17.11.2009


Theodor Ickler

Das schwächste Glied der Kette

Bertelsmann weiß, wie man es macht

Die Bertelsmann-Stiftung (CHE) hat die Bologna-Umstellung der Hochschulen, die zur Zeit für soviel Unruhe sorgt, mitbetrieben und schon 2003 ein Positionspapier veröffentlicht, in dem die „rasche und konsequente Umstellung“ der Studiengänge gefordert wurde. Unter den Argumenten liest man:
„Durch die halbherzige Einführung ...
• wird die Glaubwürdigkeit der neuen Studiengänge am Arbeitsmarkt diskreditiert. Wie sollen die Hochschulen Arbeitgeber von den Vorteilen der BMS überzeugen, wenn sie nicht selbst voll dahinter stehen? Solange die Arbeitgeber die Wahl haben, im Zweifel auf Altbekanntes und Bewährtes zurückzugreifen, werden sie nur schwer von den neuen Abschlüssen zu überzeugen sein.
• wird das Reformrisiko einseitig auf die Studierenden abgewälzt. Das Argument, „wenn die neuen Studiengänge besser sind als die alten, werden sie sich schon durchsetzen“, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als fahrlässig. Transaktionskosten und Risiken der Reform werden so einseitig dem schwächsten Glied in der Kette auferlegt, nämlich den Studierenden. Diese sollen am Arbeitsmarkt die Qualität der neuen Abschlüsse erst beweisen.“

(Zitiert nach www.che.de/downloads/Positionspapier1BMS.pdf; etwas andere Fassung in „Forschung und Lehre“ 7/2003, dort ist „Bewährtes“ gestrichen.)

Ich übertrage auf die Rechtschreibreform:
1. Wenn die Bürger zwischen bekannter und reformierter Rechtschreibung wählen können, werden sie sich möglicherweise für die bekannte und bewährte entscheiden.
2. Wenn erst erprobt werden soll, ob die Rechtschreibreform ihr Ziel auch wirklich erreicht, wird sie wahrscheinlich nie eingeführt werden.

In beiden Fällen läuft es darauf hinaus, keine Erprobung und keine Konkurrenz zuzulassen. Das Lied vom "schwächsten Glied der Kette" (Augst) kennen wir auch schon.


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