25.06.2007


Theodor Ickler

Rückblick

Und wo stehen wir heute?

Im Anschluß an frühere Einträge hat sich eine Diskussion entwickelt, in der es auch um Versäumnisse ging.
Wer sich in den zwölf Jahren mit wem vertragen und nicht vertragen, zusammengetan und wieder entzweit hat und aus welchen Gründen – das ist alles viel zu kompliziert und eignet sich auch nicht als Thema für diesen öffentlichen Austausch. Schon früher habe ich manchmal daran erinnert, daß wir uns streng auf unser einziges gemeinsames Thema beschränken müssen, wenn wir uns nicht alsbald in die Haare kriegen wollen.

Aber was ich eigentlich sagen wollte: Vor zehn, zwölf Jahren wußte niemand von uns, wie es ausgehen würde. Das hat Geschichte nun mal so an sich. Wer mitten drin steckt, tut auch Falsches oder Überflüssiges, aber daß es falsch oder überflüssig war, erkennt man erst viel später. Wir haben allerdings nicht viel falsch gemacht. Damals haben wir alles versucht, was uns mit unseren beschränkten Mitteln möglich war. Die wichtigsten Versuche waren die Volksbegehren, die Gerichtsverfahren und die publizistischen Aktivitäten. Wer es nicht genauer weiß, kann sich nicht vorstellen, wieviel Mühe das Sammeln von 2 Millionen Unterschriften gemacht hat. Hier haben unsere Freunde Übermenschliches geleistet. Es hätte sehr gut zu einem endgültigen Erfolg führen können, wir wissen doch, wie nahe dran wir waren, und auch woran es dann scheiterte, jedenfalls nicht an uns.
Ebenso die Gerichtsverfahren. Sie hätten das Ende der Reform bringen können. Zuletzt hat uns Karlsruhe mit allerlei Tricks hereingelegt, die Sache ist dokumentiert, auch wenn wir manche Details nicht nennen dürfen, um keine Scherereien zu kriegen. Die Leserbriefe, Zeitungsartikel und Bücher haben den Willen der gebildeten Bevölkerung artikuliert und damit die Reformer ständig der Täuschung und einer undemokratischen Verfahrensweise überführt. Was nicht artikuliert wird, existiert nicht. Unendlich viele Menschen waren und sind uns dafür dankbar.
Überflüssig waren sämtliche Eingaben an die Kultusministerien. Ich habe manches auch nur um der verwertbaren Antworten willen geschrieben. Zuerst dachte ich in meiner Naivität, Politiker würden in einer solchen Sache ihrer Einsicht folgen. Aber Politiker sind Parteipolitiker, sie folgen der Parteilinie und fühlen sich nur im Rudel stark, dem sie alles verdanken. Zivilcourage darf man bei ihnen nicht suchen. Doch, es gab Ausnahmen, aber sie wurden umgehend kaltgestellt, nachdem sie sich gegen die Parteilinie gesperrt hatten. Und die Rechtschreibreform gehörte bei allen Parteien zur offiziellen Linie, außer bei der FDP, die das Thema verschenkte.

Ich bin nicht enttäuscht, außer über die Stumpfheit und Feigheit der Fachkollegen.


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