24.04.2009


Theodor Ickler

Aus dem Museum

„Die Sprache Deutsch“

Das Deutsche Historische Museum zeigt eine Ausstellung "Die Sprache Deutsch". Auf der schicken Internetseite heißt es unter "Sprache und Spracherwerb":

"Sprache ist ein dem Menschen eigenes Mittel der Kommunikation. Sie dient der Verständigung über Wünsche, Gedanken und Erlebtes, dem Informationsaustausch sowie dem Festhalten von Wissen. Von anderen Kommunikationsformen wie Tiersprachen unterscheidet sie sich durch die Verwendung verabredeter Symbole, denn die Beziehung zwischen dem Bezeichneten und seinem sprachlichen Ausdruck ist zumeist willkürlich und wird erst über eine Vereinbarung zwischen den Sprechern hergestellt. Die ersten Ausdrucksformen waren Gebärden und Gesten, erst dann hat sich zusätzlich eine differenzierte Lautsprache entwickelt. Eine Voraussetzung dafür waren anatomische Veränderungen des Vokaltraktes: Durch das Absenken des Kehlkopfes und des Zungenbeines hat die Zunge beim modernen Menschen im Vergleich zum Affen deutlich mehr Spielraum. Weltweit gibt es gegenwärtig etwa 6000 bis 7000 Sprachen, die den verschiedenen Sprachfamilien zugeordnet werden. Wie Kinder die komplexe Aufgabe des Sprechenlernens bewältigen, kann die Forschung heute genauer beschreiben. Das Rätsel Spracherwerb ist damit aber noch nicht vollständig gelöst."

Das ist alles ziemlich sonderbar. Die sprachlichen Zeichen sind offensichtlich nicht "verabredet" oder "vereinbart". In welcher Sprache soll man sie denn verabredet haben?
Der gestische Ursprung ist neuerdings von Tomasello stark hervorgehoben worden, vielleicht mit Recht, aber nichts Genaues weiß man nicht.

Die "Kehlkopftheorie" der Sprachentstehung wird heute kaum noch ernst genommen. Evolutionär entscheidend war, daß der Artikulationsapparat unter kortikale Kontrolle kam. Auch mit den Lauten, die ein Affe hervorbringen kann, wäre Sprache möglich, wenn auch eine phonetisch von Menschensprachen verschiedene.

Das "Rätsel Spracherwerb" wird man auch nicht lösen, wenn man sich nicht endlich dazu aufrafft, normale lernpsychologische Ansätze darauf anzuwenden. Der Nativismus zusammen mit dem Kognitivismus hat hier viel verdorben.

Der modische Kurztext rührt allerlei zusammen und macht nicht neugierig.


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http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1145