23.09.2008


Theodor Ickler

sein und gehen

Bemerkung zu den Kopulaverben

Merkwürdigerweise sagt man bei einigen Adjektiven wie kaputt, pleite, den Partizipien wie verloren und auch defektiven Adjektiven (oder was auch immer) wie entzwei in prädikativem Gebrauch eher gehen als werden.

Dieser Gebrauch von gehen, der bekanntlich Auswirkungen bei der Rechtschreibreform hatte, wird in Wörterbüchern stiefmütterlich behandelt. In Pauls Deutschem Wörterbuch steht sehr richtig: „Fast zur Kopula verblaßt ist g. in schwanger, müßig g., desgl. in entzwei, in Stücke g., los-, verloreng. usw. mit dem Unterschied, daß es in jenen einen dauernden Zustand, in diesen den Eintritt eines Zustandes bezeichnet.“
Grimms Wörterbuch sagt immerhin: "beachtenswert auch gefangen gehen, als gefangener: und du Pashur solt mit allen deinen hausgenossen gefangen gehen und gen Babel kommen. LUTHER Jer. 20, 6, vulg. ibitis in captivitatem; ADELUNG nahm es für 'gefangen werden', wozu einen anhalt das merkwürdige verloren gehen bieten kann, s. u. 16, f."
An der angeführten Stelle geht es aber nur um entzwei = in zwei gehen.

Die Neuregelung verlangt nun pleitegehen, aber pleite werden. In der heutigen SZ lese ich, wie fast jeden Tag, pleite gehen, einmal aber auch noch Pleite gehen, wie es zehn düstere Jahre lang vorgeschrieben war.


Den Beitrag und dazu vorhandene Kommentare finden Sie online unter
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1053