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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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09.07.2009
 

Schlau
Lernspiele

Unter schlaue-kids.net können Kinder kostenpflichtig etwas lernen, nicht zuletzt Rechtschreibung, und zwar spielerisch (das muß heute sein). Allerdings bedient sich das Unternehmen in seiner eigenen Anpreisung einer exzessiven Getrenntschreibung und scheint von Zeichensetzung nicht viel mitbekommen haben, denn es fehlen etliche obligatorische Kommas.

Vorteilhaft: Die Kinder lernen garantiert nur das, was sie in der jeweiligen Unterrichtsstunde brauchen. Damit erledigt sich die Sorge, die auch manche Studenten heute umtreibt: aus Versehen oder Ungeschick etwas gelernt zu haben, was für die nächste Prüfung nicht nötig gewesen wäre. So wird man schlau.



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Kommentare zu »Schlau«
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Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 09.07.2009 um 16.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1183#14748

Ob die Betreiber der Seite wissen, daß man sich schlaumachen sowohl nach Duden als auch nach Wahrig 2006 nur noch zusammenschreiben darf? Und wieviel Prozent der Schüler, die immer wieder behaupten, sie hätten mit der Reform »überhaupt kein Problem« (vor allem von Abiturientinnen hört man diese Äußerung immer wieder), wissen dies?

Eigentlich gilt laut Duden nach K 56 für intransitive und reflexive Verben Getrenntschreibung (eine Regel, die sich nicht aus dem amtlichen Regelwerk, sondern nur aus einer »Handreichung« der Geschäftsführerin des Rates ergibt, in der allerdings sofort wieder Ausnahmen formuliert werden, die allerdings sich schlaumachen nicht betreffen). Das Wörterverzeichnis des Regelwerks kennt keine Verbindung mit schlau-, so daß davon auszugehen ist, daß die Dudenredaktion hier eine übertragene Bedeutung sieht (sich informieren o. ä.). Dasselbe scheint trotz Intransitivität für irrewerden (damit er nicht irrewird usw.) zu gelten, nicht aber für sich bloßstrampeln, wo die Zusammenschreibung von den Reformen 1996 und 2004 unangetastet blieb, jetzt aber nur noch Getrenntschreibung zulässig sein soll, da der Grad an übertragener Bedeutung anscheinend hier nicht groß genug ist.

Hingegen scheint fertigstellen eine Mittelstellung einzunehmen, denn an dieser Stelle wird plötzlich auf den Öffnungsparagraphen § 34 E5 verwiesen und die Getrennt- oder Zusammenschreibung freigestellt.

Wer allerdings meint, er könne aus demselben Grund noch wie 1996 und 2004 seine Ausfahrt freihalten, den belehrt der Duden eines Besseren: Seit 2006 soll man die Ausfahrten nur noch frei halten dürfen.

Aber sowohl Schüler als auch Lehrer hatten und haben selbstverständlich »nie ein Problem mit der Reform gehabt« ...
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 09.07.2009 um 18.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1183#14749

Wenn es 'schlau' und 'machen' als separate Wörter gibt, dann muß es die Getrenntschreibung 'schlau machen' , egal was davor steht, natürlich auch geben, sonst würden Duden und Wahrig ja verbieten, die Wörter in dieser Reihenfolge zu schreiben. So ein Verbot kann es doch ernsthaft nicht geben ...
 
 

Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 09.07.2009 um 18.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1183#14750

Verpflichtungen zur Zusammenschreibung sind nichts Neues, sondern sie haben schon immer Tausende Wörter betroffen. Beispiel: jemandem entgegenkommen wurde und wird sowohl in direkter als auch in übertragener Bedeutung obligatorisch zusammengeschrieben, obwohl niemand an der Existenz der Wörter entgegen und kommen zweifeln dürfte.

Während bei Partikeln die Regelungen noch relativ leicht lernbar waren und sind, ist dies insbesondere bei Resultativzusätzen (etwas geradebiegen usw.) ganz anders. Das »Rechtschreibwörterbuch« von Prof. Ickler bot hier zum erstenmal eine liberalisierte Regelung an, indem in solchen Fällen die Getrennt- oder Zusammenschreibung grundsätzlich freigestellt wurde.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 09.07.2009 um 20.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1183#14751

In meinem Sprachgefühl hat 'entgegen' einzeln eine etwas andere Bedeutung (entgegen meinem Vorschlag) als 'entgegen' in entgegenkommen (Verbzusatz, Ein Radfahrer ist mir entgegengekommen, ich bin dem Prüfling entgegengekommen). Die Getrenntschreibung: 'Ein Radfahrer ist mir entgegen gekommen' ist natürlich möglich, nur verleitet sie den Leser zur Vermutung, daß der Satz auch anders weitergehen könnte, etwa: 'Ein Radfahrer ist mir entgegen meiner Vorahnung nicht entgegengekommen'. Genau deshalb wird 'entgegen' als Verbzusatz sinnvollerweise zusammengeschrieben. Bei 'schlau machen' sagt mein Sprachgefühl: wenn der Fokus auf 'schlau' liegt Getrenntschreibung, wenn er auf 'machen' liegt Zusammenschreibung.
Wahrscheinlich muß man sich in solchen Fragen aber einzelne Fälle einzeln ansehen.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 10.07.2009 um 07.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1183#14752

Lieber Herr strasser,
Sie fassen "entgegen" offenbar als Präposition auf. Das entspricht ja auch den Amtlichen Regeln, die "entgegen" unter § 34 (1.1) als Verbpartikel, der "formgleich mit Präpositionen" sei, aufführen. M.E. kann man "entgegen" aber auch als Adverb (mit räumlicher Bedeutung) auffassen.
In dem Satz "die Truppen wurden dem Feind entgegen aufgestellt" scheidet die Zusammenschreibung aus, obwohl das von Ihnen genannte Mißverständnis auch auftreten könnte. Allerdings sind diese Beispielssätze so übersichtlich, daß ein Mißverständnis kaum auftreten kann, ja nicht einmal eine Lesehemmnis.
Naheliegend wäre es hier, zwischen einer wörtlichen (räumlichen) und einer übertragenen Bedeutung (ein Zugeständnis machen) zu unterscheiden.
Bei dem Satz "Der Radfahrer ist mir entgegen gekommen" stelle ich mir auch die Frage, ob das "entgegen" eher zu "mir" oder zu "gekommen" gehört, also: "Der Radfahrer ist (mir entgegen) gekommen" oder "Der Radfahrer ist mir (entgegen gekommen)". Da hier eindeutig räumliche Bedeutung vorliegt, scheint mir die Getrenntschreibung jedenfalls durchaus vertretbar.
Ähnlich liegt es mit "gegenüber". Ist das Präposition oder Adverb? In § 34 (1.1) wird es zu den präpositionalen Verbzusätzen gezählt. Bei dem einzigen Beispiel für Zusammenschreibung ("gegenüberstellen") in der Wörterliste wird aber auf § 34 (1.2), also auf die adverbialen Verbzusätze verwiesen.
Das zeigt die ganze Fragwürdigkeit der Gliederung von § 34 nach Wortarten.
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 10.07.2009 um 15.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1183#14756

Angesichts:

- ... übst du dann genau das was du gerade brauchst ...
- ... möchtest lernen wie man ...
- ... durcheinander gebracht. ...
- ... Hilf Nadja Näschen dabei die richtige Zeitform ...
- ... nicht an Dritte weiter gegeben ...
- ... LehrerInnen ...
- ... weiter zu entwickeln ...

könnte man auf den Gedanken kommen, daß hier Hilflosigkeit oder Ehrgeiz von Eltern schlichtweg in EURos konvertiert werden sollen. Das Wort "Abzocke" paßt dabei natürlich hier nicht, denn ich kenne den ganzen Dienst über Haupt nicht und kann mir kein Uhrteil an Maßen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.07.2009 um 16.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1183#14757

Wer erinnert sich nicht an die Goldgräberzeit, als alle möglichen Leute, die mit Rechtschreibung und Wörterbüchern nie etwas zu tun hatten, anläßlich der Reform die schnelle Mark zu machen versuchten - und manchmal auch gemacht haben, wie z. B. jener Professor Bünting, der zusammen mit seinen Studenten bei Aldi ein dickes "Deutsches Wörterbuch" herausbrachte, oder das Eduscho-Wörterbuch ("Schlussredaktion: Prof. Dr. Christian Stetter"), das noch unter verschiedenen anderen Adressen erschien und ebenfalls millionenfach verkauft wurde. All dieses wertlose Zeug ist längst vergeben und vergessen. Der Eduscho-Bearbeiter Friedemann Bedürftig hat sich später vehement von dem ganzen Unternehmen distanziert, von Bünting ist nichts dergleichen bekannt. Diese und viele andere tragen Mitschuld an der Schreibverwirrung und Verunsicherung, aus bloßem Gewinnstreben und gegen die jederzeit leicht erreichbare bessere Einsicht.
Inzwischen verlagert sich das Treiben auf die Software-Herstellung, wobei durchweg die Sache selbst zu kurz kommt und den Geschäftemachern auch ganz gleichgültig ist. Bücher gehen nicht mehr so gut, aber Computer und Lernspiele, das ist was ganz was Feines, kann gar nicht teuer genug sein (vor allem wenn auch noch der Staat Geld gibt).
 
 

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