04.02.2007


Anfrage an den Schweizer Bundesrat

„Der Rat für Rechtschreibung hat die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt.“

Am 20. 12. 2006 hat Filippo Leutenegger, CEO der Jean Frey AG und Gründungsmitglied der SOK, im Schweizer Nationalrat eine Anfrage zur Neuen deutschen Rechtschreibung eingereicht, die Antwort steht noch aus. Hier der Wortlaut:

Am 17. Dezember 2004 hat der Nationalrat das Postulat Riklin (04.3462 vom 27.9.2004) angenommen. Kernaussage des Postulats und der zustimmenden Stellungnahme des Bundesrats war, dass die neue Rechtschreibung nicht konsensfähig sei, dass ein Auseinanderdriften von Schule und Praxis drohe und dass das neue Regelwerk überarbeitet werden solle, namentlich im Bereich der Zusammen- und Getrenntschreibung.
Unterdessen hat der "Rat für Rechtsschreibung" mit dem dritten amtlichen Regelwerk seine Überarbeitung vorgelegt. Es soll an unseren Schulen mit Hilfe einer EDK-Handreichung und dem neuen Schweizer Schülerduden umgesetzt werden. Die drei Werke haben bereits schwere Kritik erfahren (z.B. Weltwoche vom 23. November und vom 14. Dezember).
Der Rat für Rechtschreibung hat die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt. Gründe:
1. Im Rat haben die an der Reform interessierten Kreise die Mehrheit. Es war unmöglich, die Fehler der Reform einfach zu beseitigen. In vielen Fällen blieben sie als angebliche Variante erhalten (der wohl bekannte Schriftsteller soll gleichviel bedeuten wie der wohlbekannte).
2. Der Rat hat auf Druck der deutschen Kultusminister seine Arbeit vorzeitig abgebrochen und Bereiche nicht überarbeitet, in die durch die Reform ebenso gewalttätig eingegriffen wurde wie bei der Zusammen- und Getrenntschreibung: es geht z.B. um die Gross- und Kleinschreibung (im Nachhinein) und das so genannte Stammprinzip (gräulich).
Fragen:
1. Stimmt der Bundesrat der Feststellung zu, dass entgegen seinem erklärten Ziel die Bedeutungsdifferenzierung durch Zusammen- und Getrenntschreibung auch mit dem dritten amtlichen Regelwerk nur ungenügend möglich ist?
2. Stimmt der Bundesrat der Feststellung zu, dass angesichts der zahlreichen Hausorthographien, die zum Teil von der amtlichen Rechtschreibung abweichen, eine konsensfähige Rechtschreibung auch jetzt nicht erreicht ist?
3. Der vom Bundesrat verlangten Bedeutungsdifferenzierung durch Zusammen- und Getrenntschreibung kommt man näher, wenn unter den vielen Varianten die herkömmliche gewählt wird. Wurde die Bundeskanzlei gemäss Empfehlung der Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK) auf den minimalen Grundsatz "Bei Varianten die herkömmliche" verpflichtet?
4. Stimmt der Bundesrat der Feststellung zu, dass es nicht Aufgabe des Staates ist, über die Schulen die Rechtschreibung und den Sprachgebrauch zu verändern?
5. Wird der Bundesrat darauf hinwirken, dass der Rat für Rechtschreibung in neuer Zusammensetzung das ganze Regelwerk überarbeitet?
6. Wird der Bundesrat darauf hinwirken, dass an den Schulen Bücher in herkömmlicher Rechtschreibung wieder zugelassen werden - auch aus Kostengründen?
7. Wird der Bundesrat eine Konferenz der an der Reform beteiligten Staaten einberufen, auf der die Einheitlichkeit und Sprachrichtigkeit der Rechtschreibung wiederhergestellt wird?



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