25.09.2006


Theodor Ickler

Klek, Klip und Klog

Zynismus der Duden-Redaktion

Das Hin und Her läßt sich in seinem Ausmaß nicht mehr überschauen und wird in der Presse totgeschwiegen.
»Viele Medien, darunter auch seriöse Zeitungen, hatten freilich von ihrem spektakulären TV-Interview so genannte (!) Screenshots auf ihre Titelseiten gehoben, auf dem Format füllend (!) Natascha Kampuschs Gesicht zu sehen war.« (Die Welt 25.9.2006)

Tag für Tag dieselbe Leserverachtung.

Weiß noch jemand, wie man "schwarzsehen" jetzt schreibt? Ganz richtig, nur noch zusammen und damit so wie vor der Reform. Zehn Jahre lang wurde unterschieden zwischen "schwarz sehen" (pessimistisch sein) und "schwarzsehen" (unangemeldet fernsehen). Hunderte solcher Änderungen werden den Schulen und den Schülern ohne weiteres Aufsehen zugemutet – denselben Schülern, um derentwillen sogar Herr Döpfner die Blätter seines Konzerns wieder umstellen ließ. Im Rechtschreibrat wurde nie darüber gesprochen, was die Reformreform mengenmäßig in den Wörterbüchern anrichtet.

An "schwarzsehen" kann man übrigens zeigen, was uns alles erspart geblieben wäre, hätte sich der Duden rechtzeitig am Schreibbrauch und an der Sprachentwicklung ausgerichtet. Es ist doch klar, daß diese Verbindung in jeder Bedeutung fakultativ zusammengeschrieben wurde. So steht es natürlich auch in meinem Wörterbuch, und damit sind alle Schwierigkeiten beseitigt, ohne daß die Texte Schaden nähmen.

Im Duden stand zehn Jahre lang "E-klektiker, E-kliptik, E-kloge". Das ist jetzt wieder verschwunden, aber keineswegs aufgrund der naheliegenden bildungspolitischen und pädagogischen Besinnung. Das Duden Universalwörterbuch hatte den Unsinn von vornherein nicht mitgemacht, das Duden-Fremdwörterbuch trieb ihn bis zum Äußersten. Die Redaktion wußte also genau, was sie tat. Dieser Zynismus darf nicht in Vergessenheit geraten.


Den Beitrag und dazu vorhandene Kommentare finden Sie online unter
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=636