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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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12.09.2008
 

blau machen
Seltsamer Eintrag im Grimmschen Wörterbuch

„VERBLEUEN, verb. blau machen, besonders durch schlagen, zum einfachen bleuen, s. theil 1, 111;
ahd. farpliuuan, obtundere STEINMEYER - SIEVERS 1, 222; ob mhd. verbliuwen LEXER 3, 78 hierher zu stellen, ist wegen der abweichenden bedeutung (verschweigen, unterschlagen) zweifelhaft: es ist kein wunder, dasz die prediger auf der cantzeln uber die bösz welt schreien und die feust auf dem pulpret so verpleien. FISCHART Garg. (1590) 94 (1617 verblewen). mundartlich noch erhalten, z. b. SALLMANN 70.“



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Kommentare zu »blau machen«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.04.2013 um 07.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1045#22935

Die geologischen, archäologischen, historischen und botanischen Hinweistafeln auf dem Walberla sind in Reformschreibung gehalten, was dem sonst recht informativen Inhalt nicht gut bekommt.

Sie wissen nicht, was das Walberla ist? Schnell mal nachsehen:
de.wikipedia.org/wiki/Ehrenbürg

Der Berg ist von Forchheim aus (das Sie auch besichtigen müssen, phantastisch – auch wenn die Forchheimer hier in Erlangen als Verkehrsrowdies gelten) leicht zu erreichen. Die Alpen sind natürlich erhabener, aber die Ehrenbürg ist mir noch lieber. Es herrscht dort eine ganz eigenartige Stimmung. Man erwartet gewissermaßen nicht dort oben diese sattelförmige Hochfläche, auf der schon vor 6000 Jahren Menschen siedelten. Steigen Sie aber nicht zum Walberla-Fest hinauf, sondern an einem gewöhnlichen Wochentag! Es wird einer Ihrer Sehnsuchtsorte werden, gleich nach Ayer's Rock und Fuji.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 03.04.2012 um 19.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1045#20344

Eine derart umfangreiche Buchproduktion, noch dazu in verschiedenen Fachgebieten, ist durchaus verdächtig (Ein Jurist, der mal eben ein Gotisch-Wörterbuch und ein umfassendes Verzeichnis altdeutscher Schriften verfaßt?) Ich kenne nur Köblers "Historisches Lexikon der deutschen Länder". Das wirkt in der Tat hastig zusammengeschustert, wie der Autor auch in seinem (etwas geschwätzigen) Vorwort einräumt, er spricht von einem "Ritt über den Bodensee". Viele Angaben wirken sehr zufällig (über Lindau: "Die Stadt galt schon um 1240 als wohlhabend", über Danzig: "Der deutsche Name entstand aus der hypokoristischen Form Danczk"); offenbar wurden die Quellen verwurstet, wie sie gerade zur Hand waren. Die verschiedenen Artikel sind dementsprechend inkonsistent, viele Flächenangaben werden in Quadratmeilen gemacht, ohne daß eine Umrechnungsmöglichkeit gegeben würde. Widersprüchliche Daten der Quellen werden einfach mit einem "bzw." nebeneinandergesetzt ("0,5 bzw. 0,7 Quadratmeilen"). Zudem werden kräftig Zeilen geschunden, indem immergleiche Versatzstücke eingebaut werden: bei den ganzen wettinischen Sachsen-irgendwas-Herzogtümern plus Reuß plus Schwarzburg wird noch schnell die Geschichte des Freistaates Thüringen angehängt, anstatt einfach auf dieses Stichwort zu verweisen. Zu den deutschen Ländern werden mit ausführlichen Beiträgen auch Schweden, Polen, Ungarn, Jugoslawien(!), Italien, Spanien usw. gereiht. Wohl weniger aus deutschtümelnder Gesinnung heraus, der Autor konnte vielmehr wohl kaum an sich halten, gleich eine gesamteuropäische Territorialgeschichte zu schreiben. Meine Einschätzung: ein äußerst eifriger Kompilator, der aber nach dem Prinzip "Masse statt Klasse" arbeitet.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 02.04.2012 um 12.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1045#20338

Wer ist Gerhard Köbler?

Vor kurzem bin ich auf den Innsbrucker Juristen Gerhard Köbler gestoßen, der in jahrzehntelanger Fleißarbeit nebenbei alle möglichen Wörterbücher geschrieben und diese großenteils zur freien Verfügung ins Netz gestellt hat.

www.koeblergerhard.de/publikat.html

Ich nutze sein Altgriechisches Herkunftswörterbuch (482 Seiten, 2007) und finde es für meine Zwecke geeignet. Was ist denn von dieser ungeheuren Wörterbuchproduktion zu halten? Welchen Ruf hat dieser Mann in der Germanistik?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.05.2009 um 09.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1045#14485

In dem Büchlein von Wolfgang Seidel steht auch Pars pro Toto, wie die Reform es befiehlt, und dabei fällt mir wieder ein, daß der Reformduden von 1996 noch die herkömmliche Kleinschreibung hatte. Erst ab 2000 steht die unsinnige Großschreibung im Duden. Aber die Reformfanatiker von Wikipedia haben es bis heute nicht gemerkt, schreiben auch die Umkehrung Totum pro parte sinnvollerweise "falsch". (Aber wenn sie dies lesen sollten, werden sie sich beeilen, es an Ergebenheit gegenüber den deutschen Kultusministern nicht fehlen zu lassen. Mal sehen ...)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.05.2009 um 10.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1045#14478

Ich nutze die Gelegenheit, auf eine besonders gehenswerte "Treppenstraße" hinzuweisen, vielleicht die anstrengendste der Welt: Sie führt auf den heiligen Berg Taishan in Shandong. Das Internet bietet heute erschöpfende Auskunft. Als ich oben war (Herbst 1986), sah man nichts von Touristenmassen, der Gipfel war in kalte Wolken gehüllt, nach herbstlich-buntem Aufstieg im Sonnenschein; die riesigen Schrifttafeln und andere Kunstwerke zeigten – wie fast alles Alte in China – die Spuren der Zerstörung durch die "Kulturrevolution". Unvergeßlicher Eindruck, eigentlich stärker als die Große Mauer.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 21.05.2009 um 08.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1045#14477

Als Essener bin ich in dem festen Glauben aufgewachsen, daß (Die Einkaufsstadt) Essen die erste Fußgängerzone eingerichtet habe. Wikipedia behauptet nun, diese sei nur ein "Vorläufer" gewesen, die erste "offizielle" Fußgängerzone sei in Kassel geschaffen worden. Was damit gemeint sein könnte, bleibt mir schleierhaft.
Wenn man Treppenstraßen mit einbezieht, wird man "Fußgängerzonen" bis ins Mittelalter, ja bis in die Antike zurückverfolgen können.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.05.2009 um 06.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1045#14476

Unter "Fußgängerzone" (das in andere Sprachen lehnübersetzt wurde) findet man die Angabe, daß die Holstenstraße in Kiel die erste Fußgängerzone der Welt gewesen sei. Das ist sicher nicht richtig. Wikipedia nennt Kassels "Treppenstraße" als erste offizielle deutsche Fußgängerzone. Nun, die bin ich wohl tausendmal gegangen und kann versichern, daß man sie allenfalls mit dem Mountainbike befahren könnte, und das gab es 1953 noch nicht. Unter anderem Namen gab es schon lange Treppenstraßen in der Welt, die naturgemäß auch Fußgängerzonen waren.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 20.05.2009 um 18.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1045#14474

Seidel schreibt: "Pleuelstange, verbläuen - Blewwa = schlagen, mit einem Prügel verhauen"

Gibt es dazu weiter nichts zu sagen?

Wenn man das Märchen von "verbleuen", das angeblich zu "verbläuen" wird, schluckt, dann gibt es dazu tatsächlich weiter nichts zu sagen. Und wen interessiert in Zeiten des rapiden Bildungsverfalls schon, daß eine Pleuelstange eigentlich nicht der körperlichen Züchtigung dient(e). Und wo wir heute alle eine Waschmaschine haben, ist auch uninteressant geworden, daß der Pleuel ursprünglich ein Werkzeug zum Waschen der Wäsche am Fluß war. (Ich glaube allerdings nicht, daß die Frauen gesagt haben: "Komm, Mathilde, wir gehen unsere Wäsche am Fluß verhauen!")

Aber so ist das eben, wenn ein vermeintlicher Fachmann und der erfundene Laie sich gemeinsam einen tollen patschigen Reim auf dies und das machen...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.05.2009 um 17.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1045#14473

Aus neun Büchern ein zehntes zu machen ist keine große Kunst, aber wenn es der Volksbildung dient ...

Wolfgang Seidel: Die alte Schachtel ist nicht aus Pappe. Was hinter unseren Wörtern steckt. dtv 2007.

(Vorher schon vom selben Verfasser: Woher kommt das schwarze Schaf?)

Eine erstaunliche Menge von sehr ähnlichen Taschenbüchern verkauft sich seit einigen Jahren sehr gut. Dies ist ganz nett gemacht.

Seidel schreibt: "Pleuelstange, verbläuen - Blewwa = schlagen, mit einem Prügel verhauen"

Gibt es dazu weiter nichts zu sagen?

Der Pumpernickel wird auf einen Bäcker Nikolaus Pumper zurückgeführt, der eigens zu diesem Zwecke erfunden wurde. Die fast unumstrittene wirkliche Herkunft ergibt sich aus "pumpern" = pupen, furzen.

Die Transkription "Tien tsi" für den chinesischen Sohn des Himmels (= Kaiser) ist ganz veraltet.

"Der Baron de la Brède et de Montesquieu pflegte nicht wie die meisten seiner adeligen Standesgenossen, seine Zeit am Hof des Sonnenkönigs zu verbringen."

Dieses überzählige Komma nach dem Halbmodalverb "pflegen" ist wohl auch eine Folge der allgemeinen Verunsicherung.
 
 

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