11.01.2013


Theodor Ickler

Sehen und Sprechen

Bemerkung über Aufmerksamkeit und Sprache

Die bekannte Zeichnung von Ernst Mach ist irreführend, weil sie alle Teile des Gesichtsfeldes gleich scharf darstellt.
Sie entspricht der gewöhnlichen perspektivischen Malerei, nicht der wirklichen Wahrnehmung. Das dürfte den Psychologen bekannt sein. (Mach selbst behandelt die Unzulänglichkeit einer zweidimensionalen Wiedergabe statt der stereoskopischen.)
Was wir peripher sehen, ist auf eine ganz andere Art undeutlich als eine Abbildung, über die man etwa eine Folie oder Milchglasscheibe gelegt hat. Wir können das, was wir auch nur wenige Grad von der Mitte (der Entsprechung des gelben Flecks) sehen, nicht einmal beschreiben. Denn sobald wir das versuchen, greifen wir auf unser Wissen zurück. Ich sehe z. B. gerade am Rande meines Gesichtsfeldes eine weiße Untertasse, eine Spindel mit DVD-Rohlingen, den Drucker usw., aber nur, weil ich weiß, daß es sich um diese Dinge handelt. Dann ist da noch ein undefinierbares dunkles Gebilde, nicht weiter entfernt als die Spindel. Ich kann es nicht erkennen, blicke foveal hin und erkenne das Headset meiner Frau. Ein paar schwarze Punkte auf weißem Papier ein paar Grad außerhalb des Zentrums können wir nicht zählen; die Anordnung als Gestalt etwa wie die Augen eines Würfels erleichtert die Erkennung, aber nur ein bißchen.

Diese unauflösliche Verbindung von Sprechen und fovealer Wahrnehmung ist sehr interessant. Sie wirft ein Licht auf die Funktion der Sprache.


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