21.10.2006


Theodor Ickler

Seltsame Germanisten

Zur Erinnerung an die Anfangszeiten der Rechschreibreform

Als Horst H. Munske aus der Kommission ausgetreten war, heuchelten die anderen Mitglieder Überraschung. Munske hat später dargestellt, welche ausgesuchte Frechheit von Augst/Schaeder bei ihm das Faß zum Überlaufen gebracht hatte. Auch Sitta und andere hatten ihren Anteil.
Eisenberg verteidigte unverdrossen die Reform, obwohl er kurz darauf selbst austreten sollte. „Die Sache jetzt zu kippen, hätte kulturpolitisch und ökonomisch unabsehbare Konsequenzen.“ (AP/dpa 23.9.1997)
Natürlich wußte er, daß die ständigen Reparaturen, zu denen er aufrief, viel teuerer werden würden, als es die vollständige Rücknahme zu diesem frühen Zeitpunkt gewesen wäre. Aber er wollte die Kultusminister schonen, zu denen ihm denn auch im Laufe der Jahre nie ein Wort der Kritik einfiel. Durch ihn wurde deshalb die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung zum Wunschpartner der Kultusminister, und noch heute liebt zum Beispiel Zehetmair ihn sehr, als rettende Hand, die sich dem Mitschuldigen anbietet. Damals versuchte Eisenberg auch den Deutschen Germanistenverband in seinem Sinne zu beinflussen. Der Verband konnte sich nie zu einer entschiedenen Stellungnahme gegen den so offensichtlichen Reformunsinn, der auch nach Eisenberg auf den Müll gehört, durchringen, und heute ist er im Rechtschreibrat durch einen Berliner Senatsbeamten vertreten, der dortselbst mit der Durchsetzung der Reform an den Schulen befaßt ist. So sitzt ja auch einer der für die Reform Hauptverantwortlichen heute dem Rechtschreibrat vor, der die Schäden beheben soll, die der Vorsitzende angerichtet hat. Das alles könnte sich die verdorbenste Phantasie nicht ausmalen, aber es ist Alltag in dieser Republik.


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