05.12.2006


Theodor Ickler

Spiegelfechterei

Die FAZ verliert an Glaubwürdigkeit

Nachdem die FAZ – laut eigenem Eingeständnis – sechs Jahre lang deutsche Kinder mißhandelt hat, begibt sie sich zum unpassendsten Zeitpunkt auf den Pfad der Tugend.
Heute bringt sie unkommentiert auf der ersten Seite die Nachricht, daß die Agenturen erst am 1. August 2007 umstellen werden, und zwar auf eine gemeinsame Hausorthographie, die keineswegs die der FAZ sein wird. Wie auch aus dem Pseudo-Interview Werner D'Inkas mit seinem Bezwinger SPIEGEL hervorgeht, verheddert man sich im ursprünglich vom Dudenverlag aufgebrachten Paradox: durch Hausorthographien Einheitlichkeit herstellen zu wollen. FAZ gegen dpa, Wahrig gegen Duden und alle zusammen gegen das Volk und die Schriftsteller. Die Forderung, der Rechtschreibrat solle seine Arbeit zu Ende führen dürfen, stammt wohl aus meinen Vorlagen, kommt aber jetzt zu spät. Ich hatte geraten, keine Entscheidung zu treffen, bevor der Rat seine Arbeit ordnungsgemäß zu Ende geführt hat. War es bloß der Herdentrieb, der da über einfachste Vernunft gesiegt hat, oder gab es Einfluß von anderer Seite?

Einheitlichkeit durch Hausorthographie: das kann nur funktionieren, wenn jemand die Macht hat, seine Sonderschreibung zum Standard zu machen. In gewisser Weise war das ja beim alten Dudenregiment der Fall gewesen, aber heute haben wir ein Auseinanderstreben aller. Die FAZ-Herausgeber wissen und sagen selbst, daß die Einheitlichkeit dahin ist. Aber noch gibt es eine gewaltige Tatsache, die mit Fleiß übersehen wird: die herkömmliche Rechtschreibung ist ja noch weithin in Gebrauch und wohlbekannt. Fast alle Leser wären damit hochzufrieden, aber diesen Gedanken verbietet sich die FAZ ebenso wie die anderen eingebetteten Medien. Natürlich fragt auch der SPIEGEL nicht danach, daher kann er nur Scheindebatten führen.


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