23.03.2007


Theodor Ickler

Inventores malorum

Nicht nur orthographische Randnotizen zu neuen Büchern

Gestern fiel mir die "Bibel in gerechter Sprache" in die Hände, die ja hier auch schon kommentiert worden ist. Mit den Kommentaren (auch den von Theologen veröffentlichten Gutachten) will ich alter Heide nicht wetteifern. Nur ein paar Bemerkungen:

Kein Einziger der Verfolger ... (139) - Das ist nicht richtig geschrieben.

Die Sprache ist etwas merkwürdig: sie stecken voll krimineller Energie (Römer 1, 36: epheuretas kakôn, inventores malorum)
Die Konsequenzen für (!) ihre Verwirrung hatten sie am eigenen Leib zu tragen (Röm 1, 27) (Sprachlich holprig und sowieso weit von Luther entfernt ...)

Die Übersetzer sind völlig besessen von der Frage, wie man den Namen Gottes wiedergeben soll. Von Buch zu Buch wechseln die experimentellen Bezeichnungen, und auf jeder Doppelseite findet man eine Kopfzeile mit Anregungen, den Namen Gottes anders zu lesen: Adonaj, die Lebendige, Ich-bin-da, ha-Makom, die Heilige, der Heilige, ER-SIE, κ – ς (Kappa - Sigma), Du, ha-Schem, der Eine, die Ewige, der Ewige.

So wird die Aufmerksamkeit des Lesers – wie auch theologische Gutachter kritisiert haben – ständig auf die Frage des Geschlechts gelenkt. Statt diesen Punkt ein für allemal abzuhaken, durchzieht er als aktuelles Problem den gesamten Text.

apostênai apo theou wird zu: von der Lebendigen abfallen.

Eigennamen nach der Loccumer Konvention. Es heißt also Eufrat, auch wenn diese Schreibweise sonst ungebräuchlich ist; daneben allerdings Propheten oder vielmehr Prophetinnen und Propheten. (Das klingt wie die zwanghaften Schülerinnen und Schüler unserer Kultusbürokraten.)

Im Glossar wird diabolos so erläutert: „Das Wort diabolos bezeichnet eine Größe, die 'etwas auseinander bringt', 'sich dazwischen drängt'. (Das trennende Diabolische ist somit das Gegenteil des verbindenden Symbolischen.)“ (S. 2343) Das ist aber nicht die wirkliche Wortgeschichte von Diabolos und Symbolon).

Wenn wir schon beim Judentum sind - es gibt neuerdings ein Lehrwerk "Pluspunkt Deutsch. Der Integrationskurs Deutsch als Zweitsprache. Ergänzungsmaterial für jüdische Zuwanderer. Cornelsen 2007":

Geflügel und Tiere mit gespaltener Hufe sind koscher. Im Vokabular steht: gespaltene Hufe, Pl. -
rote Beete (das ist laut Duden landschaftlich; das Wort ist im amtlichen Verzeichnis nicht enthalten, Duden kennt vier Schreibweisen: rote/Rote Bete/Beete)

Aus den beiden Kursbuch-Bänden dazu:

weiter reden müßte zusammengeschrieben werden.
Du hast Recht (durchgängig).

Das Komma nach direkter Rede fehlt meist:

„Denkst du, dass die Leute das Essen mögen?“ fragt Kouma.
„Geht es dir auch wirklich gut?“ fragt sie ihn. „Natürlich!“ antwortet er ihr.


In beiden Bänden heißt es stets Leid tun, obwohl das inzwischen wieder falsch ist. Ebenso:
Er hat seinen Autoschlüssel wieder gefunden (I, S. 124)

Es wird stets Recht haben, kennen lernen und selbstständig geschrieben.

Die Kommas sind geradezu demonstrativ weggelassen:
Oft braucht man aber lange den Abschied zu verarbeiten. Es ist nicht leicht sein Land oder seine Umgebung zu verlassen. Noch schwieriger kann es sein Menschen zu verlassen. (...) eine Möglichkeit Neues zu entdecken.

Spaghetti, Joghurt sind konservativ geschrieben.

Im ersten Band tritt eine etwas leichtfertige Ärztin auf, die allen Ernstes empfiehlt: „Nehmen Sie täglich einen Löffel Vitamin C.“


Den Beitrag und dazu vorhandene Kommentare finden Sie online unter
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