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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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03.05.2011
 

Freude
Fußnoten zu Osama

"Freude" bekunden viele Politiker über den Tod Osama bin Ladens. Der Ausdruck wirkte gleich unpassend und wird auch vom Vatikan gerügt. "Erleichterung" (wenn man O. für gefährlich hält) oder "Genugtuung" (wenn man die gelungene Rache für wichtiger hält) scheinen angemessener.

Außerdem fällt die Mythisierung auf: "Die USA besiegen das Böse", "Das Böse verliert sein Gesicht" usw. – alles ziemlich unsinnig.

Sowohl das rechtliche Problem (Ermordung mißliebiger Zeitgenossen ohne Prozeß) als auch die politischen Folgen werden in nächster Zeit wohl noch zu einer gewissen Besinnung führen.

Die von Bush eingeführte religiöse Überhöhung der politischen Sprache wird nahtlos fortgesetzt. Man wird – offenbar nicht ungern – auch ein Opfer der eigenen Metaphorik: "Krieg gegen den Terror" usw.

Hätte man Hitler lebend gefangen, wäre er wie die anderen Kriegsverbrecher in Nürnberg vor Gericht gestellt (und dann zweifellos zum Tode verurteilt) worden. Die Sitten haben sich geändert, nicht zum Guten und nicht zum Vorteil des Rechtsstaates, der allen Grund hätte, besser für sich zu werben.



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Kommentare zu »Freude«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.05.2011 um 11.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#18663

Elf Tage nach der Tötung des Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden sind bei einem Doppel-Selbstmordanschlag in Pakistan mindestens 73 Menschen ermordet worden.

Das ist die Sprachregelung, an die sich fast alle Medien halten, bis auf ein paar Außenseiter wie die taz.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 13.05.2011 um 12.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#18667

Ist "mißliebiger Zeitgenosse" nicht ein sehr verniedlichender Ausdruck für einen Massenmörder?
Hitler und die anderen Kriegsverbrecher waren nach dem Krieg (soweit sie noch lebten oder gelebt hätten) nur noch Pappfiguren, man konnte sie in aller Seelenruhe rechtsstaatlich anklagen und verurteilen. Aber einen gefangenen Osama mit seiner noch freien Terrororganisation im Rücken wage ich mir kaum auszumalen.

Gab es nicht schon häufiger in Filmkomödien dieses Motiv: Ein "Gentleman" will "fair" gegen Gauner vorgehen und bekommt von ihnen ständig hinterrücks eins drauf? Auch mit der Demokratie kann man es wohl übertreiben und damit der Demokratie schaden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.05.2011 um 15.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#18669

Natürlich ist es verniedlichend, so war es auch gemeint. Denn wo ist die Grenze? Auch und gerade der Schwerverbrecher (wer sonst) hat das Menschenrecht auf ein ordentliches Verfahren. Daß Sie es sich nicht gern vorstellen, lieber Herr Riemer, ehrt Sie, aber das kann doch kein Maßstab sein. "Schlagt sie tot! Das Weltgericht fragt euch nach den Gründen nicht." So etwa? Es wird nun alles unternommen, die außerordentliche Nützlichkeit der Tat zu beweisen, und das mag glauben, wer will, aber es ändert nichts am Grundmakel. Es ging auch nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr oder um Notwehr, sondern erklärtermaßen um die Erfüllung eines seit zehn Jahren gehegten Vergeltungswunsches. Die Befriedigung war entsprechend groß und deutlich. Eben ein Atavismus und nebenbei, wie Sie ja auch andeuten, ein Zeichen von Schwäche. Denn sich ein rechtsstaatliches Verfahren nicht mehr vorstellen zu können oder zu wollen ist Schwäche (nicht bei Ihnen, lieber Herr Riemer, sondern bei den Verantwortlichen, Osamas Mördern). Was für ein Triumph wäre es gewesen, O. vor Gericht zu stellen und 9/11 wirklich aufzuarbeiten! Und nun? "Das eben ist der Fluch der bösen Tat, daß sie fortzeugend immer Böses muß gebären."
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 13.05.2011 um 18.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#18670

Es gibt Pro und Kontra. Unter dem Strich stimme ich Herrn Riemer zu. Man kann es mit dem Edelmut auch übertreiben, und vor allem stört es mich, daß man plötzlich edel sein soll, wenn man es mit dem größten Schurken zu tun bekommt. Die Schwäche hat sich schon vorher überdeutlich gezeigt, als man in den Krieg gezogen ist, den Bin Laden gegen den Westen ausgerufen hat. Da hat es viele unschuldige Opfer gegeben. Zuletzt haben Drohnen seine Anhänger einen nach dem anderen zur Strecke gebracht, ebenfalls mit vielen "Kollateralschäden". Kaum geht es um den Brandstifter selbst, um den Paten und Mentor des Terrors, ist das Geschrei über das Unrecht ihm gegenüber groß. Das geht mir zu weit.

Zweitens: Man kann sich kaum vorstellen, wie seine Anhänger mobilisiert worden wären, wenn Bin Laden monatelang oder sogar jahrelang mit einer nie gekannten medialen Aufmerksamkeit vor Gericht erschienen wäre. In tausend Moscheen hätten fanatische Imame zum heiligen Krieg aufgerufen, lauter als je. Man kann sich denken, daß es eine Serie von Geiselnahmen und vergeltenden Morden gegeben hätte: "Wenn ihr ihn nicht sofort freilaßt, werdet ihr in eurem Blut waten." Diese absehbaren weiteren Morde in Kauf zu nehmen, nur damit Bin Laden formvollendet zum Tode verurteilt werden kann, was soll das? Die wenigsten Menschen sind Heilige, und entsprechend sollte man die hehren Grundsätze auch nicht bis zur Lächerlichkeit und bis zur Schädlichkeit hochhalten.

Das ist natürlich nur meine Meinung und nicht der Weisheit reinstes Konzentrat.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 13.05.2011 um 19.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#18672

Ich glaube, es bringt nichts außer Frust, das Verhalten der USA mit den uns seit 1945 auch mit Hilfe der USA anerzogenen Rechtsmaßstäbe zu messen. Die USA sind heute kein Rechtsstaat mehr, und das Rechtsempfinden des durchschnittlichen USA-Bürgers entspricht nicht dem unseren.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 14.05.2011 um 01.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#18674

Zählt die FAZ auch zu den "Außenseitern"?

Der heutigen Meldung von FAZ.NET zufolge wurden "bei zwei Selbstmordanschlägen ... mindestens 80 Menschen getötet".

Daß die Tötung unbeteiligter Menschen durch aus Rachsucht verübte Anschläge den Tatbestand des Mordes erfüllt, erscheint mir so selbstverständlich, daß die Wortwahl "ermordet" hier überflüssig, da pleonastisch wäre.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.05.2011 um 06.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#18676

Von Edelmut war nicht die Rede, und an völkerpsychologische Verallgemeinerungen (Amerikaner und "wir") glaube ich auch nicht. Der Spott über den Rechtsstaat ("formvollendet" – die Verhöhnung der Form ist immer der Anfang!) scheint mir nicht angebracht. Die Decke ist allerdings dünn, wie man sieht. Der Sinn fürs große Aufräumen ist allemal stärker: Ausschluß aus der Volksgemeinschaft oder gleich aus der Menschheit, nicht wahr? Mir gefällt das nicht, und das soll mein letztes Wort dazu sein.
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 14.05.2011 um 08.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#18678

Die Staatsraison (es gibt sie tatsächlich) gebietet bisweilen Handlungen jenseits aller Legalität und Moral. Allerdings hängt man diese Handlungen üblicherweise nicht an die große Glocke, um den Anspruch zu wahren, grundsätzlich weiterhin nach den Spielregeln zu handeln – und behandelt zu werden. Den Franzosen war es 1985 sehr unangenehm, als bekannt wurde, daß ihr Geheimdienst das "Greenpeace"-Schiff "Rainbow Warrior" im Hafen von Auckland versenkt hatte, obwohl die Aktion aus ihrer Sicht zwingend war (und überdies sogar maßvoll, wenn man die Alternative bedenkt, nämlich eine Kaperung oder gar Versenkung auf hoher See durch die Marine). Was die Freude der Amerikaner und Frau Merkels so unangenehm macht, ist nicht der dem Erfolg zugrunde liegende Regelverstoß, sondern ihre Indiskretheit. Der Verzicht auf Diskretion legt den Verdacht nahe, daß die Regel gar nicht mehr gelten soll.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 14.05.2011 um 10.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#18680

Eine vernünftige Betrachtung, die ein einzelner ("Räson") oder der Staat vornehmen kann ("Staatsräson"), besteht in der Frage, wie wichtig welche Güter sind und wie sie insgesamt mit den geringsten Verlusten geschützt werden können. Also eine Abwägung von Vor- und Nachteilen. Insbesondere geht es darum, Opfer zu vermeiden und Schäden gering zu halten. Die Einhaltung des Rechtswegs ist ein hohes, aber kein absolutes Gut. Man muß immer wieder beobachten, wie die Gerechtigkeit verlorengehen kann und die Parteien ruiniert werden, wenn man dazu verdammt ist, die Justiz einzuschalten, die von der Lebenswirklichkeit oft nichts weiß.

Von Rache zu sprechen ist eine grobe Vereinfachung. Bei dem Protest gegen die Tötung Bin Ladens scheint mir ein anderer Atavismus am Werk zu sein, nämlich die Empfindung, daß ein Führer, ein König, ein Prominenter sehr wertvoll und ein gewöhnlicher Mensch nicht viel wert sei. Wie viele gewöhnliche Menschen wären als unschuldige Opfer zu beklagen gewesen, wenn bei einem womöglich jahrelangen internationalen Justizdrama um Bin Laden die Welt gespalten und zigtausend junge Muslime mit töglichem Haß gegen den Westen aufgestachelt worden wären? Das Leben dieser namenlosen Mitmenschen scheint kaum zu interessieren, wenn es um Fairneß gegenüber einem Fürsten des Terrors geht.

Genau dasselbe Mißverhältnis zeigt sich darin, daß vergleichsweise wenig Protest gegen die Exekutionen seiner Gefolgsleute mit Hilfe von Kampfdrohnen laut wurde, die nun bald zehn Jahre andauern und noch weitergehen. Die Getöteten sind ja nur Untergeordnete und keine Prominenten, also braucht man sich da nicht groß um die Menschenrechte zu sorgen. Die zivilen Opfer des Drohnenkriegs bringen das Weltgewissen auch nicht in Wallung. Ich bin ganz entschieden gegen die bevorzugte Behandlung des Prominenten Osama Bin Laden, die man ihm angeblich hätte angedeihen lassen sollen.

Zitate aus einem Artikel in der schweizerischen "Wochenzeitung" vom Juni 2010:

Als die US-Airforce am 5. August 2009 den mutmasslichen Talibanchef Baitullah Mehsud in Pakistan mit einer Killerdrohne umbrachte, riss die Rakete auch seine Frau, einen Onkel, einen Arzt und acht weitere Menschen mit in den Tod. Und diese elf Toten waren noch der kleinste Teil des «Kollateralschadens», den die US-Streitkräfte während ihrer monatelangen, ferngesteuerten Menschenjagd auf Mehsud angerichtet hatten: Das US-amerikanische Wochenmagazin «New Yorker» schätzt die Zahl der Opfer von insgesamt sechzehn vorangegangenen, erfolglosen Drohnenanschlägen gegen ihn auf fast 300. [...] Inzwischen stehen Hunderte Verdächtigte auf US-Abschusslisten, die von Obamas Drohnenflieger «abgearbeitet» werden. [...] Weltweit entwickeln, beschaffen oder verwenden inzwischen vierzig Staaten Drohnen. Der US-Politologe P. W. Singer rechnet mit weltweit 7000 Drohnen, die mittlerweile durch die Luft fliegen, die meisten davon bei der US-Airforce. [...] Werden Obamas Killerdrohnen dabei nicht durch Armeeangehörige, sondern durch CIA-Agenten ferngesteuert, ist dies doppelt illegal: Juristisch kommt der Tatbestand dann jenen Auftragsmorden gleich, welche Mafiaorganisationen praktizieren – oder Schurkenstaaten.

www.woz.ch/artikel/inhalt/2010/nr23/International/19426.html
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 14.05.2011 um 14.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#18682

Für mich ist es ein Deja-vu-Erlebnis: Als Kind und in den ersten Schuljahren wurde uns gelehrt, daß die Rechtsprechung sich der Regierung unterzuordnen habe. Nach 1945 wurde uns das Gegenteil gelehrt und als Gegenbeispiele die DDR und die Sowjetunion hingestellt. Nachdem es beide nicht mehr gibt (dafür jetzt Weißrußland), muß ich wohl wieder umlernen.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 14.05.2011 um 18.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#18683

"Wir Kinder wurden damals schon in den ersten Schuljahren gelehrt, daß die Rechtsprechung sich der Regierung unterzuordnen habe" klingt zwar etwas gestelzt, ist aber richtig, weil man ohne Verzögerung weiterliest. — Zum Thema hier überhaupt: Wir sind wohl in einer Kriegssituation, — wenn auch diese Art Krieg nicht mehr nach traditionellen Sitten definiert werden kann.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.08.2017 um 06.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#36037

Einige Jahre später.

„Als Snuff-Film, kurz Snuff (englisch umgangssprachlich to snuff someone out = jemanden auslöschen), wird die filmische Aufzeichnung eines Mordes bezeichnet, der zur Unterhaltung des Zuschauers begangen wurde.
Es gibt keinen Nachweis, dass ein solcher Film je real veröffentlicht wurde. Der reale Snuff-Film gehört daher zu den modernen Sagen.“ (Wikipedia)

Obama ließ ein Snuff-Video von der Ermordung Osamas herstellen und ein weiteres, das ihn beim Betrachten des ersteren zeigt.

Mancher mag heute wünschen, es wäre nicht geschehen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.08.2017 um 11.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#36038

Gibt es für gefilmte Morde nicht treffendere Beispiele?
Die Video-Hinrichtungen des IS?

Wurde der Haupttäter des Anschlags von Barcelona gestern etwa auch ermordet? Hätte man ihn lebend fassen können? Sicher, aber mit größerem Risiko, genau wie bei Osama. Sollen noch mehr Unschuldige bei der Festnahme umkommen? Bestimmte Täter, die sich mit wiederholter Gewalt der Festnahme entziehen, kann der Rechtsstaat nur töten, wenn er sich nicht lächerlich und mitschuldig machen will. Das ist kein Mord, sondern fällt m. E. unter Notwehr oder Kriegsrecht.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 22.08.2017 um 14.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#36039

Daß das Bin-Laden-Snuffing zur Unterhaltung des Publikums aufgezeichnet worden sei, ist eine verwegene These.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.08.2017 um 14.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#36040

zu #18669:
"Es ging auch nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr oder um Notwehr"

Doch, selbstverständlich, meiner Meinung nach ging es genau darum. Man mag von Vergeltung gesprochen haben, aber damit war kein Lynchen gemeint, sondern die Gefangennahme, tot oder lebendig, und im letzteren Fall konnte man sich natürlich nur ein nachfolgendes Todesurteil vorstellen. Hätte Osama sich freiwillig gestellt, wäre er kaum sofort ohne Urteil erschossen worden. Aber das hat er nicht, ganz im Gegenteil, da mußte Obama auf Nummer sicher gehen.

Das wäre vergleichbar mit dem Hitlerattentat, wenn es geglückt wäre. Niemand würde heute von Mord sprechen, sondern von Rettung. Hitler war der Krieg. Hätte man Hitler nach Kriegsende lebendig gefaßt, wäre er kein bißchen gefährlich mehr gewesen, man hätte das Häufchen Elend in aller Seelenruhe zum Tode verurteilen können. Zur Zeit des Attentats ging das aber nicht, ebensowenig wie bei den aktuellen Ereignissen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.08.2017 um 06.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#36042

"Notwehr" und "Kriegsrecht" sind hier Metaphern, nicht wahr? Wie "Krieg gegen den Terror/das Böse".
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 23.08.2017 um 11.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#36047

Die Liste der Anschläge von Al-Kaida unter Führung von Osama ist lang, auch in der Zeit zwischen "9/11" und Mai 2011. Das war ein realer Krieg, auch wenn dieser Krieg anders aussah als die herkömmlichen wie Hitlers. Die Bedrohung durch weitere Anschläge war und ist sehr konkret und permanent. Diese Not und den Krieg dagegen kann ich nicht als bloße Metaphern sehen.
Daß der Kampf gegen Osama und letztlich seine Ausschaltung eine sehr riskante und gefährliche Aktion für die US-Soldaten war, steht wohl außer Zweifel. Sie haben ihr Leben riskiert. Krieg eben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.08.2017 um 03.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#36049

Zur Zeit wird ja die "Tötung von Terroristen" ausdrücklich als Ziel militärischer Operationen erklärt. Das ist merkwürdig. Ein Krieg im eigentlichen Sinn ist nicht erklärt worden (gegen wen auch?), also geht es um Verbrechensbekämpfung oder?
"Notwehr" im außerrechtlichen, nicht durch Gesetze definierten Sinn ist metaphorisch.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.08.2017 um 03.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#36051

In einem Leserbrief, den die FAZ gestern abzudrucken für richtig hielt, wird die Bezeichnung Kämpfer kritisiert. Die Terroristen seien vielmehr Verbrecher, Mörder, Geisteskranke, Gehirngewaschene, Feiglinge, Heimtückische.
„Es wäre zu begrüßen, wenn diese Kämpfer künftig als heimtückische Feiglinge, feige Verbrecher, armselige Mörder und ähnlich bezeichnet würden."
Da könnten wir uns auf eine ganz neue und doch irgendwie bekannte Pressesprache einstellen. Und das im Zeitalter der politisch korrekten Selbstbezeichnungen!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.08.2017 um 03.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#36052

Die Bundesregierung, die FAZ, die NZZ (um nur diese zu nennen), halten es für richtig und "vernünftig", daß die USA mehr Soldaten nach Afghanistan schicken, demnächst vielleicht auch nach Pakistan. Ich will das hier nur mal notieren, für später.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 24.08.2017 um 10.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#36055

A bombardiert B, okkupiert einen Teil von B, bombardiert weiter. Ein Angehöriger von B verneint die Frage, ob Krieg sei: Nein, niemand hat uns den Krieg erklärt, es ist Frieden. Derweil wird auf beiden Seiten mit allen verfügbaren militärischen Mitteln "friedlich" weitergekämpft und getötet.

Muß ein Krieg "erklärt" werden, damit er als solcher gilt? Was ist der Unterschied zwischen einem Angriffskrieg und einem Verbrechen?
Wo in diesem Strang wurde das Wort Notwehr im außerrechtlichen Sinn benutzt?
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 14.04.2018 um 11.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#38494

Merkel befürwortet Militärschlag gegen Syrien (spiegel.de), Die Bundesregierung befürwortet den abgestimmten Einsatz von Amerika, Großbritannien und Frankreich gegen syrische Einrichtungen (faz.net). Klingt, als hätte der Einsatz noch gar nicht stattgefunden. Im ersten Moment dachte ich, Merkel hätte sich umentschieden, aber die Raketen sind ja längst eingeschlagen, ohne (offizielles) deutsches Zutun. Wäre gutheißen, billigen, begrüßen hier nicht passender?

In der Pressemitteilung der Bundeskanzlerin heißt es übrigens wörtlich:

Wir unterstützen es, dass unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen haben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.04.2018 um 17.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#38495

unterstützen treibt die Heuchelei auf die Spitze. Das klingt fast schon wie Beteiligung.

Allerdings muß ich gestehen, daß mir das Herumeiern immer noch lieber ist als ein wirkliches Mitmachen.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 14.04.2018 um 19.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#38496

Schröder hätte vermutlich andere Worte gefunden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.04.2018 um 05.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#38497

Jedenfalls hat Assad seine Lektion gelernt. Angstschlotternd nimmt er sich vor, nie wieder etwas Böses zu tun.
Der amerikanische Generalstab sagt, von zivilen Opfern sei nichts bekannt, dagegen sei die syrische Raketenabwehr eine Gefahr für die Zivilbevölkerung. Deren Herzen schlagen für ihre amerikanischen Beschützer.

(Nirgendwo wird erwähnt, was bei der vollständigen Zerstörung der Chemiewaffen aus dem eingelagerten Sarin usw. geworden ist.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.04.2018 um 06.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#38499

Gilt das Chemiewaffenverbot nicht nur für Kriege im Sinne des Genfer Protokolls? Überall liest man, der wirkliche oder vermeintliche Einsatz innerhalb Syriens begründe eine Verpflichtung anderer Staaten, dagegen einzuschreiten. Deutschland "kneift", und Europa?
Angesichts der Gefahr, die von diesem Konflikt für Europa ausgeht, würde man denken, dass sich die EU-Staaten vielleicht irgendwie daran hätten beteiligen sollen, das Chemiewaffenverbot zumindest in der eigenen Nachbarschaft durchzusetzen und weiterführende Konzepte zu entwickeln, wie der Bürgerkrieg beigelegt werden könnte. Doch davon ist nichts zu sehen. Europas Führungsmacht Deutschland stiehlt sich wie fast alle anderen aus der Verantwortung und überlässt den einzigen beiden Ländern Europas, die überhaupt noch über globalen Gestaltungsehrgeiz verfügen, das Feld. (Clemens Wergin, Welt 14.4.18)
Gibt es eine solche Verantwortung überhaupt? Sind die amerikanischen Raketenangriffe humanitäre Aktionen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.04.2018 um 06.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1444#38500

Zum bemerkenswerten Begriff des "globalen Gestaltungsehrgeizes":

„Wir waren uns einig, dass es sowohl richtig als auch rechtens war, gemeinsam mit unseren engsten Verbündeten militärisch zu handeln, um menschliches Leid zu lindern, indem wir die syrischen Kapazitäten auf dem Gebiet chemischer Waffen schwächen und deren Einsatz verhindern. Es ging nicht darum, in den Bürgerkrieg einzugreifen und es ging auch nicht um einen Regierungswechsel“, sagte May.
 
 

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