20.05.2011


Theodor Ickler

Overkill

Keine guten Argumente für die neueste Umdeutung des Regelwerks

Bisher hat alle Welt geglaubt, das feministische Binnen-I widerspreche der alten wie der neuen Rechtschreibung.
Nur die Österreicher, denen die "geschlechtergerechte" Sprache noch mehr am Herzen liegt als die Rechtschreibreform, erkennen es schon lange an.
Güthert begründet die neue Ansicht, daß das Binnen-I zulässig sei, mit mehreren Argumenten, die sich allerdings gegenseitig nicht gerade stärken.

1. Das Binnen-I ist keine orthographische, sondern eine graphostilistische Frage und wird deshalb nicht im Regelwerk behandelt.

2. Das Binnen-I ist nicht häufig genug, um in das Regelwerk aufgenommen zu werden.

Aber wenn es kein Gegenstand der Rechtschreibregelung ist, kann auch der häufigste Gebrauch nicht dazu führen, daß es im Regelwerk behandelt wird.

3. Nicht alles, was nicht im Regelwerk steht, ist falsch.

Doch! Die Rechtschreibnormierung unterscheidet sich gerade dadurch vom Strafrecht, daß das Strafrecht nur verbietet, und was nicht ausdrückllich verboten ist, ist erlaubt. (Nulla poena sine lege.) Die Rechtschreibnorm besteht dagegen nur aus positiven Bestimmungen: Was nicht aus den Regeln ableitbar oder im Wörterverzeichnis aufgelistet ist, ist falsch. Das Strafrecht kann nicht die unendliche Menge des Erlaubten aufzählen, die Rechtschreibregelung nicht die unendliche Menge des Falschen.

Die Herausnahme des Binnen-I aus der Rechtschreibung ist auch sachlich falsch. Die GKS beschreibt erschöpfend, wie die Großbuchstaben korrekt verwendet werden. Dazu gehört die Binnengroßschreibung offensichtlich nicht, folglich ist sie falsch. (Natürlich immer im Rahmen der Schulorthographie.)

Entsprechendes gilt für die Großschreibung der Tageszeiten.


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