18.08.2013


Theodor Ickler

Ist die Rechtschreibreform links?

Fast vergessene Frage

Warum gilt die Reform überhaupt als fortschrittlich?

Natürlich hat das Wort Reform seinen eigenen Reiz, das Reformieren bedarf gewissermaßen keiner Rechtfertigung. Darüber hinaus galt aber der Plan einer Rechtschreibreform – "Vereinfachung" für Kinder und Wenigschreiber – von Anfang an als linkes Projekt, und die GEW zum Beispiel hat mit ihrem Frankfurter Kongreß von 1973 den Ton angestimmt, der die weitere Diskussion bestimmte. Man denke auch an die gleichzeitigen hessischen "Rahmenrichtlinien". Auf der Gegenseite standen so sinistre Kräfte wie der Bund Freiheit der Wissenschaft und die FAZ.

Dieses Image konnten die Reformer auch gegen die Evidenz ihrer doch teilweise arg rückwärtsgewandten Neuregelung erstaunlich lange behaupten. Wie ich gerade sehe, hat Wolfgang Fritz Haug, der mal ein ziemlich bekannter linker Publizist war, alte Aufsätze aus seiner Zeitschrift "Das Argument" in Reformschreibung umgearbeitet, bevor er sie ins Netz stellte. Er hält sich wahrscheinlich für einen kritischen Kopf. Auch die überwiegend linken Studentenzeitschriften gehörten zu den ersten, die mitmachten. Das ist wirklich kurios, wie hier die Unterwerfung unter die Kultusminister als Kampf gegen die Herrschenden stilisiert und erlebt wird.

Wenn ich noch im Dienst wäre, würde ich das mal durch eine Dissertation aufarbeiten lassen.


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