl Getrennt- als auch Zusammenschreibung möglich. Ich habe die unterschiedliche Behandlung von hochgiftig und hochkompliziert nie verstanden. Die Differenzierung nach „adjektivischen“ und „adjektivisch gebrauchten“ Bestandteilen kann jedenfalls nicht die Erklärung sein, denn der Wortlaut des § 36 schließt beide Kategorien ausdrücklich ein.

Das Wörterverzeichnis, unter welchen Umständen es auch immer zustande gekommen sein mag, spricht eine eindeutige Sprache. Könnte und müßte nicht ein unbefangener Leser des Regelwerks in der Entscheidung der Verfasser pro Zusammenschreibung in sämtlichen Beispielen des Wörterverzeichnisses ein klares Indiz dafür sehen, daß man dieser Option den Vorzug gibt? Könnte und sollte nicht ein vernünftiger Leser, der die Entwicklung der letzten Jahre mit leidlichem Interesse verfolgt hat, erkennen, daß § 36 (2.1) und § 36 (2.2) auch deshalb die Getrenntschreibung zulassen, weil jene 1998 eingeführten Schreibweisen, die sich in den Folgejahren als völlig praxisuntauglich erwiesen haben, nicht plötzlich als falsch gelten sollen? Hat die Dudenredaktion es nötig, sich trotzig-legalistisch auf jene Bestimmung zu berufen, nach der Schreibungen, die den Regeln nicht widersprechen, „immer möglich“ sind, auch wenn sie im Wörterverzeichnis nicht explizit aufgeführt werden? Oder welche Überlegungen stecken sonst hinter den merkwürdigen Empfehlungen?

Ballistol fragt, ob der Duden mit seinen Abweichungen vom Regelwerk einen „Befreiungsschlag“ vorbereite. Mag sein, daß das beabsichtigt ist. Aber wenn, dann offenkundig nicht mit dem Ziel der Abkehr von unsinnigen Reformschreibungen. Wenn man in Mannheim einen Befreiungsschlag plant, dann wohl in dem Sinne, daß man uns von der Vorstellung befreien will, der Duden hätte sein Monopol eingebüßt.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 19.07.2006 um 03.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#4890

Empfiehlt der neue Duden wirklich "deutsch sprechend"? — Da war doch mal irgendwo in der Reformiererei die Regelung, "deutsch" dürfe man hier nicht mehr als Adverb sehen (deutsch sprechen/können/lesen), sondern nur noch als Substantiv verstehen, parallel zu "Deutsch lernen". Ich habe immer mehr den Eindruck, daß da beim Duden (und den anderen schnellreformierten Wörterbücher- und Schreiblernhilfeschreibern) Leute arbeiten, die sich ja vielleicht einen akademischen Grad in der germanistischen Sprachwissenschaft erworben haben, mit Konzentration ja auf vieles da mögliche, die aber nur höchst oberflächlich etwas zur Struktur der deutschen Sprache wissen. Bei denen weiß die rechte Hand nicht, was die linke tut, wenn da einfach Regelungen zu folgen ist, denen sie nicht widersprechen dürfen — und denen sie, selbst wenn sie es dürften, — klein kariert, wie sie es nun mal sind, und immer schön konform gehend, weil sie eben zu mehr Bewegung nichts mitbekommen haben, — auch gar nicht widersprechen könnten. — Was steht denn da zu meinem "mal" im letzten Satz empfohlen, — wo doch "hundertmal" "hundert Mal" sein soll, und wonach dann eben "es war einmal" "es war ein Mal" ist, welches nach der hier suggerierten Aussprache dann wohl vom besseren Essen durch was weiß ich für eine bessere Aussprache zu unterscheiden ist? Ich meine nur, daß man mal fragen kann.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.07.2006 um 13.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#4892

Am schockierendsten ist vielleicht das letzte Glied der Liste: "Zeit lang". Das seit 500 Jahren im Deutschen übliche "Zeitlang" soll es nicht mehr geben? Außerdem paßt die Beseitigung nicht zur sonstigen Strategie des Dudens, die "Handvoll", den "Fußbreit" usw. wiederherzustellen. Ich wage zu behaupten, daß dieser ganze Unsinn unter Drosdowski nicht möglich gewesen wäre.

Übrigens enthält meine Liste nicht die vielen empfohlenen Getrenntschreibungen wie "Small Talk" usw., das sind noch einmal ziemlich viele, so daß man sagen kann: Ungefähr jeder dritte Empfehlung des Duden gilt der vermehrten Getrenntschreibung. Das scheint der Redaktion ein echtes Anliegen zu sein. Die grundsätzliche Zurückweisung der neueingeführten "Eisenberg'schen" Zusammenschreibungen ("schwarzwerden", "sprechenlassen" usw.) wird man inhaltlich billigen, auch wenn sie bloß den Rechtschreibrat und seinen Vorsitzenden provozieren soll.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 19.07.2006 um 17.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#4895

Gerade entdecke ich, daß die Schreibungen hoch dotiert, hoch industrialisiert usw. doch im Wörterverzeichnis aufgeführt sind. Mea culpa! Allerdings ist die lexikographische Aufbereitung des "zentralen rechtschreiblichen Wortschatzes" auch alles andere als leserfreundlich. "kompliziert, hochkompliziert" soll uns nicht etwa bedeuten, daß wir es hier mit einer Intensivierung zu tun haben, nein, es steht für "hoch kompliziert, hochkompliziert". Jedenfalls verstehe ich das jetzt so, nachdem mich die offene eckige Klammer gleich rechts neben dem Stichwort vor wenigen Augenblicken schadenfroh angefeixt hat. Ganz logisch ist diese Darstellung aber dennoch nicht, denn wenn man genauso formal an die Lektüre des Wörterverzeichnisses heranginge, wie es die Reformer mit unserer Sprache getan haben, müßte man den Eintrag eigentlich so lesen: "hoch kompliziert, hoch hochkompliziert". Schade, daß die gute alte Tilde immer seltener zum Einsatz kommt! Das alles ändert übrigens nichts an meiner Kritik am Vorgehen der Dudenredaktion.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 20.07.2006 um 00.20 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#4897

Bei einer näheren Analyse der Liste der Getrenntschreibungen wäre zunächst nach Verbindungen mit Verben (§ 34) und Verbindungen mit Adjektiven und Partizipien (§ 36) zu unterscheiden.
Zu letzteren:
Der § 36 ist vielleicht der schiefste und verworrenste Paragraph überhaupt der Amtlichen Regeln in der Fassung von 2006. Schon in der Grundregel ist der undefinierte Begriff "adjektivisch gebraucht" enthalten. Man kann schon verstehen, daß die Wörterbücher damit Probleme haben. Eine ganz erhebliche Lücke im § 36 besteht darin, daß jeglicher Hinweis auf den Unterschied zwischen attributivem und prädikativem Gebrauch fehlt. In der Regel kann das Partizip präsenz überhaupt nicht prädikativ gebraucht werden. Bei Adjektiven und beim Partizip perfekt wird in der Regel bei prädikativem Gebrauch nur getrennt geschrieben. Ausnahmen sind die Fälle, wo ein neues, vollwertiges Adjektiv entstanden ist: musikliebend, schwerbehindert. Die Empfehlung "Musik liebend" ist daher ganz besonders verfehlt.
Bei attributivem Gebrauch ist meistens sowohl Getrennt- als auch Zusammenschreibung möglich, wobei allerdings häufig ein Bedeutungs- und Betonungsunterschied besteht.
Deshalb ist eine allgemeine Empfehlung, etwa entweder "schwerkrank" oder "schwer krank" zu schreiben, in den meisten Fällen gar nicht möglich.
Vielleicht hat sich der Duden ja überlegt, daß diese Verhältnisse für den Primitivschreiber zu kompliziert sind. Die Empfehlung, immer getrennt zu schreiben, hat ja zweifellos den Vorteil, bei prädikativem Gebrauch meistens richtig, bei attributivem Gebrauch meistens jedenfalls nicht eindeutig falsch zu sein.
Unverzeihlich und skandalös bleiben aber Empfehlungen wie "Musik liebend".
 
 

Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 20.07.2006 um 01.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#4898

Nicht nur bei dagewesen und bei den Empfehlungen, sondern auch an anderen Stellen scheint sich die Dudenredaktion nicht sonderlich für den Rat und das amtliche Wörterverzeichnis zu interessieren:

Bekanntlich wurde das vielkritisierte Not sein durch redaktionelle Bearbeitung der Wörterliste in letzter Minute geändert, so daß das korrekte not sein (mit dem Hinweis auf § 56 (1)) nun endlich wieder erlaubt und sogar obligatorisch sein soll. Die Neuauflage des Dudens kennt aber nach wie vor nur die Großschreibung.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 20.07.2006 um 11.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#4902

Besonders modern finde ich Sätze, in denen das Objekt des Adjektivs auf den ersten Blick mit dem Objekt des Verbs verwechselt werden kann, besonders wenn ein Zeilenwechsel dazwischenkommt: Ich liebe Musik - Zeilenwechsel - ausübende Menschen. Deutschland braucht Eisen - Zeilenwechsel - verarbeitende Betriebe. So etwas liest man täglich in der Zeitung. Abwandlung eines Spruches aus der Nazizeit: Deutsche, kauft deutsche Druckerzeugnisse, helft deutsches Leid gemeinsam tragen!
 
 

Kommentar von Karl Martell, verfaßt am 20.07.2006 um 11.23 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#4903

Nicht nur modern, sondern v.a. Ziel führend. Denn bald werden alle Kinder - dem System folgend - endlich Fehler frei schreiben.
 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 20.07.2006 um 12.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#4904

Lieber Germanist, das haben Sie wunderschön auf den Punkt gebracht. Warum wird dieses Problem der neuen GZS nicht mehr thematisiert?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.07.2006 um 16.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#4908

Zur Aussprache habe ich auch noch ein paar Stückchen gefunden, die in meiner Besprechung keinen Platz mehr gefunden haben. Das schöne deutsche Wort "Braindrain" zum Beispiel soll laut Duden "Breendreen" gesprochen werden. Auch dies sollten die Kultusminister wissen, damit sie einsehen, mit wem sie sich hier verbünden. Und dabei ist der Dudenverlag auch im Schulbuchbereich tätig. Gerade flattert mir auch die Ankündigung ins Haus, daß all die nützlichen Bücher wie das Universalwörterbuch und das kurz Gefasste von Stang etc. demnächst in allerneuester Reformschreibung herauskommen werden. Was für ein Aufwand! Und alles schon bei Erscheinen wieder überholt! Denn daß der Duden so bleiben kann, wie er ist, glaubt man doch nicht einmal dortseits.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 21.07.2006 um 03.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#4910

Aussprachehinweise aus dem Hause Duden waren schon immer etwas befremdlich. So glaubt man in Mannheim (vgl. etwa Das große Wörterbuch der deutschen Sprache), man spreche das Wort Lover ungefähr so aus: Lawwe. (Weiß jemand zufällig, wie man phonetische Zeichen in das Kommentarfeld retten kann?) Aber wer tut das schon – in Deutschland? Wenigstens wird einem der Keeper nicht als Kiepe verkauft. Glaubt man dem Rechtschreibduden (23. Auflage), so ist der Hacker bei Orientierung an der englischen Originalaussprache im Deutschen von der Hecke nicht zu unterscheiden. Schwa-chsinn!, möchte man da kalauern.

Die elektronische Version enthält zusätzlich zu den Lautschrifteinträgen akustische Aussprachehilfen. Doch was hilft’s, wenn beide nicht aufeinander abgestimmt sind? So suggeriert die Angabe beim Stichwort Lovestory, man spreche den Bestandteil Love- [laf] aus. Der Herr mit der sonoren Stimme aber, der uns das Wort freundlicherweise vorspricht, will davon nichts wissen. Er tut dies auf eine so unnachahmlich englische Manier, daß man meinen möchte, er könne unmöglich von deutscher Zunge sein. Übrigens kommt auch der Braindrain nur in der Lautschrift als Breendreen daher. Diesmal souffliert uns eine eindeutig als solche erkennbare Landsmännin. Immerhin hat das, was sie sagt, viel Ähnlichkeit mit deutschenglischer Aussprachewirklichkeit des Jahres 2006.

Die Liste der Beispiele ließe sich beliebig fortsetzen. Man schaue nur mal beim Stichwort „Anchorman“ nach. Über den englisch-deutsch-halbenglischen Zungenbrecher, der einem dort – wiederum nur in der Lautschrift, nicht von der Stimme – präsentiert wird, kann man nur staunen.

Eine Ehrerbietung an die fünfziger Jahre hier, eine Überdosis Weltläufigkeit dort – man gewinnt den Eindruck, daß die Handelnden das rechte Maß noch nicht gefunden haben. Aber was sind schon ein paar Merkwürdigkeiten und Inkonsequenzen in puncto Aussprache gegen jenes zusätzliche Chaos, das der Duden mit seinen „Empfehlungen“ ganz unnötigerweise anrichtet? Man kann nur inständig hoffen, daß sich irgendwer in Mannheim sehr bald ein Herz fassen und der Geisterfahrt ein Ende bereiten wird.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.07.2006 um 09.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#4912

Es gibt im Duden auch Varianten, die zwar durch die Reform verursacht sind, aber trotzdem nicht durch eine Dudenempfehlung kommentiert werden, z. B. Hämorrhoide/Hämorride oder Pontifizes/Pontifices.
Unter Hughestelegraf (empfohlen) und Hughes-Telegraf fehlen die entsprechenden Varianten mit -ph.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.07.2006 um 18.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#5062

Im vergangenen Winter reiste der Vorsitzende des Rechtschreibrates bei den Zeitungshäusern herum und warb für die versprochene Duden-Rechtschreibung, die in Zweifelsfällen eine konservative Empfehlung bieten sollte. Es kam anders, und nun steht Zehetmair als betrogener Betrüger da und ärgert sich. Der Dudenverlag präsentiert triumphierend auf seiner Website die Pressemitteilung des Springer-Verlags vom 28. Juni über die "Technologie-Partnerschaft" zwischen Duden und ASV. Was für ein toller Sieg, wenn auch ein erschlichener!
Trotzdem dürfte man im Hause Duden nicht recht froh sein. Zehetmair und Döpfner sind hereingelegt, aber der Dudenstart ist trotz ungeheurer Werbung ein bißchen verregnet.
 
 

Kommentar von AP, 27. 7. 2006, verfaßt am 27.07.2006 um 18.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#5064

Zehetmair kritisiert neuen Duden

Berlin - Der Vorsitzende des Rates für deutsche Rechtschreibung, Hans Zehetmair, wirft dem Duden-Verlag vor, die Ratsbeschlüsse in der neuen Ausgabe des Wörterbuchs bewusst zu unterlaufen. Der Verlag sei in allen Sitzungen des Rates vertreten gewesen und habe die Beschlüsse fast ausnahmslos mitgetragen, sagte Zehetmair der "Welt": "Nun stelle ich fest, dass einige Neuregelungen des Rates, insbesondere im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung, durch die Variantenempfehlung unterlaufen werden." Dafür fehle ihm jegliches Verständnis. Er habe den Eindruck, "dass der Duden-Verlag den Versuch unternimmt, sich bewusst abzusetzen, um seinen Monopolanspruch geltend zu machen", wird Zehetmair zitiert. Dies sei aber ein "kurzsichtiges Unterfangen". So seien das Wahrig-Wörterbuch und das amtliche österreichische Wörterbuch den Beschlüssen des Rechtschreibrates konsequent gefolgt. "Hier einen Kampf zu eröffnen, macht keinen Sinn. Wir brauchen endlich Ruhe an der Rechtschreibfront!", forderte Zehetmair. In den kommenden Tagen erhielten die Kultusminister eine "kompakte Zusammenstellung", die die vom Rat empfohlenen und von der Kultusministerkonferenz beschlossenen Änderungen enthalte, kündigte der Ratsvorsitzende an: "Dieses 16-seitige Werk werden wir jetzt den Kultusministern zukommen lassen, die es dann an die Lehrer weiterleiten sollen."
 
 

Kommentar von David Weiers, verfaßt am 27.07.2006 um 19.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#5065

Ja, und der Mehrheit der Deutschsprachigen fehlt für die gesamte Reform jedes Verständnis. Aber das druckt natürlich niemand so deutlich.
 
 

Kommentar von jms, verfaßt am 27.07.2006 um 19.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#5066

Zehetmair sauer auf den Duden? Die Meldung zeigt, daß es unter den Reformbetreibern offenkundig Meinungsverschiedenheiten gibt. Will sich Duden nur Wettbewerbsvorteile verschaffen oder spielen auch persönliche Animositäten eine Rolle? Wie dem auch sei, der herbeiersehnte Rechtschreibfrieden läßt sich eben nicht diktieren, weil er ein fauler ist. "Wenn zwei sich streiten,freut sich der Dritte – man sollte weiterhin sachlich und in aller Ruhe auf die Mängel an der "endgültigen" Reform aufmerksam machen, bis sich die verschiedenen Reformflügel gegenseitig neutralisiert haben. Ceterum censeo Heyse esse delendam;-)
 
 

Kommentar von Thomas Paulwitz, verfaßt am 27.07.2006 um 19.51 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#5067

Zehetmair kritisiert den neuen Duden. Zu dumm, daß er gleichzeitig Werbung für den Wahrig macht, indem er ihn in dessen Vorwort kräftig lobt. Hätte Zehetmair diese Empfehlung vermieden, wäre seine Kritik glaubwürdiger. Er hat sich wirklich nicht sehr geschickt verhalten und ist selbst an der Nase herumgeführt worden. Es wird immer peinlicher für ihn.
 
 

Kommentar von AH, verfaßt am 27.07.2006 um 23.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#5070

Zu Zehetmairs Duden-Kritik
Wenn Zehetmair mit seiner Beurteilung des neuen Duden ernstgenommen werden will, dann müßte er jetzt bei der KMK beantragen, daß dieser in Schulen nicht verwendet werden darf.
Für NRW bestimmt nämlich der Erlaß vom 3.12. 2003 zwar, daß Wörterbücher pauschal genehmigt sind. Allerdings heißt es im Erlaß zur Rechtschreibung vom 21.7.2005, es sei Grundlage die "amtliche Regelung von 1996 in der Fassung von 2004. [...] In Zweifelsfällen werden Wörterbücher zugrunde gelegt, die nach den Erklärungen des Verlags den aktuellen Stand der Regelung vollständig enthalten." Daraus folgt eigentlich eindeutig: Wenn der Duden weder den aktuellen Stand der Regelung enthält noch vollständig ist, weil er noch geltende Schreibungen ausläßt, müßte die Konformitätserklärung des Duden-Verlags zurückgewiesen werden. Kaum vorstellbar aber, daß der Duden ohne Rückversicherung bei der KMK handelt. Also nichts als folgenlose heiße Luft von Zehetmair?
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 28.07.2006 um 08.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#5072

Damit das jetzt nicht wie in der Politik üblich zur persönlichen Meinung des Herrn Zehetmair erklärt wird, sollte die FDS öffentlich die pauschale Wörterbuchzulassung des Duden für den Schulgebrauch widerlegen. Manchmal hilft nur "Krawallmachen".
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 28.07.2006 um 08.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#5073

AH: "... In Zweifelsfällen werden Wörterbücher zugrunde gelegt, die nach den Erklärungen des Verlags den aktuellen Stand der Regelung vollständig enthalten." Daraus folgt eigentlich eindeutig: Wenn der Duden weder den aktuellen Stand der Regelung enthält noch vollständig ist, ... müßte die Konformitätserklärung des Duden-Verlags zurückgewiesen werden.

Nein, gerade nicht. Oder hat der Dudenverlag behauptet, sein Rechtschreibwörterbuch erfülle dieses Kriterium nicht?

 
 

Kommentar von Kaiser Günter, verfaßt am 28.07.2006 um 09.23 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#5074

jms#5066 Ceterum censeo Heyse esse delendam: Bestürzung und Erschütterung breiten sich in mir aus-zum einen des Lateinischen nicht mächtig, zum anderen abgrundtiefe Abneigung gegen die Missstandsstussschreibung.

 
 

Kommentar von AH, verfaßt am 29.07.2006 um 17.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#5111

Wolfram Metz: "Oder hat der Dudenverlag behauptet, sein Rechtschreibwörterbuch erfülle dieses Kriterium nicht?"
So einfach scheint mir die Sache doch nicht. Wenn die bloße Erklärung ohne Wahrheitsgehalt genügt, dann würde ich doch raten, daß der „Mackensen“ oder auch der „Ickler“ sich ebenfalls für die Schule anbieten mit einer aufgepappten Banderole: „auf der Grundlage der amtlichen Regeln“. Da werden Sie aber erleben, wie flott der Staat einschreitet.
Herr Zehetmair will sich ja nun im Konflikt mit dem Duden zur Wehr setzen und eine von IDS und KMK erarbeitete 16-seitige Fibel mit den Regeln nach Rechtschreibrat an die Schulen weiterleiten lassen. Kann die KMK diese Handreichung als „verbindlich richtig“ anbieten und gleichzeitig freistellen, auch den Duden zu nehmen, wenn der sich über diese Regeln hinwegsetzt? Früher ging so etwas nicht.
Aber wie ich sehe, kann man anscheinend in der Kultusbürokratie neuerdings alles und auch das Gegenteil: „Sowohl Spies [Pressesprecher des Schulministeriums NRW] als auch der VBE sehen kein Problem darin, dass nun jeder Lehrer entscheiden kann, welche Variante er lehrt, wenn es mehrere Möglichkeiten zur Groß- und Kleinschreibung beziehungsweise zur Getrennt- oder Zusammenschreibung gibt. An eine Vorgabe, die verhindern könnte, dass von Schule zur [!] Schule, im Extremfall von Klasse zu Klasse verschiedene Prioritäten gesetzt werden, ist deshalb nicht gedacht. (Dorle Neumann in: WN vom 27. 7. 2006, Zitatende im Original nicht gekennzeichnet.) Schöne neue „Freiheit“! Das wird ein lustiger Marketingwettbewerb demnächst in der Schule - der eine Lehrer so mit Wahrig, der andere so mit Duden, aber bitte der dritte nicht so mit dem vorreformierten Duden, obwohl sich die neue Rechtschreibung ja angeblich jetzt nur noch ganz wenig davon unterscheidet, fast nur durch das leidige -ß-. War das die Intention der Rechtschreibreform?
Im übrigen: Mit ziemlicher Sicherheit wird der neue Duden k e i n Standard in der Schule mehr werden, jedenfalls nicht a l l e i n aufgrund seines „guten Rufes“ und seiner „Qualität“.
 
 

Kommentar von borella, verfaßt am 29.07.2006 um 17.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#5112

Das österreichische Schulministerium bietet eine 33seitige Übersicht über die Rechtschreibung an, wie sie ab dem neuen Schuljahr zu unterrichten sein wird.
Siehe: http://www.bmbwk.gv.at/medienpool/13616/rs_info06.pdf

Frage: Wie wird eigentlich sichergestellt, daß alle Lehrer rechtzeitig geschult sind, um die Neuerungen auch klar unterrichten zu können?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.03.2016 um 04.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#31831

Zu Wache stehen: Nach unserem heutigen Sprachgefühl ist Wache Akkusativ (des Inhalts), aber historisch ist es ein Nominativ. Diese Prädikativa werden heute mit Partikel (als Wache) konstruiert, ein Beispiel für den Hang zur Deutlichkeit und zum analytischen Sprachbau. Es ist auch eine Gemeinsamkeit von "unreinen" Appositionen und Prädikativen (im Sinne von Blatz).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.01.2017 um 04.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=559#34235

Duden (online) empfiehlt auch heute, zehn Jahre später, weiterhin Achtung gebietend, Zeit lang usw.
Ob sich mal eine Dissertation mit der Verwahrlosung der Dudenredaktion (wie schon mit der Nazifizierung) beschäftigt? Die Ausdünnung des Personals (Outsourcing) dürfte eine Rolle spielen.
Wir haben seit Jahrzehnten eine ziemlich wichtigtuerische "Wörterbuchforschung", aber die scheint sich für den Niedergang im Gefolge der Rechtschreibreform nicht zu interessieren. Manchmal kommt es mir so vor, als seien wir hier die einzigen, die ein Auge darauf haben.
 
 

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