zurück zur Startseite Schrift & Rede, Forschungsgruppe dt. Sprache    FDS - In eigener Sache
Diskussionsforum Archiv Bücher & Aufsätze Verschiedenes Impressum      

Theodor Icklers Sprachtagebuch

Die neuesten Kommentare


Zum vorherigen / nächsten Tagebucheintrag

Zu den Kommentaren zu diesem Tagebucheintrag | einen Kommentar dazu schreiben


07.12.2013
 

Die Planeten
Wie viele sind es?

Wie wir alle gelernt haben, gibt es seit einiger Zeit nur noch 8 Planeten. Bei Wikipedia ist gut dargestellt, wie und warum Pluto degradiert wurde. Interessant ist, daß dies Gegenstand einer Abstimmung war.
Natürlich ging es nicht darum, eine Reihe von Gegenständen abzuzählen und dann per Abstimmung zu entscheiden, ob es 8 oder 9 sind. Vielmehr ging es um die in gewissem Maße willkürliche (aber nicht sinnlose) Definition des Begriffs "Planet". Man kann dort auch ein Foto von der Schlußabstimmung im halbleeren Saal sehen.

Damit werden hübsche Merksprüche gegenstandslos. Ich habe solche Sprüche immer gern gesammelt, für die Handwurzelknochen, die Hirnnerven (auch auf englisch sehr nett!), lateinische Grammatik ...

Frege hat sich bekanntlich mit dem Morgen- und Abendstern herumgeschlagen, ich habe das schon mal erwähnt. In einer naturalistischen Semiotik kommt die bei Frege mit anderen Worten vorgeprägte Unterscheidung von Intension und Extension nicht vor. Damals glaubte man noch, die Ausdrücke "die Zahl der Planeten" und "neun" hätten dieselbe Extension (nämlich die Zahl 9) und verschiedene Intension. Damit sollte das Problem gelöst werden, daß "Nenne die Zahl der Planeten!" nicht dasselbe bedeutet wie "Sag mal 'neun'!". Man braucht aber bloß umzuformen: "Sag, wie viele Planeten es gibt!", um die Sinnlosigkeit dieses Unternehmens einzusehen. Das Abzählen der Planeten ist etwas anderes als das Aufzählen der Kardinalzahlenfolge, das sollte man auch sprachlich auseinanderhalten.

Naturalistisch gesehen, "beziehen" sich Zeichen auf nichts, denotieren nicht, referieren nicht. Das muß man erst mal entmystifizieren, dann verschwinden diese Ladenhüter der Philosophie.



Diesen Beitrag drucken.

Kommentare zu »Die Planeten«
Kommentar schreiben | älteste Kommentare zuoberst anzeigen | nach oben

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 14.12.2023 um 12.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#52404

Dieser Tage wird wieder überall über die Geminiden berichtet. Wahre Sternschnuppenregen und -schauer sollen sich über die Erde ergießen. Dabei dauert es auf dem Höhepunkt des "Regens" im Schnitt schon eine halbe Minute bis zur nächsten Schnuppe, und da sind auch die schon mitgezählt, die man mit bloßem Auge kaum erkennen kann, bzw. für die der Himmel wirklich ganz klar sein muß.

Bei astronomischen Ereignissen wird ja oft stark übertrieben. Besonders bei Kometen. Ich habe schon einige gesehen, u. a. den berühmten Halleyschen, aber so ein richtig schrecklich großer war noch nie dabei. Alle waren so unscheinbar, daß man es schon wissen und sie eine Weile suchen mußte.

Den Stern von Bethlehem habe ich mir als Kind immer riesig vorgestellt, etwa wie auf den alten religiösen Zeichnungen. Aber das war wohl genauso eine Übertreibung, denn heute heißt es, es war vielleicht nur eine etwas auffälligere Planetenkonjunktion.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.10.2023 um 07.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51976

Bei weitem nicht so selten wie Sonnenfinsternisse sind Haloerscheinungen, aber was wir gestern hier gesehen haben (auf der Marloffsteiner Höhe, gerade über dem Haus der Schauspielerin Elke Sommer), war in seiner Farbenpracht und Vollständigkeit schon etwas Besonderes. Zur Erklärung:
https://www.youtube.com/watch?v=GiKalD_2SNo (Sphärenmusik kann man stummschalten)
https://de.wikipedia.org/wiki/Halo_(Lichteffekt)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 16.10.2023 um 00.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51963

Erstere kann man ja als Finsternis mit einem Feuerkranz deuten, aber bei der ringförmigen Finsternis scheitert jeder Rettungsversuch.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 16.10.2023 um 00.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51962

In den Nachrichten des BR wurde vor ein oder zwei Tagen die "Feuerkranzfinsternis" erwähnt, das sei eine Sonnenfinsternis, bei der nur der Sonnenrand sichtbar bliebe. Na ja, das klingt schließlich auch viel spektakulärer als "ringförmige Sonnenfinsternis", wie heute von der Tagesschau gemeldet.

Dabei fällt mir auf, daß aber auch der übliche Ausdruck eigentlich ziemlich seltsam ist. Denn ringförmig ist ja nicht die Finsternis, also der finstere Teil des Bildes, sondern gerade im Gegenteil der unbedeckte, helle Sonnenrand.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.10.2023 um 04.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51953

Begriffsumfang ist die „Gesamtheit der einem Begriff auf derselben Hierarchiestufe untergeordneten Begriffe“, Begriffsinhalt ist die Gesamtheit aller Merkmale eines Begriffs. Der Begriffsumfang vom Begriff Fahrzeug beispielsweise besteht aus den Unterbegriffen Landfahrzeug, Wasserfahrzeug, Luftfahrzeug und Raumfahrzeug. Der Begriffsinhalt des Luftfahrzeuges umfasst dessen Merkmale, innerhalb der Erdatmosphäre zu fliegen oder zu fahren (Ballonfahren). Hierdurch grenzt sich das Luftfahrzeug vom Raumfahrzeug ab, das im Weltraum unterwegs ist. Der Begriffsumfang wird umso kleiner, je größer der Begriffsinhalt ist. (nach Wikipedia „Intension und Extension“)

Je mehr Merkmale ich hinzufüge, desto mehr werden es, das ist trivial. Anders dagegen Wikipedia unter „Begriffslogik“:

Der Umfang eines Begriffs, seine Extension, wird im Allgemeinen als die Gesamtheit der Dinge betrachtet, die unter den Begriff fallen – so ist der Umfang des Begriffs „Mensch“ die Gesamtheit aller Menschen.

Je weiter man den Begriff einschränkt, desto weniger Gegenstände fallen unter ihn. Daß es mehr Ballons als Heißluftballons gibt, ist eine kontingente Tatsache dieser Welt, nichts Logisches. Extension ist für die Sprache irrelevant und gehört nicht in die Semantik, mögen die Logiker damit machen, was sie wollen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.10.2023 um 04.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51927

Hintergrund ist die Verhaltensanalyse. Der Zusamamenhang mit der "konditionalen Konditionierung" ist hier dargestellt:
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1647#38498
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 11.10.2023 um 00.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51926

Das etwas Ungewöhnliche an dieser konditionalen Sicht auf die Bezeichnung des Subjekts ist, daß man normalerweise von der Bedingung ausgeht und dann das dazu passende Subjekt sucht. Hier aber ist es umgekehrt, wir haben zuerst das Subjekt und konstruieren dazu sozusagen eine "Bedingung", die es auf jeden Fall erfüllt.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 10.10.2023 um 19.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51925

Also nicht der Gegenstand hat diesen konditionalen Charakter, das war mein Mißverständnis, sondern ggf. sein entsprechend motivierter Name, und der Gegenstand muß die im Namen enthaltene Bedingung erfüllen. Danke!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.10.2023 um 18.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51924

Nach Kant ist "7 + 5" nicht einfach der Name einer Zahl (wie "12"), sondern man muß was tun, nämlich die Addition durchführen. Ich verstehe hier "Morgenstern" nicht als unmotivierten Namen wie "Venus", sondern als den hellsten Himmelskörper außer dem Mond, der zu bestimmten Zeiten vor dem Sonnenaufgang im Osten zu sehen ist. Also die Venus, "wenn" sie am Morgenhimmel erscheint... Sie muß die Bedingungen erfüllen, die in der Bezeichnung gerade eben noch angedeutet werden.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 10.10.2023 um 17.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51923

Die "konditionalen Gefüge" leuchten mir nicht ein. Was ist das? Wie sollten denn die Wenn-Sätze weitergehen? Und was, wenn man die Linie nicht zieht oder den Stern nicht sucht, gibt es sie dann nicht?
Ich denke, man kann diese Dinge wohl in konditionalen Ausdrücken verwenden, aber sie haben von sich aus noch nichts Konditionales an sich.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.10.2023 um 08.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51921

Seitenhalbierende oder Schnittpunkt der Seitenhalbierenden sind so wenig Eigennamen wie Morgenstern; beides sind Kennzeichnungen, im Fall der Geometrie handelt es sich um (suspendierte) Konstruktionsanweisungen, in der Astronomie um (suspendierte) Suchanweisungen. In beiden Fällen muß man etwas tun. Die Ersetzung durch Symbole wie a und b verdunkelt das.
(Von „Suspendierung“ spreche ich, um die Ausdrücke von aktuellen Anweisungen zu unterscheiden. Man kann sie als konditionale Gefüge auffassen: „Wenn man diese Verbindungslinien zieht...“, „Wenn man am Morgenhimmel den hellsten Stern aufsucht...“)

"Aus dem Zusammenhange geht hervor, daß ich hier unter „Zeichen“ und „Namen“ irgendeine Bezeichnung verstanden habe, die einen Eigennamen vertritt, deren Bedeutung also ein bestimmter Gegenstand ist (dies Wort im weitesten Umfange genommen), aber kein Begriff und keine Beziehung, auf die in einem anderen Aufsatze näher eingegangen werden soll. Die Bezeichnung eines einzelnen Gegenstandes kann auch aus mehreren Worten oder sonstigen Zeichen bestehen. Der Kürze wegen mag jede solche Bezeichnung Eigenname genannt werden." (Gottlob Frege: „Über Sinn und Bedeutung“. Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, NF 100/1892:25–50, S. 27)

Das ist eben falsch. Eigennamen sind willkürlich wählbar und grundsätzlich nicht durchsichtig. Eigennamen sind ebenso wie Personalpronomina verkappte Suchanweisungen im Bestandssystem. Sie haben zwar keine (relevante) deskriptive Bedeutung1, beziehen sich aber auf eine „Adresse“, unter der man den Träger finden kann.

Er glaubt, daß Blaubeeren gesund sind vs. daß Heidelbeeren gesund sind.

Frege führt seine ungewöhnlichen Gedanken mit Wendungen ein wie Es liegt nun nahe ... So werden wir dahin gedrängt, den Wahrheitswert eines Satzes als seine Bedeutung anzuerkennen. – Diese Rhetorik ist bei einem Mathematiker befremdlich.

Auch bei Frege ist die Aufgabe mit der Lösung identisch: Der Schnittpunkt der Seitenhalbierenden a und b ist derselbe wie der von b und c, und dieser Schnittpunkt soll die Bedeutung (= Extension) der verschiedenen Ausdrücke sein. Das liegt aber gar nicht nahe.
Der Kuchen ist nicht die Bedeutung („Extension“) des Backrezepts. Beim Kuchenbacken macht sich die Wirklichkeit geltend, in der Mathematik nicht, daher ist diese synthetisch a priori, das Backen a posteriori. Das kann man entmystifizieren.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.10.2023 um 08.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51920

Intension und Extension: Der Morgenstern ist der Abendstern. Auch Engerling und Maikäfer, Kaulquappe und Frosch sind jeweils dasselbe Tier, aber man würde nicht sagen, daß die Kinder gern mit Engerlingen spielen und die Franzosen Kaulquappen essen. So könnte man sich durch die Philosophiegeschichte kalauern.
Selbst nachdem die Babylonier erkannt hatten, daß Morgen- und Abendstern identisch sind, verehrten sie weiterhin beide. Besser kennen wir dieses Phänomen von den Indern. Für sie sind Kali, Durga, Sarasvati, Lakschmi usw. Namen derselben Göttin, aber man betet trotzdem je nach Gelegenheit und Bedarf zu jeder für sich, vergleichbar den „Augenblicksgöttern“, „Bereichsgöttern“, „Funktionsgöttern“ (nach Max Müller, Hermann Usener, Thomas Oberlies), die jeweils die größten oder einzigen zu sein scheinen. (Durga und Kali ist außerdem gemeinsam, daß sie beide nicht existieren, aber das ist wieder ein anderes Problem.) Aus moderner Sicht könnte man von verschiedenen „Aspekten“ derselben Gottheit sprechen, aber solche Begriffe liegen dem Gläubigen fern. Parallelen im Christentum (Trinitätslehre) drängen sich auf. Solche Dinge vertragen keine logischen Verschärfungen, wie der jahrhundertelange Streit der Theologen zeigt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.10.2023 um 06.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51919

Wie viele Elefanten oder Einhörner es gibt und ob es überhaupt welche gibt – also die sogenannte „Extension“ des Begriffs –, spielt für die Sprache an keiner Stelle eine Rolle. Weder die Bedeutung des Wortes „Riesenbeutelmarder“ noch seine syntaktischen Eigenschaften haben etwas damit zu tun, daß das Tier für ausgestorben gehalten und kürzlich wiederentdeckt wurde. Die Kategorien der Appellativa, Deiktika, Eigennamen sind also anders darzustellen als mit der Carnapschen Unterscheidung von Intension und Extension oder deren scholastischen Vorläufern.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 10.08.2023 um 09.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51596

Der erste Null-Euro-Schein erschien am 30. März 2016. Er zeigt eine Giraffe, einen Tiger und einen Koala – allesamt Bewohner des Duisburger Zoos. Der Schein kostete damals drei Euro. Einkaufen und bezahlen kann man mit solchen Souvenirscheinen natürlich nicht.
(tegut.com)

Warum eigentlich nicht? Man könnte einen Einkauf im Wert von 10 € doch z. B. mit einem 10-€-Schein und einigen 0-€-Scheinen bezahlen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.08.2023 um 04.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51594

?
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 10.08.2023 um 01.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51592

Die Null braucht man für die Stellenschreibweise (indische Erfindung).

Eine US-amerikanische Billion ist eine europäische Milliarde. Man muß immer aufpassen, welche Billion gemeint ist.

In der französischen Schweiz und in Belgien benutzt man "otonte" (80) und "novonte" (90).
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 09.08.2023 um 21.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51591

Ich habe allerdings mal gelernt, daß man nicht vier gleiche Zeichen nebeneinander setzen darf, also z.B. nicht 9 = VIIII, sondern 9 = IX. Mit dieser subtraktiven Schreibweise werden die Rechnungen noch etwas komplizierter als auf der verlinkten Seite dargestellt. Aber offenbar wurde die subtraktive Schreibweise schon im alten Rom nicht immer benutzt.
 
 

Kommentar von A.B., verfaßt am 09.08.2023 um 20.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51590

Ohne aufwenige und genaue Rechnung wären die immensen Ingenieursleistungen der Römer nicht denkbar.
Die Null (die die Römer durchaus als nihil oder nullum kannten) ist rechnerisch ohne jeden Nutzen, oder wozu sollte die gut sein?

Einen Vorschlag, wie mit Römischen Zahlen durchaus gerechnet werden kann, findet man hier: http://arndt-bruenner.de/mathe/scripts/romcalc.htm

Viel leichter wird das Rechnen (und dazu braucht man die Null) durch das Positionssystem ("Dezimalsystem"), das durch Adam Ries in die Schulen und unters Volk kam. Vermutlich ist das mit "Erfindung der Null" gemeint.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 09.08.2023 um 20.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51589

Man kann mit römischen Zahlen schon rechnen, und das ließ sich auch gar nicht vermeiden, nur es war halt viel komplizierter. Abhängig von der Stellung konnte ein X eben +10 oder -10 bedeuten, usw. Dann konnte man alle positiven und alle negativen Zahlzeichen für sich addieren und mußte sie zum Schluß noch in geeigneter Weise ersetzen, z. B. ein L und 5 negative X streichen, vier V durch zwei X ersetzen usw. So kommt man in mehreren Schritten auch zum Ziel.

Beim Zählen im Dezimalsystem rechnet man auch, z. B. muß man zweiundsiebzig als sieben Zehnergruppen und zwei erkennen. Das ist uns schon so in Fleisch und Blut übergegangen, daß wir es gar nicht mehr bemerken. Man lernt ja nicht tausende Zahlen auswendig, sondern rechnet beim Zählen nach bestimmten Regeln oder wendet wiederkehrende Muster an.

Im Russischen gibt es besondere Unregelmäßigkeiten bei 40 und 90. Russen zählen etwa (in wörtlicher Übersetzung):
zehn, zwanzig, dreißig, sorok, fünf zehner, sechs zehner, sieben zehner, acht zehner, 90 = neun aber hundert, hundert.
Sorok soll auf einer alten Maßeinheit beruhen: einem Bündel von 40 Zobelfellen.

Von den Franzosen kennen wir ja, daß sie statt 80 sagen 4 mal 20, und 90 ist bei ihnen 4 mal 20 und 10.

Ganz eigenartig rechnen auch die Dänen beim Zählen. Da bin ich mir nicht ganz sicher, aber ich deute es in wörtlicher Übersetzung so:
10 ... 40: zehn, zwanzig, dreißig, vierzig,
50 = einen halben (zwanziger) weniger als drei zwanziger,
60 = drei zwanziger,
70 = einen halben (zwanziger) weniger als vier zwanziger,
80 = vier zwanziger,
90 = einen halben (zwanziger) weniger als fünf zwanziger
100 = hundert
Es würde mich interessieren, falls jemand besser Dänisch kann, ob das so richtig ist.

Die Chinesen zählen an sich sehr regelmäßig im Dezimalsystem, haben aber ein besonderes Wort für zehntausend, die Million ist dort wohl höchstens als Fremdwort gebräuchlich.

Am regelmäßigsten zählen die Ungarn, da gibt es gar nichts Unregelmäßiges (11 = zehn + eins usw.), wie auch sonst die ungarische Grammatik relativ wenige Unregelmäßigkeiten hat.

Es gibt bestimmt noch viel "verrücktere" Zählweisen als bei den Dänen, aber in andere Sprachen habe ich noch nicht reingehört.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 09.08.2023 um 18.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51588

Wichtiger als große Zahlen ist die Erfindung der Null. Die Römer hatten sie nicht. Deswegen kann man mit römischen Zahlen zählen, aber nicht rechnen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.08.2023 um 04.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51586

Eine interessante Frage. Die Bildung höherer Zahlen geschieht ja mehr oder weniger automatisch durch ebenfalls festgelegte sprachliche Muster (mit Besonderheiten etwa beim Französischen in der Schweiz; den Zehnerpotenzen in Indien usw.). Ist das Rechnen oder Wortbildung?

Ich hatte schon überlegt, ob ich "Zählen" oder "Abzählen" sagen sollte, eine Unterscheidung, die man auch nicht überall trifft. Das Kind kann "bis zehn zählen", bevor es zehn Gegenstände abzählen kann. Beim sukzessiven Zeigen mit dem Finger geht es noch durcheinander.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 08.08.2023 um 21.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51585

Das Zählen bis zehn (evtl. bis zwölf), die Zahlen hundert, tausend, Million muß man auswendig lernen, aber sonst kommt auch Rechnen ins Spiel. (Je nach der Sprache kann das noch leicht variieren.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.08.2023 um 15.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51584

Eigentlich ist das Zählen auch schon eine bemerkenswerte Abstraktionsleistung, ich meine: daß man ALLES zählen kann. Für den naiven Menschen sind drei Steine etwas ganz anderes als drei Geschwister.

In unseren Sprachen gibt es ja noch Reste der alten stoffgebundenen Zahl- und Mengenangaben: https://de.wikipedia.org/wiki/Alte_Ma%C3%9Fe_und_Gewichte_(deutschsprachiger_Raum). Das ist eigentlich irrational.

Zählen heißt auf eine auswendig gelernte Reihe von Wörtern abbilden, ist also eine sprachliche Verhaltensweise. Tiere zählen nicht wirklich.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.06.2023 um 05.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#51220

Gewiß "steht mein Geist vor Ehrfurcht still" (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#39902), wenn ich versuche, mir das Weltall vorzustellen. Aber das ganz Kleine ist auch nicht zu verachten.

Die Speicherchips sind Wunderwerke der Technik, und ebenso wunderbar ist, daß ich mir gerade einen 64-GB-Stick habe schicken lassen, der samt Porto nur 5 € kostet. Aber die Techniker haben längst ein Auge auf ein anderes Medium geworfen:

"Theoretisch lassen sich 1 Million Terabyte Daten in einem Kubikmillimeter DNA speichern."

Der Bauplan eines Menschen liegt hier massenhaft herum, und ich kann ihn mit bloßem Auge nicht mal sehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.03.2023 um 06.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#50684

Weil wir gerade über Abstrakta sprechen und weil Ernst Tugendhat gerade gestorben ist, weise ich noch einmal auf den Eintrag "Die Planeten" hin. Die These, daß "die Zahl der Planeten" und "neun" zwei Bezeichnungen der Zahl 9 seien, findet man u. a. in Ernst Tugendhat/Ursula Wolf: Logisch-semantische Propädeutik. Stuttgart 1983:246. Ich habe die Absurdität dieser ehrwürdigen Ansicht gezeigt. (Von der Rückstufung des Pluto wußte man damals nichts, sie ist ja hier auch gleichgültig.)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 21.09.2021 um 11.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#47153

Aus meteorologischer Sicht beginnt ab dem 1. September die Herbstzeit. Der kalendarische Zeitpunkt wird erst mit dem 22. September anbrechen. Der meteorologische Herbstanfang fällt immer auf den ersten Tag des Monats, sodass alle vier Jahreszeiten mit ihrer einheitlichen Länge exakte Klima- und Wetteraufzeichnungen möglich machen.
(stuttgarter-nachrichten.de)

Na dann, morgen erleben wir wieder den anbrechenden Punkt.

Ist es nicht ein wahnsinnig praktischer Fall bzw. Zufall, daß der meteorologische Anfang der Jahreszeiten immer auf den ersten Tag des Monats "fällt"?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.07.2021 um 23.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#46662

Ich dachte, das folgende SPIEGEL-Zitat (Nr. 26/26.6.2021, S. 84) paßt gut zum Thema Ufo, und u.a. in diesem Haupteintrag wurde ich "ufo"-fündig.

Immer mehr Forscher halten die Existenz von Leben auf fernen Planeten für möglich.

Ich habe noch von keinem einzigen ernstzunehmenden Wissenschaftler gehört, der die Existenz von Leben auf anderen Planeten für absolut unmöglich hält. Alle Forscher halten außerirdisches Leben durchaus für möglich. "Immer mehr" geht also gar nicht.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.04.2021 um 20.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#45793

Die FAZ schreibt heute auf S. 7 fast das gleiche, allerdings im Konjunktiv. Leider ist nicht sicher, ob es ein Konjunktiv Irrealis ist oder ob er wegen der nichtwörtlichen Rede verwendet wurde:

»Der Mond entfernt sich um 3,8 Zentimeter pro Jahr von der Erde. Vor vier Milliarden Jahren hätten die Vollmonde daher noch wesentlich beeindruckender gewirkt. Der Mond umkreiste die Erde damals auf einer viel engeren Umlaufbahn – nur 60000 Kilometer war er damals entfernt, so das DLR.«
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 27.04.2021 um 22.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#45779

»Nach Angaben des DLR entfernt sich der Mond jährlich um 3,8 Zentimeter von der Erde. Vor vier Milliarden Jahren wirkten die Vollmonde daher noch wesentlich beeindruckender. Der Mond umkreiste die Erde auf einer viel engeren Umlaufbahn – nur 60.000 Kilometer sei er damals entfernt gewesen, so das DLR.« (tagesschau.de, 27.4.21)

Auf wen haben die Vollmonde damals denn so beeindruckend gewirkt – auf die allerersten Mikroben?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.02.2021 um 06.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#45250

Noch einmal zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#39895

Man erlebt es ja schon beim Wandern an der Küste entlang. Die Flut strömt mächtig zwischen den Inseln hindurch ins Watt und wieder zurück, und man denkt: Was, das bewirkt der fingernagelgroße Mond da oben? Die Sonne ist vom Pluto aus gesehen sicher nur ein funkelnder Punkt, und doch hält ihre Schwerkraft den mächtigen "Kleinplaneten" auf seiner Bahn. Es ist gegen jede Intuition, aber wahr.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.08.2020 um 21.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#44174

Freudscher Versprecher, ich meinte natürlich mögliche Wahrheit (kontingent statt kognitiv).
 
 

Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 22.08.2020 um 20.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#44173

Fehlt ein PDF-Betrachter? Hier als HTML-Version aus dem Google-Cache:

http://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:u–8S0GGK9AJ:wilfridhodges.co.uk/semantics06.pdf

„Mathematical writing commonly uses a good deal of modal language. This needs an explanation, because the mathematical assumptions and arguments themselves normally have no modal content at all. We review the modal expressions in the first hundred pages of a well-known algebra textbook, and find two uses for the modal language there: (a) metaphors of human powers, used for colouring that helps the readability; (b) formatting expressions which highlight the structure of the reasoning. We note some ways in which historians and philosophers of mathematics might have been misled through taking these modal expressions to be part of the mathematical content.“
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.08.2020 um 19.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#44172

Läßt sich bei mir leider nicht öffnen.
 
 

Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 22.08.2020 um 18.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#44171

Nicht kognitive, sondern kontingente. Der Wahrheitswert wird nicht herabgestuft („Halbwahrheit“), über die Sicherheit (Wahrscheinlichkeit/Überzeugungsgrad) wird nichts ausgesagt.

„Kommt der Begriff ‚Notwendigkeit‘ in der Mathematik oder Physik überhaupt vor?“

Dazu: http://wilfridhodges.co.uk/semantics06.pdf
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.08.2020 um 17.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#44170

Mir gefallen die Bezeichnungen Notwendigkeit und kognitive Wahrheit eigentlich nicht. Es klingt so als ob auch Halbwahrheiten oder nicht ganz so sichere Wahrheiten existierten. Ich meine aber, wahr ist wahr, daran gibt es nichts zu deuteln. Daß die Sonne 8 Planeten hat, ist genauso wahr wie, daß 9 ungerade ist. Man sollte statt dessen zwischen logischen und praktischen (faktischen) Wahrheiten unterscheiden. Die Wahrheit einer logischen Aussage wie "9 ist ungerade" beruht auf logischer Widerspruchsfreiheit, dagdgen ist eine praktische Aussage wahr, wenn sie mit der Wirklichkeit übereinstimmt.
Was soll die Betrachtung, 9 sei "immer" ungerade, diese Wahrheit also eine Notwendigkeit, oder unter anderen Umständen könnte die Sonne auch 10 Planeten haben? Diese anderen Umstände gibt es nicht, also ist es sinnlos, die als Fakt erkannte Wahrheit irgendwie zu relativieren.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.08.2020 um 12.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#44166

Kripke (Naming and necessity) habe ich vor 50 Jahren gelesen, es hat mir aber sprachwissenschaftlich nichts gebracht (ebenso Putnam, Davidson...).

Noch einmal meine laienhafte Frage: Kommt der Begriff "Notwendigkeit" in der Mathematik oder Physik überhaupt vor? Oder gehört er nur in die "Philosophie der Mathematik"?

(Daß ich mit der ganzen Literatur zu Putnams "Twin Earth" nichts anfangen kann, versteht sich ja wohl von selbst. Mit soviel Behaviorismus im Kopf versteht man das alles längst nicht mehr.
Davidson war kurz vor seinem Tod sogar mal hier in Erlangen, ich bin aber nicht hingegangen, weil ich keine Spur von Neugier mehr in mir hatte. Wittgenstein hätte das gefallen, denke ich.)
 
 

Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 22.08.2020 um 10.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#44165

Zum Unterschied zwischen Notwendigkeit und kontingenter Wahrheit zitiere ich Herrn Riemer:

„So folgt z. B. die Wahrheit von ‚9 ist ungerade‘ direkt aus den Definitionen der natürlichen Zahlen und der Eigenschaft ‚ungerade‘. Andere Ideen oder konkreten Gegebenheiten haben darauf keinen Einfluß.

Dagegen gilt die Wahrheit, daß unsere Sonne 8 oder 9 (je nach Zählweise) Planeten hat, unter der Bedingung, daß die Welt genau die konkrete Entwicklung genommen hat, die wir heute feststellen. Hätte sie sich anders entwickelt, könnte die Anzahl Planeten anders sein.“

Um einen Einwand direkt vorwegzunehmen: Natürlich ist auch die Weise, wie wir rein mathematische Sätze bilden, letztlich eine empirische Angelegenheit, abhängig von uns. Den Punkt mit Pluto habe ich allerdings nicht aus Pedanterie gebracht, sondern um diese eine Sache zu verdeutlichen: Wir können uns darauf verständigen, das von rein mathematischen Theoremen wie „9 ist ungerade“ AUSGEDRÜCKTE als notwendigerweise wahr aufzufassen, auch wenn die Konvention, wie die Symbolfolge zu interpretieren ist, nicht notwendig ist. Ist das jetzt nur mentale Masturbation oder was hat das konkret zur Folge? Wenn von einer beliebigen (!) Situation* „In dieser Situation ist x ungerade“ gesagt wird und x in ebendieser Situation gleich 9 ist, dann stellt der Satz (im Hier und Jetzt) etwas Wahres dar. (* Ich vermeide hier den Ausdruck mögliche Welt, um einem Stirnrunzeln vorzubeugen.)

Es kann übrigens auch ein Beispiel für etwas angeführt werden, was kontingent, aber a priori erkennbar ist. Das könnte auf den ersten Blick absurd wirken, sollte aber nachvollziehbar sein, sobald man verstanden hat, wie starre Designatoren (Kripke) funktionieren; Sie kennen es vielleicht bereits.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.08.2020 um 04.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#44163

Das Fachausdruck kontingente Wahrheit ist uns seit Aristoteles geläufig, vielleicht allzu geläufig. Was bedeutet er eigentlich? Daß etwas "auch anders sein könnte", ist vielleicht nur eine menschlich-allzumenschliche Angelegenheit. Wenn ein Biologe sich zum Beispiel mit der Taufliege beschäftigt, findet er allerlei heraus, aber sind darunter notwendige und kontingente Wahrheiten?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.08.2020 um 03.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#44162

Nur schnell zum ersten Punkt: Natürlich hat sich an den astronomischen Gegebenheiten nichts geändert, meine Ausdrucksweise war die laxe, aber weithin übliche, etwa so wie in: "Heute gibt den Äther (als Träger des Lichts usw.) nicht mehr." "Früher gehörten Delphine zu den Fischen."

Ob ich zur Philosophie der Mathematik etwas sagen werde, weiß ich noch nicht, ich kenne meine Grenzen. Aber ich werde über Ihre dankenswerten Ausführungen nachdenken.

Wir setzen unsere Theorien mit Erfolg ein, um solche Weltzustände zu berechnen, die vor jeder Theorie herrschten. Ob ich das aber so ausdrücken sollte: "Unsere theoretischen Sätze GALTEN auch damals" oder WAREN auch damals WAHR." - das ist doch sehr fraglich. Aber solange klar ist, was wir meinen, kann man es auf sich beruhen lassen.
 
 

Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 21.08.2020 um 21.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#44160

Aus dem Tagebucheintrag: „Wie wir alle gelernt haben, gibt es seit einiger Zeit nur noch 8 Planeten.“

Tatsächlich gab es auch schon vor 2006 nur acht Planeten. Davor wurde Pluto zwar als Planet bezeichnet, aber ausgehend von der heutigen Bedeutung des Wortes Planet stellt Pluto war auch vor 2006 kein Planet einen wahren Satz dar, und genau diese Bedeutung ist entscheidend, wenn der Satz im Hier und Jetzt formuliert wird. Ein wahrer Satz über einen Zeitpunkt oder allgemein eine Situation stellt also nicht unbedingt gemäß den in der Situation geltenden Wortbedeutungen etwas Wahres dar.

(Eine ähnliche Verdrehung haben wir hier (Dave Consiglio): „There was no first chicken. There was no first egg. We could arbitrarily draw the line anywhere we wanted to, summarily deeming that this is the first chicken or the first egg.“ „But, in the end, that decision would be arbitrary.“ Selbst wenn die Bedeutung des Wortes Huhn zu vage ist, um ein Lebewesen mit Sicherheit als erstes Huhn zu bezeichnen: Sie ist immer noch ausreichend, um Es gab ein erstes Huhn zu verkünden. Wo auch immer genau die Grenze ist, weder gab es unendlich viele Hühner noch hat es nie ein Huhn gegeben, zumindest so viel steht doch fest – Knackpunkt: Der Satz handelt von der Existenz eines ersten Huhns selbst, es geht nicht darum, ob die BEDEUTUNG von erstes Huhn für eine Zuordnung prinzipiell ausreichend ist.)

Wenn man sich das verinnerlicht hat, dann sollten auch Sätze wie „2 hoch 82 589 933 minus 1 war schon immer eine Primzahl (auch vor einer Million Jahren)“ nachvollziehbar sein. In der Wikipedia ist zu lesen: „Das Hauptproblem des Platonismus in der Philosophie der Mathematik ist die Frage, auf welche Weise wir als begrenzte Wesen die mathematischen Objekte und Wahrheiten erkennen können, wenn sie in diesem ‚Ideenhimmel‘ beheimatet sind. Laut Gödel leistet dies eine mathematische Intuition, die, ähnlich einem Sinnesorgan, uns Menschen Teile dieser anderen Welt wahrnehmen lässt.“

Das Geschwurbel von der „Intuition“, mit der wir Teile einer „anderen Welt“ wahrnehmen können, tut echt weh. Es geht auch ohne: Es mag eine Zeit gegeben haben, in der noch nie jemand von Primzahlen gesprochen hatte, aber das hindert mich nicht daran, mathematische Ausdrücke nach der heute üblichen Formulierungsweise zu gebrauchen, selbst wenn ich eine Aussage über eine Zeit mache, in der sie noch nie jemand gebraucht hatte. Rein mathematische Sätze sollen keinen empirischen Gehalt haben. Die Welt mag vor einer Million Jahren gewesen sein, wie sie will, es ist theoretisch vollkommen valide, zu sagen, auch damals sei zwei plus zwei gleich vier gewesen, denn nach dem heutigen Sprachgebrauch ergibt sich die Symbolfolge „2 + 2 = 4“ und diese Symbolfolge kann – so ist es nun einmal gedacht! – unabhängig davon, von welcher Situation die Rede ist, gebraucht werden, also auch im Satz „Vor einer Million Jahren war 2 + 2 = 4“. Natürlich ist es witzlos, das gerade auf diesen Zeitpunkt festzunageln, auf der anderen Seite lassen sich über die Vergangenheit mit mathematischen Ausdrücken auch Aussagen mit empirischem Gehalt machen, zum Beispiel (Lexikon der Astronomie, spektrum.de): „Die typische Temperatur der Quark-Ära lag zu Beginn bei etwa 10²² Kelvin […].“ Zur Quark-Ära waren Zehnerpotenzen noch von niemandem beschrieben – Quarks schon gar nicht! Das macht nichts, wir haben ein Modell von der Vergangenheit, das wir mit heute üblichen Ausdrücken beschreiben können.

Um nun ein hier diskutiertes Thema aufzugreifen: „Eine Sekunde nach dem Urknall galt der Satz des Pythagoras.“ Kann man das so sagen (diesmal ist ja von einem Satz statt von dessen Inhalt die Rede)? Satz (in der Logik sagt man Theorem) ist in der Mathematik durchaus ein syntaktisches Konzept, steht aber nicht für eine bereits vorliegende materielle Manifestation, sondern für einen Type; Sätze sind ebenso mathematische Objekte wie Zahlen, Vektoren etc. Zum Beispiel enthält die Peano-Arithmetik unendlich viele Theoreme, auch wenn nicht alle tatsächlich niedergeschrieben worden sind. Nach meinem Verständnis haben wir, wenn wir nach der Geltung des Satzes des Pythagoras fragen, bereits eine Theorie (die diesen Satz als Theorem enthält) fixiert, es wird also nicht danach gefragt, ob man sich damals bereits auf eine entsprechende Bedeutung für die Symbolfolge geeinigt hat, sondern die Bedeutung, auf die wir uns aktuell verständigt haben, ist in der Fragestellung sozusagen inbegriffen. Oder hier: „Das Interesse an einem bestimmten Zustand der Welt ist nicht dasselbe wie das Interesse an der Wahrheit einer Aussage darüber, […].“ (Ickler) – Ich würde sagen doch, solange es hier wirklich um Propositionen (SatzINHALTE) geht. Stommel paraphrasiert „NIMM dir endlich einen Stuhl“ schließlich nicht mit „mach es endlich wahr, dass die Formulierung ‚Du nimmst dir einen Stuhl‘ nach geltender Semantik etwas Wahres darstellt“ (das könnte auch bewerkstelligt werden, indem Wortbedeutungen geändert werden), sondern mit „mach es endlich wahr, dass du dir einen Stuhl nimmst“. „Vor Gericht könnte ein Anwalt an der Wahrheit einer Aussage interessiert sein, während ihm der Sachverhalt, der darin genannt wird, vollkommen gleichgültig ist.“ – Auch wenn ein Anwalt nur deswegen an der Wahrheit einer bestimmten Aussage interessiert ist, weil diese Aussage getätigt wurde, so ist er doch aus ebendiesem Grund am ausgedrückten Sachverhalt interessiert.

Zurück zum mathematischen Platonismus. Guinness World Records führt einen Rekord für die „neueste Zahl“ (Newest number): „Surely numbers are not invented or discovered – they just are. For most of the numbers that we know of this is indeed the case. But one number in particular did have to be invented – zero.“

Stopp! Natürlich können Zahlen entdeckt werden. Es macht zwar nicht viel Sinn, ohne weiteren Kontext „Ich habe die Zahl 458 entdeckt!“ zu verkünden, denn die Existenz einer solchen Zahl ist offensichtlich, allerdings kann von weniger offensichtlichen Funden berichtet werden. Zum Erfinden: Einen materiellen Gegenstand zu erfinden, heißt nicht, ihn zu erbauen; eine Er-Findung ist tatsächlich eine Art von Findung, gefunden wird hier allerdings nicht ein bereits vorhandenes Exemplar, sondern die Konzeption des Gegenstandes. Ebenso kann zum Beispiel die Rede davon sein, ein Musikstück zu erfinden; die Spielweise kann aufgeschrieben werden und unter Umständen wird die Erfindung irgendwann UMGESETZT, indem das Stück aufgeführt wird. Roderick T. Long bemerkte: „Defenders of patents claim that patent laws protect ownership only of inventions, not of discoveries. (Likewise, defenders of copyright claim that copyright laws protect only implementations of ideas, not the ideas themselves.) But this distinction is an artificial one. Laws of nature come in varying degrees of generality and specificity; if it is a law of nature that copper conducts electricity, it is no less a law of nature that this much copper, arranged in this configuration, with these other materials arranged so, makes a workable battery.“

Hingegen erscheint es mir nicht als sinnhaft, Zahlen als Erfindungen zu bezeichnen, da ich mir hier unter Umsetzung nichts vorstellen kann. Erfunden wurde die Weise, über 0 zu reden, so wie das gewöhnliche Zählen von 1 aus erfunden wurde. Die Zahl 0 wurde einzeln eingeführt statt lediglich im Rahmen einer weitergehenden Zahlbereichserweiterung, sie wegen dieser Besonderheit als „neueste Zahl“ zu bezeichnen, ist aber Quatsch.

Sind zumindest imaginäre Zahlen nicht real (vgl. eine Korrespondenz zwischen dem Philosophen Kelley L. Ross und einem Wissenschaftler: https://friesian.com/vena.htm)? Dazu etwas historischen Kontext: Die Ausdrücke reelle Zahl und imaginäre Zahl gehen auf René Descartes zurück, der den komplexen Zahlenbereich allerdings gar nicht verwendete und die Adjektive im Wortsinn gebrauchte. Er behandelte Wurzeln (Lösungen) von Polynomgleichungen und merkte an, wir könnten uns immer so viele Wurzeln in jeder Gleichung vorstellen (imaginer), wie er gesagt hat (nämlich wie der Grad des Polynoms angibt), es gebe aber nicht immer eine Größe, die dem entspricht, was wir uns vorstellen. Wir können uns zum Beispiel drei in der Gleichung x³ − 6x² + 13x − 10 = 0 vorstellen, wovon aber nur eine reell (réelle, Originalschreibweise reelle), also wirklich, und die anderen beiden lediglich imaginär (imaginaires), also vorgestellt/eingebildet sind. Das stimmt schon – im Rahmen des von ihm verwendeten Zahlenbereichs hat diese Gleichung nur eine Lösung (2). Im heutzutage verwendeten komplexen Zahlenbereich gelten schlichtweg andere Regeln – und danach hat die Gleichung wirklich zwei weitere Lösungen (2 − i und 2 + i). Imaginäre Zahl bedeutet heute ‚komplexe Zahl, deren Realteil 0 ist‘ (demnach ist 0 sowohl reell als auch imaginär) oder ‚komplexe Zahl, die ungleich 0 und deren Realteil 0 ist‘ (demnach gibt es immer noch komplexe Zahlen, die weder reell noch imaginär sind). Die Bezeichnung imaginär mag in diesem Zusammenhang als irreführend kritisiert werden, Descartes trifft hierbei aber keine Schuld.

Ganz generell: Manchmal kommt es zu Uneinigkeit oder sogar bei einer Einzelperson zu Verwirrung, weil keine hinreichend klare und einheitliche Auffassung über die Bedeutung einer Formulierung besteht. Ein amüsantes Beispiel ist Newcombs Problem: „Newcomb’s paradox has been so vexing that it has led some to resort to non-Bayesian probability theory in their attempt to understand it […], some to presume that payoff must somehow depend on your beliefs as well as what’s under the boxes […], and has even even [sic] led some to claim that quantum mechanics is crucial to understanding the paradox […]. […] Our analysis shows that the resolution of Newcomb’s paradox is in fact quite simple. Newcomb’s paradox takes two incompatible interpretations of a question, with two different answers, and makes it seem as though they are the same interpretation.“ (Wolpert und Benford)

https://arxiv.org/abs/0904.2540

Im mathematischen Sinn (Existenzquantor) „existieren“ offenbar reelle Zahlen. „Aber gibt es WIRKLICH welche oder ist das nur so eine Sprechweise?“ Dazu kann ich keine Stellung beziehen, ohne zu wissen, was mit „wirklicher“ Existenz gemeint ist. Es kann bei solchen Debatten natürlich auch darum gehen, zu klären, welche Bedeutung bestimmten Ausdrücken im üblichen Sprachgebrauch eigentlich zukommt, oder zu diskutieren, in welcher Bedeutung bestimmte Ausdrücke gebraucht werden sollten (normativ), oft erlebe ich sie allerdings nicht so, vielmehr wird manchmal so getan, als sei die Fragestellung bereits klar, und drauflosfabuliert. In der SEP ist etwa zu lesen (Hervorhebung von mir): „Now, of course, thin-truth-ists and fictionalists will disagree about whether ‘3 is prime’ is true, but this will collapse into a disagreement about whether thin-truth or thick-truth is real truth, and this is just a disagreement about what the word ‘true’ means in ordinary folk English, and it’s hard to see why an empirical question about how the folk happen to use some word is relevant to the debate about the existence of mathematical objects.“ Bemerkenswert, wie der Verfasser speziell dem thin-truth-ism so etwas vorwirft statt generell Positionen in dieser Debatte.

Schließlich noch dazu: „‚Die Zahl der Planeten‘ bezeichnet nicht die Zahl 9 (auch damals nicht, als es geschrieben wurde), sondern ist die Substantivierung des Satzes ‚wie viele Planeten es gibt‘ (in unserem Sonnensystem).“ Wenn ich „Die Zahl der Planeten bezeichnet / referiert auf die Zahl 8“ sage, dann meine ich damit einfach nur: Die Zahl der Planeten ist 8. Das Wort bezeichnen hat hier also eine Art disquotationale Funktion (oder wie auch immer man das nennen will). „Die Zahl 9 ist ungerade, aber warum sollte man das außerdem noch als notwendig bezeichnen?“ – Man kann ja zwischen Notwendigkeit und kontingenter Wahrheit unterscheiden, hier wurde ein Beispiel für etwas Notwendiges angeführt, ist doch einwandfrei.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.06.2020 um 15.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43682

Beim Wiederlesen von Freges "Sinn und Bedeutung", zur Identität von Morgenstern und Abendstern:

Wenn man von unserer Gegend zur Fränkischen Schweiz hinüberblickt, sieht man an einem bewaldeten Berghang 20 km entfernt eine kleine, strahlendweiße Kirche liegen.
Das Kirchengebäude Sankt Nikolaus ist auch als „Vexierkapelle“ bekannt und liegt idyllisch gelegen auf dem Reifenberg bei Weilersbach.
Ihren zweiten Namen verdankt sie ihrem sich scheinbar ständig wandelnden Anblick, je nachdem von wo aus im Wiesenttal man die Kirche betrachtet.
(https://www.kulturerlebnis-fraenkische-schweiz.de/kirche-st.-nikolaus.html)
(Jahrelang konnte ich mir den Namen der Kirche, die ich praktisch jeden Tag auf meinen Spaziergängen sehe, einfach nicht merken, und es kann sein, daß ich ihn morgen schon wieder vergessen habe.)

Meine Frau hat einmal in einer fremden Stadt ein Café besucht und dort zum Kaffee ein Stück Schokotorte gegessen. Einige Stunden später hat sie während einer Stadbesichtigung von einer anderen Straße aus wieder ein Café betreten und erst nach längerer Zeit bemerkt, daß es dasselbe war, nur eben von einer anderen Seite. Vielleicht ist sie auch durch die Schokotorte darauf gekommen, die zwar nicht dieselbe, aber die gleiche war.

Freges Problem ließe sich besser auflösen, wenn man nicht mit dem traditionellen Zeichenbegriff operierte, wonach Zeichen sich auf etwas beziehen usw. Darum die beiden anekdotischen Beispiele oben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.04.2020 um 05.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43492

Zu Pascals Schaudern (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#39895:

Das Allerkleinste ist nicht weniger zum Schaudern. Die Zellen, aus denen wir bestehen, sind so klein, daß man sie mit Ausnahme der Eizelle nicht mit bloßem Auge sehen kann. Im Zellkern gibt es über 3 Mrd. Basenpaare, die genetische Steuerung ist vollständig digitalisiert. Die chemischen Vorgänge, z. B. der Auf- und Abbau des Hämoglobins (astronomische Zahlen jede Sekunde!), spielen sich unvorstellbar schnell (und präzise) ab, alles durch Zehntausende von Enzymen beschleunigt.

Wenn all dies den Menschen nachdrücklicher beigebracht würde, käme mehr Vernunft in die Corona-Diskussion. Und überhaupt. Die Krise wäre ein guter Anlaß, die Lehrpläne zu durchforsten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.03.2020 um 04.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43308

“Consciousness exists, but just isn’t what some folks think it is.” (Daniel Dennett: From Bacteria to Bach and Back. 2017:223)

Das erinnert an den bekannten Witz: „Was, Müller heißen Sie auch nicht mehr?“

Analog könnte man sagen: „Das Qi existiert, es ist aber nicht das, was die Chinesen sich darunter vorstellen.“ Das Qi ist genau das, was die Chinesen sich darunter vorstellen, denn es ist ein Konstrukt, das überhaupt nur in der chinesischen Kommunikationspraxis seinen Platz hat. Außerhalb ist es ein leeres Wort. Ob man das „Existenz“ nennen sollte, sei dahingestellt. Wissenschaftlich kommt man ihm nur durch die Analyse (und historische Erforschung) dieser Kommunikationspraxis näher, nicht indem man danach sucht, was es in Wirklichkeit ist.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 31.03.2020 um 00.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43302

zu #43256:
Zur Notwendigkeit gehört immer die Nennung der Voraussetzung: notwendig WOFÜR?

Genaugenommen gilt das auch in der Modallogik. Nur nimmt man dort, wenn das Wofür vereinfachend weggelassen wird, stillschweigend an, daß es notwendig sozusagen für alles ist. Notwendig (ohne Angabe, wofür) sind danach Aussagen, die immer, unter allen Bedingungen, unbedingt wahr sind. Das ist ein Spezialfall des allgemeinen Notwendigkeitsbegriffs.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.03.2020 um 16.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43294

Die sogenannte Seele ist ein Konstrukt, d. h. eine (nützliche) Fiktion. "Abstrakt" ist kein alltagssprachliches Prädikat. Ich habe schon versucht, es zu definieren, mit Porzigs "Namen für Satzinhalte". In diesem Sinn ist die Seele nicht abstrakt. Sprachlich folgt sie der Grammatik der Körperteile. Was heißt bei einem solchen Gegenstand "metaphorisch"? Die Konstrukte der "inneren Welt" sind alle metaphorisch oder, wie ich mit Heinz Kronasser sage, "transgressiv" (weil es hier den unmetaphorischen Gebrauch gar nicht gibt). Innerhalb dieses transgressiven Seelenmodells ist "liegen" nicht metaphorisch, es ist eben Teil der Modellierung des "Inneren".
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 29.03.2020 um 15.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43293

Besonders "anschaulich" sind die imaginären Zahlen in der komplexen Rechnung: j = Wurzel aus -1
 
 

Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 29.03.2020 um 12.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43292

Zu Das liegt mir auf der Seele: Ist liegen hier nicht im übertragenen Sinn gemeint? Soweit ich weiß, ist Seele im alltagssprachlichen Verständnis ein Abstraktum, da kann so eine Redewendung doch nicht als Widerlegung dienen, oder?

Zu „nicht wissenschaftsfähig“: Selbst in der Wissenschaft ist ja von physikalischer Möglichkeit die Rede etc. Einerseits ist eine Aussage natürlich entweder wahr oder falsch; würde man eine physikalische Theorie zugrunde legen, die die Welt widerspruchsfrei und vollständig beschreibt, so könnte man sagen, alles Wirkliche sei schlicht notwendig (in Bezug auf diese Theorie), andererseits lassen sich gewisse Vorkommnisse verallgemeinern und so kommt die Rede von Kontingenz zustande. Bei „nicht objektivierbar“ stimme ich Ihnen zu, wenn Sie damit meinen, unterschiedliche Sprecher könnten unterschiedliche Gesetzmäßigkeiten zugrunde legen – nur: Eine Modallogik soll lediglich einen „Rahmen“ liefern, welche Gesetzmäßigkeiten man konkret zugrunde legt, bleibt einem überlassen.

Zum Vergleich sei hier die Axiomatisierung der Wahrscheinlichkeit nach Kolmogorow genannt, sie liefert auch nur einen Rahmen, wie Wahrscheinlichkeiten konsistent zugewiesen werden können, und nicht etwa eine konkrete Methode der induktiven Statistik, da gibt es durchaus unterschiedliche Ansätze, vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Statistik#Schulen_und_Denkrichtungen
 
 

Kommentar von Manfred Riemer , verfaßt am 29.03.2020 um 11.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43291

Aber so geht man doch in der gesamten Mathematik vor, umgangssprachliche Wörter werden aufgrund ihrer halbwegs passenden umgangssprachlichen Bedeutung ausgewählt, sodann exakt im mathematischen Sinn definiert und dann genau im definierten Sinn verwendet. So entsteht die Geometrie mit „Punkt, Gerade, Ebene“ usw., eine „stetige“ Funktion, „gerade“ oder „ungerade“ Zahlen. Man kann Wahrheitstafeln auch mit den umgangssprachlichen Wörtern „und“, „oder“, „wenn ... dann ...“, „genau dann, wenn“ aufstellen, dazu braucht man doch keine Symbole. Ebenso kann man „notwendig“ und „möglich“ wissenschaftlich exakt definieren und ohne Symbole in Wahrheitstafeln verwenden. Das sehe ich wie Herr Panchenko, Symbole dienen nur der kürzeren, überschaubareren Darstellung. Statt „möglich“ und “notwendig“ könnte man auch simm und somm sagen, warum nicht? Man benutzt halt lieber anschauliche Wörter.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.03.2020 um 05.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43285

Symbole sind nicht einfach kompakt, im übrigen aber einer Beschreibung in natürlicher Sprache gleichwertig. Sie ermöglichen eine Definition über Wahrheitstafeln und ein Absehen vom Sinn. Gerade darum geht es mir aber. Ich halte umgangssprachliche Wörter wie notwendig, möglich für nicht wissenschaftsfähig, nicht objektivierbar. Pointiert gesagt: Es gibt keine Möglichkeit oder Notwendigkeit. Man könnte statt der Modaloperatoren ganz bedeutungsfreie Pseudowörter wie simm und somm einsetzen, ohne etwas zu ändern.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.03.2020 um 00.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43284

Die Modallogik allein oder die Aussagenlogik allein könnten weder etwas zum Wahrheitsgehalt empirischer Aussagen beitragen, noch brächten sie uns überhaupt erst dazu, solche Aussagen zu formulieren. Jede angewandte Logik stützt sich auf ein System von Axiomen, Definitionen, Grundannahmen und ggf. auf empirisch für wahr gehaltene Sachverhalte und leitet daraus weitere logische Schlüsse ab.

Meiner Meinung nach betreffen Modalaussagen wie falsch, aber möglich oder wahr, aber nicht notwendig immer empirisch gewonnene Erkenntnisse. Nur diese sind unbestimmt. Man kann jeweils Bedingungen angeben, unter denen eine mögliche Aussage wahr oder eine nicht notwendige Aussage falsch würde. Dagegen können rational gewonnene Aussagen immer eindeutig als wahr oder falsch klassifiziert werden (sinnvolle Definitionen vorausgesetzt, die z. B. das Barbier-Paradoxon vermeiden).
 
 

Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 28.03.2020 um 20.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43283

Zu #43257: Ob etwas als möglich angenommen wird, kann unterschiedlich sein (je nach Kontext / zugrunde gelegter Theorie / Hintergrundwissen*), auf jeden Fall ist es aber zum Beispiel inkonsequent, zu sagen, p sei wahr, aber unmöglich; den Sinn einer Modallogik sehe ich darin, zu beschreiben, wie über Möglichkeit/Notwendigkeit logisch kohärent gesprochen werden kann, aber wie in der Aussagenlogik operiert man dabei ja mit Variablen (man kann die Regeln auch in natürlicher Sprache beschreiben, Symbole wie □, ◇, ¬, … sind halt kompakt) statt mit solchen Sätzen wie Das Sonnensystem hat acht Planeten – ob dieser konkrete Satz notwendigerweise wahr ist, sagt uns die Modallogik alleine nicht, so wie uns die Aussagenlogik alleine nicht sagt, ob der Satz überhaupt wahr ist.

* Bei vollständigem Hintergrundwissen und wenn man mit möglich ‚mit dem Wissen kompatibel‘ meint, könnte man sogar sagen, alles Mögliche sei wirklich, aber das ist nur ein spezieller Kontext, als modallogische Regel ist ◇pp nicht sinnvoll.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 26.03.2020 um 12.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43271

Mein Definitionsbeispiel in #43261 ist sicher leger und verkürzt geschrieben, aber für eine ausführliche Erörterung ist hier wohl auch nicht der richtige Platz. Es ging mir nur prinzipiell darum, daß m. E. die Modallogik vollständig durch die klassische Logik beschreibbar ist.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.03.2020 um 21.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43266

Ich würde sagen, die Hinzufügung dieses unbedingten "notwendig" ist insofern überflüssig, als man ggf. den Unterschied von "(wahr und) notwendig" zu "wahr (und nicht notwendig)" auch ausdrücken kann, indem man jeweils die Voraussetzungen der wahren Aussagen konkret benennt.

So folgt z. B. die Wahrheit von "9 ist ungerade" direkt aus den Definitionen der natürlichen Zahlen und der Eigenschaft "ungerade". Andere Ideen oder konkreten Gegebenheiten haben darauf keinen Einfluß.

Dagegen gilt die Wahrheit, daß unsere Sonne 8 oder 9 (je nach Zählweise) Planeten hat, unter der Bedingung, daß die Welt genau die konkrete Entwicklung genommen hat, die wir heute feststellen. Hätte sie sich anders entwickelt, könnte die Anzahl Planeten anders sein.

Die Voraussetzungen gehören zur Aussage, dann gibt es nur eine einzige Wahrheit, keine relativen oder modalen Wahrheiten, was auch immer.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.03.2020 um 16.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43263

Laut Dudengrammatik ist die Seele abstrakt, weil man sie nicht wahrnehmen kann. Das ist naiv.

Sprachlich gesehen ist sie konkret, nämlich ein Körperteil: Das liegt mir auf der Seele usw.

Allerdings ein imaginärer, denn es gibt ja keine Seele.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.03.2020 um 15.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43262

Es genügt also zu sagen, daß eine Aussage aus einer anderen folgt, und die Hinzufügung von "notwendig" ist überflüssig.

Notwendigkeit gehört ins Leben, wo es eine Not zu wenden gibt. (Kein Kalauer)

Die Erde bewegt sich annähernd elliptisch um die Sonne. Wozu noch "notwendig" hinzufügen? (Das ist jetzt die andere, die empirische Art von Notwendigkeit.)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.03.2020 um 15.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43261

Wenn es sonderbar ist und komisch klingt, daß die Zahl 9 notwendigerweise ungerade ist, wie Sie, lieber Prof. Ickler, schreiben (und genau das wollte ich auch mit meinem letzten Beitrag nur bekräftigen), dann kann man ja kaum vermuten, daß wir uns hier außerhalb der klassischen Logik begeben wollen.

Deshalb hat mich Ihr Hinweis auf eine Modallogik überrascht. Natürlich kann ein Logiker ggf. jederzeit definieren, was "A ist notwendig" bedeuten soll, z. B. so:
Die Aussage A heißt genau dann notwendig,
wenn für jede wahre Aussage W gilt: W -> A

Somit haben wir die sogenannte Modalität des Notwendigen auf die klassische Logik zurückgeführt.

Ist A möglich? Ja oder nein?
Ist B notwendig? Ja oder nein?
Wie man sieht, gibt es auch in der sogenannten Modallogik genau diese zwei Wahrheitswerte wahr oder falsch, nichts anderes.

Das heißt, Modallogik ist überhaupt nichts Neues, höchstens eine detailliertere Sicht auf die klassische Logik. Man kann daher auf die Definition solcher Modalitäten auch gut und gerne verzichten.
(Ickler: "Es fügt nichts hinzu.")
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.03.2020 um 03.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43257

Ein Logiker kann mit dem Satz „A ist notwendig“ nichts anfangen.

Ich kenne keine Logik, in der nicht genau dies, eben die "Modallogik", ausführlich dargestellt wäre. Angefangen hat Aristoteles, und allein über "Aristoteles und die Seeschlacht" sind ganze Regale vollgeschrieben worden. Noch der große Quine hat sich damit herumgeschlagen. Es gibt zwar Zweifel an den Modalitätsbegriffen, aber losgeworden ist die Logik dieses Kapitel nie.

Man kann das Problematische vor sich selbst und anderen verschleiern, indem man für "notwendig" und "möglich" künstliche Zeichen einführt und das Ganze "Formalisierung" nennt, wodurch es wunderbar "exakt" aussieht, wie Mathematik. Was die Zeichen bedeuten, braucht man nicht mehr zu fragen, denn sie werden durch Wahrheitstafeln definiert. So schleppt sich Metaphysik ewig fort.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 24.03.2020 um 23.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43256

„Es ist notwendig, daß die Zahl 9 ungerade ist“

Ein Logiker kann mit dem Satz „A ist notwendig“ nichts anfangen. Sinnvoll sind z. B. „A ist wahr“ oder „A ist falsch“. Aber „A ist notwendig“ – was soll das bedeuten?

Zur Notwendigkeit gehört immer die Nennung der Voraussetzung: notwendig WOFÜR?

Ist z. B. bekannt, daß der Satz „Aus X folgt, daß die Zahl 9 ungerade ist“ wahr ist, dann kann man daraus folgern, daß X überhaupt nur dann wahr sein kann, wenn 9 ungerade ist. Dann ist „9 ist ungerade“ notwendig DAFÜR, daß X gilt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.03.2020 um 16.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#43253

Die Sache mit den intensionalen Kontexten (s. Haupteintrag: Zahl der Planeten) wird bei Tuigendhat/Wolf, Logische Propädeutik S. 246 so dargestellt:

Es ist notwendig, daß die Zahl 9 ungerade ist, aber es ist nicht notwendig, daß die Zahl der Planeten ungerade ist – obwohl beide Ausdrücke dieselbe Zahl bezeichnet.

Das ist natürlich Unsinn. "Die Zahl der Planeten" bezeichnet nicht die Zahl 9 (auch damals nicht, als es geschrieben wurde), sondern ist die Substantivierung des Satzes "wie viele Planeten es gibt" (in unserem Sonnensystem). Es ist natürlich nicht notwendig, daß die Sonne 9 Planeten hat.

Man sollte aber auch die Sonderbarkeit der angeblich wahren Aussage erwähnen: Die Zahl 9 ist ungerade, aber warum sollte man das außerdem noch als notwendig bezeichnen? Es fügt nichts hinzu, klingt nur komisch.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.10.2018 um 04.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#39902

Kurzum:

Wenn ich dies Wunder fassen will,
so steht mein Geist vor Ehrfurcht still.


In älteren Texten ist ständig von Geist und Herz die Rede, obwohl man es auch damals schon besser wußte. Der Geist ist psychologisch durch Bewußtsein, sonst auch Kopf oder (meist zu Unrecht, als Neurobluff) Gehirn/Hirn ersetzt, ganz schick auch Brain. Herz ist so lange durch Gedichte und Poesiealben gejagt worden, bis es auch als Metapher nicht mehr gebraucht werden konnte.
 
 

Kommentar von A.B., verfaßt am 22.10.2018 um 20.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#39900

Lieber Herr Riemer,
man hätte kleine Erbsen nehmen können. Mit 3,5 mm Durchmesser (laut Wikipedia zulässige Erbsengröße) geht es auf.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.10.2018 um 19.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#39899

Ich habe hier den Sonnendurchmesser zum Maßstab genommen, aber die Größe der Sterne variiert auch, wie die der Sandkörner (das 0,1- bis 25fache der Sonne, vereinzelt sogar viel mehr). Je nachdem, was man genau zugrundelegt (vielleicht geht die FAZ mehr von einer durchschnittlichen Sternengröße aus), können diese Entfernungsvergleiche schwanken. Aber es kommt ja vor allem auf die Größenordnungen an.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.10.2018 um 17.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#39897

Was intuitiv auch immer wieder überrascht, daß die Gravitation dieser Körnchen, an sich ja eine schwache Kraft, dennoch über vergleichsweise riesige Entfernungen wirkt. Ich weiß schon, was es mit der dritten Potenz auf sich hat, aber trotzdem...

(Ich habe schätzenswerte Bekannte, die es als selbstverständlich ansehen, daß diese Welt von Gott geschaffen ist, demselben, der auch bewirkt, daß jemand durch Gebete zu einer verstorbenen Nonne von einer Krankheit geheilt wurde und etwas später an einer anderen starb. Ich vermeide es aber heute, mich auf Diskussionen darüber einzulassen, sondern gucke dann woandershin.)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.10.2018 um 16.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#39896

Vom allernächsten Stern, dem Proxima Centauri, sind es 4,2 Lichtjahre, also rund 40 Millionen Millionen km bis zur Sonne, deren Durchmesser 1,4 Millionen km beträgt. Das ist ungefähr das 28millionenfache.

Ein Sandkorn hat laut Wikipedia einen Durchmesser von 0,063 bis 2 mm. Eine Kette von 28 Millionen Sandkörnchen ist dann 28 x 0,063 bis 28 x 2 Millionen mm oder 2 bis 56 km lang.

Der Sirius, hellster Stern und auch einer der nächsten (8,6 Lichtjahre), wäre als 2mm-Sandkorn ca. 100 km entfernt.

Die FASZ (21.10.) illustriert mit diesem Beispiel die bevorstehende Kollision der Milchstraße mit der Andromedagalaxie. Dabei passiert fast nichts, denn ein Zusammenstoß zweier im Durchschnitt 140 Kilometer weit entfernten Sandkörnchen ist extrem unwahrscheinlich. Auch die Planeten mitgerechnet, die unser 2mm-Sonnensandkorn als Feinstaub im Abstand von bis zu 14 Metern umkreisen würden, ist die Gefahr eher gering.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.10.2018 um 07.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#39895

Die "Planetenwege" in manchen Städten und Parkanlagen sind eine sehr schätzenswerte Einrichtung. Schönes Bildungserlebnis ganz nebenbei.

Wenn die Sonne ein Sandkorn wäre, dann wäre der nächste Fixstern 100 km entfernt; das ist aber nur die allernächste Umgebung und praktisch nichts gegenüber dem Ganzen (50 Mrd. Galaxien mit je 100 Mrd. Fixsternen). „Le silence éternel de ces espaces infinis m’effraye.“
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.07.2015 um 05.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1589#29535

Auf die vielen Pannen der NASA folgt, wie zu erwarten, eine "Erfolgsmeldung" über die Entdeckung eines Exoplaneten, der auch gleich zum "Cousin" der Erde ernannt wird. Eine völlig belanglose Nichtnachricht, die sich aber in den Medien an die erste Stelle der Schlagzeilen drängt. (Dazu paßt ein paar Tage vorher die Spekulation des Physikers Hawking über außerirdisches Leben.)
Auch diese wäre keine Bemerkung wert, denn es ist der Alltag der Vernebelung unserer unterhaltungsbedürftigen Köpfe, aber selten wurde die Ablenkung von wirklich weltbewegenden Ereignissen so greifbar.
 
 

nach oben


Ihr Kommentar: Sie können diesen Beitrag kommentieren. Füllen Sie dazu die mit * versehenen Felder aus und klicken Sie auf „Kommentar eintragen“.

Sie können in Ihrem Kommentar fett und/oder kursiv schreiben: [b]Kommentar[/b] ergibt Kommentar, [i]Kommentar[/i] ergibt Kommentar. Mit der Eingabetaste („Enter“) erzwingen Sie einen Zeilenumbruch. Ein doppelter Bindestrich (- -) wird in einen Gedankenstrich (–), ein doppeltes Komma (,,) bzw. ein doppelter Akut (´´) werden in typographische Anführungszeichen („ bzw. “) umgewandelt, ferner werden >> bzw. << durch die entsprechenden französischen Anführungszeichen » bzw. « ersetzt.

Bitte beziehen Sie sich nach Möglichkeit auf die Ausgangsmeldung.
Für sonstige Diskussionen steht Ihnen unser Diskussionsforum zur Verfügung.
* Ihr Name:
E-Mail:
(Wenn Sie eine E-Mail-Adresse angeben, wird diese angezeigt, damit andere mit Ihnen Kontakt aufnehmen können.)
* Kommentar:
* Spamschutz:   Hier bitte die Zahl einhundertvierundfünfzig (in Ziffern) eintragen.
 


Zurück zur vorherigen Seite | zur Tagebuchübersicht


© 2004–2018: Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V.

Vorstand: Reinhard Markner, Walter Lachenmann, Jan-Martin Wagner
Mitglieder des Beirats: Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor Ickler, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.

Webhosting: ALL-INKL.COM