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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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05.02.2010
 

Wer muß und wer darf
Sprachliche Taschenspielerei

»Aus dem Schulalltag
Letzte Schonfrist für Rechtschreibfehler vorbei.
Mit dem Schuljahresbeginn am 20. August 2007 gelten die Regelungen der Rechtschreibreform verbindlich in allen Schulen. Die Übergangsfrist, in der sowohl alte als auch neue Schreibweisen zulässig waren bzw. nicht als Fehler gewertet wurden, ist seit dem 1. August 2007 vorbei. Das bedeutet, dass alle rund 655.000 hessischen Schülerinnen und Schüler ausnahmslos die neue Rechtschreibung anwenden müssen. Während man als Privatperson nicht gezwungen werden kann, in korrekter Schreibweise zu formulieren, sind die neuen Regelungen für Behörden und Schulen hingegen vorgeschrieben. Zu den bekanntesten Änderungen zählt die Regel, dass nach kurzem Vokal das „ß“ durch „ss“ ersetzt wird („muss“ statt „muß“). Geändert wurden auch Zeichensetzungsvorgaben sowie Zusammen- und Getrennt- oder Groß- und Kleinschreibung. In einigen Fällen ist jedoch eine Auswahl vorgesehen, beispielsweise bei Fremdwörtern: So darf z.B. auf einem neuen Erdkundebuch entweder „Geographie“ oder „Geografie“ stehen. Teilweise erinnern einige Schreibweisen an die alte Rechtschreibung vor 1996: Jetzt dürfen Schülerinnen und Schüler nämlich auch wieder „recht haben“. Alle neuen Regeln und ein Wörterverzeichnis finden Sie unter http://www.ids-mannheim.de/reform/.«

(www.medienzentrum-main-taunus.de/NL35/Meldungen35.pdf)

Man beachte den Trick, die nichtreformierte Schreibweise umstandslos als "nicht korrekt" zu bezeichnen. Dabei ist der Maßstab der Korrektheit ja auf die Schule beschränkt.



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Kommentare zu »Wer muß und wer darf«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.12.2019 um 10.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1275#42593

Selbst wenn man über das Rechtschreiburteil des Bundesverfassungsgerichts ("nur für Schulen") hinausgeht und den Reformern folgt ("nur für Schulen und Behörden", so etwa in der Dresdner Erklärung der Kultusminister von 1996 als Antwort auf die Frankfurter Erklärung), fragt sich doch, ob studentische Qualifikationsarbeiten in Reformschreibung abgefaßt sein müssen. Leider hat bisher niemand geklagt und eine gerichtliche Klarstellung erzwungen. Die Professoren nutzen hier schonungslos aus, daß sie am längeren Hebel sitzen. Sie buckeln nach oben und treten nach unten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.12.2019 um 07.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1275#42591

Mit der Freiheit, außerhalb der Schule auch die herkömmliche Rechtschreibung zu benutzen, ist es nicht weit her:

Seminar- und Abschlussarbeiten, Thesenpapiere (Handouts) und Protokolle am Institut für Romanistik können sowohl in der Sprache des jeweils studierten Faches (Französisch, Italienisch, Spanisch) als auch auf Deutsch (in neuer deutscher Rechtschreibung und Zeichensetzung) abgefasst werden. Die Wahl der Sprache hat keinen Einfluss auf die Bewertung. (Universität Erlangen, Institut für Romanistik 2010)

So machen es alle, und sie sitzen am längeren Hebel. Welcher Student wird sein Fortkommen gefährden?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.03.2016 um 16.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1275#31837

Einer der es bis ganz nach oben geschafft hat, ist der Industriepräsident und Unternehmenschef Ulrich Grillo. Wie hält er es mit der Rechtschreibung?

"Das einzige Problem ist die alte und neue Rechtschreibung. Also ich bin konservativ, ich schreibe das Du immer noch groß und das Sie immer noch groß, das ist zwar alles old-fashioned, aber ich mache es trotzdem."
Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbands der Industrie
(br.de 2.3.16)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.02.2016 um 07.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1275#31565

Abgesehen davon, dass meines Wissens die Regeln der Rechtschreibreform verbindlich sind, es also „muss“ heißen müßte, Verzeihung: müsste, ... (so kritisiert die Main-Post einen Leserbrief, 5.2.16)

Der Verfasser meint also wirklich, die Kultusminister könnten allen Bürgern die Rechtschreibung vorschreiben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.06.2015 um 09.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1275#29302

Ein unerfreuliches Kapitel sind die Anleitungen für Sekretärinnen. Zwar kann, wie die Reformer versicherten, außerhalb der Schule jeder schreiben, wie er will, aber die Ratgeberliteratur hat von Anfang an nur die Reformschreibung gelten lassen. Schreibkräfte, die noch "daß" schrieben, wurden als zurückgeblieben verhöhnt. Damit könne man im Geschäftsleben keinen Blumentopf gewinnen. Die Revisionen wurden dann auch jeweils als letztgültige Wahrheiten weitergegeben.
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 27.12.2011 um 10.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1275#19780

Laut wikipedia käme vielleicht "Unlauterer Wettbewerb" in Frage, insbesondere der Punkt "Irreführung".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.12.2011 um 11.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1275#19772

Es könnte ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz vorliegen, oder?
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 23.12.2011 um 11.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1275#19771

Man könnte hier eine Abmahnung schreiben, und vermutlich wäre das sogar rechtens.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.12.2011 um 17.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1275#19769

Buchtitel wie "Deutsche Rechtschreibung aktuell: Die neuesten Änderungen nach der Rechtschreibreform. Verbindlich für Schule, Studium und Beruf" (von Angela Sendlinger/Astrid Kaufmann) grenzen eigentlich an Betrug.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.04.2011 um 16.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1275#18451

Korbach, 7.4.2011:
»Im Rahmen des Projekts TOPAS (Top-Ausbildungsstelle) konnten Ausbilder und Betriebsinhaber der an dem Projekt beteiligten Betriebe an einem Seminar über die neue deutsche Rechtschreibung im Korbacher Berufsbildungszentrum teilnehmen.

„Am 1. August 2007 sind die amtlichen Regelungen der deutschen Rechtschreibung in der reformierten Version final verbindlich geworden“, erklärte Tanja Seidler-Seraphin, die bei der Kreishandwerkerschaft Waldeck-Frankenberg das TOPAS-Projektbüro leitet.(...) „Auch ich persönlich stelle im täglichen Schriftverkehr immer wieder fest, dass viele Leute das „dass“ grundsätzlich noch mit „ß“ schreiben. Das ist natürlich nicht korrekt und unzeitgemäß. Mittlerweile gibt es auch keine Ausreden mehr. Chefs, Ausbilder und Mitarbeiter sollten die neuen Regel beherrschen“, meinte Tanja Seidler-Seraphin. Denn Rechtschreibfehler seien immer unpassend. Egal ob in Geschäftsbriefen, Broschüren, Artikeln, E-Mails oder auf der eigenen Homepage.«
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.03.2010 um 11.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1275#15813

Etwas Ähnliches müssen die Reformer geahnt haben, als wir – ohne Vorwurf – feststellten, daß die Reform, vor allem in der ursprünglich geplanten Gestalt, weitgehend mit der Rustschen übereinstimmte. Hätte sich aus dieser sachlichen und leicht überprüfbaren Feststellung in der Presse so etwas wie ein "Faschismusverdacht" breitgemacht, wäre die Reform in der Tat erledigt gewesen. Edelmütig, wie wir sind, haben wir selbst tatkräftig und erfolgreich mitgewirkt, daß eine so grobe Keule nicht in Aktion treten konnte. Die Reform sollte unserer Ansicht nach aus den richtigen Gründen scheitern. Mit der Trägheit und Staatsgläubigkeit der meisten Germanisten haben wir allerdings nicht gerechnet.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 09.03.2010 um 09.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1275#15812

Wenn erreicht werden könnte, daß Frau Knobloch vom Zentralrat der Juden in Deutschland die Rechtschreibreform öffentlich schlecht findet, würden sämtliche Politiker sofort umfallen, und die Reform wäre erledigt.
 
 

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