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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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11.10.2006
 

Wieder im Geschäft
Klaus Heller versucht es noch einmal

Nachdem seine Elaborate wieder und wieder überholt und er selbst mitsamt seiner Kommission buchstäblich ins Nichts gestoßen worden sind, wagt er es, eine neue Aufbereitung der Regeln auf den Markt zu bringen:
"Regeln für die neue deutsche Rechtschreibung – Mit zahlreichen Beispielen und einem Wörterverzeichnis", Olms/Weidmannsche, Euro 8,80. (November 2006)

Zufällig bin ich wieder einmal auf eine seiner frühesten Äußerungen nach der vorfristigen Einführung der Reform gestoßen:

Klaus Heller in der Passauer Neuen Presse 7.12.1996:

»Es war einmal Ziel der Rechtschreibreform, die Substantiv-Großschreibung abzuschaffen. Warum ist daraus nichts geworden?
Heller: Die Politik hielt die Kleinschreibung, für die die Sprachwissenschaftler ganz klar plädiert hatten, für nicht durchsetzbar. Ich glaube jedoch nicht, daß wir uns auf Dauer diese Ausnahmestellung in Europa leisten können.
Und warum hat man sich nicht grundsätzlich vom ‚ß’ verabschiedet, auf das die Schweiz schon lange verzichtet?
Heller: Auch das war eine politische Entscheidung. Bei einer Fehlerquote von 4,7 Prozent rund um die Unterscheidung von ‚das’ und ‚daß’ – der absolut häufigste Einzelfehler – wäre der Verzicht auf das ‚ß’ sinnvoll gewesen. Das politische Argument lautete jedoch, man dürfe die Rechtschreibung nicht zu einfach machen.«

Das war nun einmal sein Niveau, die ganzen Jahre über.



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Kommentare zu »Wieder im Geschäft«
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Kommentar von Roger Herter, verfaßt am 24.01.2008 um 05.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=661#11244

Beim Wiederhören eines alten Radio-Mitschnitts

Klaus Heller erklärt die wahren Gründe der Reform

Um das Dudenprivileg sei es überhaupt nicht gegangen, das seien alles Unterstellungen; es habe sich um ganz anderes gehandelt: "Der Duden hat z.B. keine wissenschaftliche Instanz dahinterstehen, die also Dinge untersuchen kann und systematisch machen kann, deshalb gab es einige Ungereimtheiten in der alten Schreibung, die zunehmend auffällig wurden, und die neuen Regeln haben das dann beseitigt."

Helmut Kiesel: "Nein."

Klaus Heller: "Sicher."

(Worauf Kiesel einige der neugeschaffenen Widersinnigkeiten nennt.)

Klaus Heller: [...] "Die Kommission hat die Aufgabe, Zweifelsfälle zu beseitigen. Wir werden das so gut machen, wie nur irgendwie möglich.
Es geht darum, die Schreibung zu optimieren, das heißt leichter handhabbar zu machen, das heißt mehr Schreiber mit weniger Aufwand – unter Berücksichtigung der Tradition natürlich – zu einem richtigen Schreiben zu bringen."


Klaus Heller erzählt dem Moderator eine Anekdote

"Herr Reuß, ich habe so viele Lehrveranstaltungen gemacht – übrigens sehr selten mit Schriftstellern, die sich den Diskussionen immer nicht stellen – aber ich darf Ihnen eine Anekdote erzählen:

Ich bin zu einem Schriftstellerverband gekommen, und weil ich wissen wollte, wann ich dort wieder abgeholt werden sollte, habe ich gefragt, wie lange wir brauchen werden. Und dann ist mir entgegnet worden, und das drückt die ganze Stimmung aus: 'Ja, wir können schreiben, das müssen Sie ja wissen, wie lange wir brauchen.'

Und als ich dann nach drei Stunden dort wegging, war die Stimmung eine ganz andere, ich hab eine Menge Bücher geschenkt bekommen von den Autoren. Die haben gesagt: 'Die Sache ist ja so plausibel, man muß das den Leuten bloß erklären!'

Und ich habe noch nie erlebt, in keiner meiner Hunderten von Veranstaltungen, daß ich aus einer herausgegangen bin, ohne daß die Leute mir bestätigt hätten, daß da eine Menge mehr Systematik und Logik in den neuen Regeln ist als in den alten."

(SWR2-Forum "Der neue Duden in der Kritik" vom 23.08.2000)
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 18.10.2006 um 17.09 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=661#5915

Die Unwahrheit ist, daß man die durchgängige Kleinschreibung auch seitens der Reformer nur erwogen hat, obwohl sich nach einigen Seiten in dieser Schreibung verfaßte Texte bedeutender Linguisten des 19. Jahrhunderts entschieden besser lesen als manche im Neuschrieb. Vorgenommen worden ist, wie sich sehen läßt, die Einführung einer abstrusen Großschreibung.

Klaus Heller gibt sich selbst als mit den "Ideen" der Reformer nicht Vertrauter und zudem als orthographisch (und auch grammatisch) nicht hinreichend Qualifizierter zu erkennen, der mit seinem "volksnahen" Werklein halt gelegentlich ein bißchen Geld macht und so auch "teil hat / Anteil hat" am Machwerk mit dem Titel "Außer Spesen nichts gewesen".
 
 

Kommentar von j.k., verfaßt am 11.10.2006 um 19.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=661#5838

Wir könnten uns den Sonderweg der Substantivgroßschreibung nicht leisten? Weshalb nicht? Müssen die Franzosen jetzt ihre Akzente und andere Sonderzeichen abschaffen, weil niemand außer ihnen einen Kringel unter das c macht, um doppel-s auszudrücken? Müssen gar die Spanier auf ihr gewelltes n verzichten, weil dies in Skandinavien unbekannt ist?
Können wir und unsere skandinavischen Freunde noch die Umlaute leisten? Und was ist mit den Griechen! Erdreisten die sich doch glatt, sogar ein eigenes Alphabet zu haben! Unerhört ist das ja wohl.

Wenn man geistige Höhenflüge wie den von Herrn Heller liest, wird man direkt von einem Hoch ins finsterste Tief gestürzt. Das traurigste daran aber ist: Der Mann könnte recht haben!
Vielleicht kommen die Reformer in fünf Jahren auf die Idee, daß die Großschreibung tatsächlich weg und das scharfe-s gänzlich verschwinden muß. Ihnen ist schließlich alles zuzutrauen...
 
 

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