zurück zur Startseite Schrift & Rede, Forschungsgruppe dt. Sprache    FDS - In eigener Sache
Unter den Diskussionsthemen nach
           
Im Forum nach

Diskussionsforum

Zurück zum Forenbereich
»Übrigens ...«


Beiträge zum Thema

»Historische Reformen der deutschen Orthographie?«

Älteste Beiträge zuoberst anzeigen | nach unten


Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 16.04.2009 um 13.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=188#4871


Ein großartiger Text. Es gibt von Grillparzer auch noch folgendes Epigramm, ebenfalls von 1856:

Neue Rechtschreibung

Des Schreibens Regel nehmt, der Neuzeit zum Affront,
Aus einer Zeit, die schreiben nicht gekonnt.
nach oben

Heinz Erich Stiene
Frechen

Dieser Beitrag wurde am 16.04.2009 um 11.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=188#4870


Neue Rechtschreibung.

Man will eine neue Rechtschreibung in den Schulen einführen. Ich bitte die Behörden, es zu unterlassen.
Man muß Neuerungen überhaupt nur einführen, wenn sie notwendig oder von wesentlichem Nutzen sind, sonst hat das Bestehende die Vorrechte des Natürlichen.
Der Prüfstein alles Neuen ist die Zeit. Erst wenn ein Menschenalter vorübergegangen ist und trotz alles Wechsels der Ansichten das Neue sich erhalten hat, weiß man, daß man eine Verbesserung gemacht und nicht einer Mode gehuldigt hat.
Nirgends ist die Vorsicht gegen Neuerungen so notwendig als in Deutschland, wo man alle zehn Jahre literarische Absurditäten in Gang setzt, über die man zehn Jahre später wieder lacht.
Die Sprachen werden durch den Gebrauch und die großen Schriftsteller gemacht. Wie unsere Altvorderen gesprochen und geschrieben haben, ist uns höchst gleichgültig, denn sie waren albern, und wir wollen uns bemühen, gescheit zu sein.
An dem Materiellen einer Sprache ist nichts stoßweise zu ändern, wenn sie einmal eine klassische Literatur hat. Leider veralten auch die großen Schriftsteller, es wäre aber Frevel, beizutragen, daß sie vor der Zeit veralten.
Was für jedermann gilt, gilt vor allen für die Schule. Sie hat nichts vorzutragen, als was sich durch längere Geltung als gut und richtig bewährt hat.
Bei literarischen Schulen mag einige Ausnahme gelten, obwohl wir auch da die traurigsten Beispiele in Deutschland gesehen haben. In Zeit von fünfzig Jahren sind vier philosophische Systeme vergöttert und verlacht worden. Aber die Zöglinge der höhern Schulen bleiben auch später in einigem Verhältnis zur Literatur. Sie mögen sich die Kleider ihrer Jugend ändern lassen, wenn man statt der langen Taille wieder eine kurze trägt.
Die Schüler der deutschen Schule aber lernen, was man ihnen beibringt, für ihr ganzes Leben. Es wäre traurig, wenn ein Bekenner der neuen Orthographie in einer Schreibstube nicht angenommen oder nach zehn Jahren wieder entlassen würde, weil er nicht deutsch schreiben kann.
Man beherzige dies und überlasse die urhochdeutschen Bestrebungen den Phantasten und Pedanten. Es gibt in Deutschland nämlich auch Pedanten des Neuen und, was fast überall unerhört ist: phantastische Pedanten.

Franz Grillparzer, 1856.
Betrüblich nur, daß seine Einlassungen in der mir vorliegenden Ausgabe ganz gewiß in einer anderen als in der von ihm gebrauchten Orthographie gedruckt sind.
nach oben

Jan-Martin Wagner
Halle (Saale)

Dieser Beitrag wurde am 14.03.2009 um 23.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=188#4737


Auszug aus einem Artikel aus dem EXTRA-Lexikon der WIener Zeitung (14. März 2009):

Kaiser Maximilian I., geboren am 22. März 1459 in Wiener Neustadt, gestorben am 12. Jänner 1519 in Wels, römisch-deutscher König seit 1486, ab 1508 mit Zustimmung von Papst Julius II. Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (ohne jedoch gekrönt worden zu sein), ist so ein Fall: ein höchst gebildeter Mann, Kunst und Wissenschaft innig zugetan.

Maximilian war es übrigens auch, der erstmals etwas in Gang brachte, was man heute wohl als Rechtschreibreform bezeichnen würde. Bis zu seiner Regentschaft wurde nämlich gemäß der Aussprache geschrieben – und damit regional, ja sogar individuell unterschiedlich. Maximilian vereinheitlichte an seinem Hof die Schreibweise der deutschen Sprache und erzielte durch diese Vorbildwirkung eine Schreibnorm, die sich als "Gemeines Deutsch" weitgehend durchgesetzt hat.

Maximilian selbst macht Gebrauch von diesem Gemeinen Deutsch, indem er dichtet. 1517 erscheint sein "Theuerdank", eine Rittergeschichte in Versen. Der Druck erfolgt in Lettern, die Vinzenz Rockner eigens entwirft. Sie sind dem Stil der kaiserlichen Schreibkanzlei nachgebildet. Die Schrift bekommt den offziellen Namen Theuerdank. Sie ist die Vorstufe der Frakturschrift. Schriftbild und Illustrationen des "Theuerdank" bilden eine so vollendete Einheit, dass dieses Buch bis heute zu den größten Meisterwerken der Buchdruckerkunst gilt.
nach oben

Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 13.06.2008 um 23.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=188#3479


Gemeint sind wohl die betreffenden Vorstellungen ihres Schwagers Joseph von Laßberg, die sie an anderer Stelle eine »seltsame Orthographie« nannte.
nach oben

Heinz Erich Stiene
Frechen

Dieser Beitrag wurde am 13.06.2008 um 14.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=188#3476


Im Herbst 1834 hat Annette von Droste-Hülshoff zwei Manuskripte aus der Hand gegeben, die sie gerne gedruckt sehen möchte. Am 29. Oktober 1834 äußert sie sich dazu in einem Brief und spricht dabei von alter und neuer Orthographie. Was hat sie damals gemeint? Wer im Forum kann hierüber Auskunft geben?

„Ich bin noch nicht im Reinen bei mir, wegen der alten und neuen ORTHOGRAPHIE, und habe sie hier schändlich durcheinander geworfen, in vielen Worten das h bald ausgelassen bald gebraucht, eben so mit den großen Anfangsbuchstaben bey manchen zweifelhaften Gelegenheiten, – wäre ich nicht so übereilig gewesen, so hätte ich mich doch zu irgend einer Regel gehalten – die INTERPUNCTION hingegen hätte ich nicht besser machen können, weil ich Nichts davon verstehe, z.b. niemals weder : noch ; brauche, weil ich ihren Gebrauch nicht kenne, ich hoffe der gute Laßberg ist so freundlich und hilft auch hierin etwas nach, oder der Docktor Schwab thut es, denn so gedruckt werden kann es nicht, und wenn sich ... ein Verleger für das Ganze finden sollte, muß ich erst noch irgend einen Professor, sive MAGISTERKEN, da hinter her kriegen“.
nach oben


Zurück zur Themenübersicht | nach oben


© 2004–2018: Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V.

Vorstand: Reinhard Markner, Walter Lachenmann, Jan-Martin Wagner
Mitglieder des Beirats: Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor Ickler, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.

Webhosting: ALL-INKL.COM