19.07.2009


Theodor Ickler

Aus dem Rat

Wie weiter?

Seit dem gewaltsamen Abbruch seiner Reparaturarbeiten beschäftigt sich der Rat nur noch mit weitläufigen Untersuchungen zur "Akzeptanz" der reformierten Schreibweisen, die er ausweislich der Sitzungsprotokolle nicht unterscheidet von ihrer Implementierung in Korrekturprogrammen.
Die Qualität der einzelnen Regelungen wird nie erörtert, es ist eine Art Tabu. Eisenberg hat allerdings auf der Aprilsitzung 2009 erstmals auch inhaltliche Änderungen ins Gespräch gebracht, also die Weiterführung der abgebrochenen Arbeit, wie es ja ursprünglich auch vorgesehen war. So will er z. B. die Kleinschreibung in idiomatischen Wendungen wie "im allgemeinen" wiedereinführen.

Der Rat hielt auf der Oktobersitzung 2008 fest: "Allgemein wird dafür gehalten, dass der Text des amtlichen Regelwerks von der Praxis nicht angenommen wird." Eisenbergs Neuformulierung soll verständlicher und kompakter sein und nur noch ein Drittel des Umfangs der jetzigen Regelung haben. Damit kommt er in die Nähe meiner eigenen Regelfassung, und wenn man die von ihm vorgeschlagenen inhaltlichen Änderungen einbezieht, dürfte am Ende so etwas ähnliches herauskommen wie mein Regelwerk zur herkömmlichen Orthographie… Allerdings dürfte Eisenberg auf den Widerstand der Reformvermarkter und natürlich auch der Kultusminister stoßen. Schon sein öffentlicher Vorstoß in der FAZ wenige Tage vor der Aprilsitzung hat etliche Ratsmitglieder erzürnt, es gab eine heftige Diskussion. Der Ärger dürfte dadurch nicht verringert werden, daß fast alle Ratsmitglieder wissen, was für einer schlechten Sache sie sich verschrieben haben. Sie haben keinen weiteren Trumpf in der Hand als den immergleichen Hinweis auf die "Verunsicherung", die weitere Rückbaumaßnahmen mit sich bringen würden. Wie lange sie damit noch punkten können, ist aber fraglich, wo doch unablässig daran gearbeitet wird, die Bedeutung der Rechtschreibleistungen insgesamt herunterzuspielen.

Interessant ist noch das Eingeständnis des Rates, daß die Augstschen Etymogeleien (Zierrat, schnäuzen usw.) nicht dem Schreibusus vor 1996 entsprachen. Vielleicht liegt die Ära Augst inzwischen ja weit genug zurück, so daß der Rat sich zu inhaltlichen Änderungen auch in diesem Bereich aufraffen kann.


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