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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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08.11.2005
 

Pädagogik auf Abwegen
„Pädagogische Vorzüge“ der Kleinschreibung

In Fritz Tschirchs Sprachgeschichte, Bd. II, gibt es ein gutes Kapitel über Rechtschreibung.
Aber nebenbei fällt eine komische Bemerkung: Die "'gemäßigte Kleinschreibung' – sie ist in Wahrheit radikal – habe sich trotz ihrer pädagogischen Vorzüge bislang nicht durchzusetzen vermocht." (S. 182)

Das ist, als wenn man sagen wollte, das kleine Einmaleins habe gegenüber dem großen pädagogische Vorzüge. Die Kinder lernen es leichter und machen dabei weniger Fehler.



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Kommentare zu »Pädagogik auf Abwegen«
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Kommentar von Jens Stock, verfaßt am 08.11.2005 um 21.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=283#1481

Das Thema Kleinschreibung wird immer wieder auftauchen. Schließlich wird sie ja außerhalb der deutschen Sprache erfolgreich praktiziert. Fragt sich nur, wozu die anderen Sprachen überhaupt Großbuchstaben benötigen. Für Satzanfänge vielleicht? Oder für Namen?

"Im Englischen schreibt man alles klein", sagen manche Menschen. Das ist falsch. Aber auch wenn man "alles" durch "fast alles" ersetzt, stimmt die Aussage nicht. Man betrachte im Englischen mal Überschriften oder Beschriftungen von Plakaten, Bildern, CD-Hüllen usw. Manchmal ist dort kein einziges klein geschriebenes Wort zu finden (wenn überhaupt, dann höchstens Präpositionen).

Daß die englische Sprache in dieser Sache der deutschen ein Vorbild sein kann, wage ich wirklich zu bezweifeln.
 
 

Kommentar von Heinz Erich Stiene, verfaßt am 09.11.2005 um 13.25 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=283#1501

Es liegt mir fern, alten Brei aufzuwärmen und längst Bekanntes zu bestätigen. Deshalb nur soviel: Der vergleichsweise variable, freie Satzbau der deutschen Sprache verlangt, erzwingt meines Erachtens geradezu die Groß- und Kleinschreibung. Hätten wir sie nicht, dann müßten wir sie schleunigst einführen. Man stelle sich einmal diese Eichendorffschen Verse in Kleinschreibung vor:
"Bin ich müde vom Studieren,
Wann der Mond tritt sanft herfür,
Pfleg' ich dann zu musizieren
Vor der Allerschönsten Tür."
Vor der allerschönsten tür? Undenkbar!
Oder:
"Bis ich Glücksel'ger nimmer
Von dorten wiederkehr'".
Oder:
"O Gegenwart, wie bist du schnelle,
Zukunft, wie bist du morgenhelle,
Vergangenheit so abendrot!
Das Abendrot soll ewig stehen,
Die Morgenhelle frisch drein wehen,
So ist die Gegenwart nicht tot."
Eben habe ich behauptet, wir müßten die Groß- und Kleinschreibung einführen, wenn wir sie nicht schon hätten. Man kann die Medaille auch von der anderen Seite betrachten: Die Einführung einer sog. "gemäßigten" Kleinschreibung zöge, damit Mißverständnisse möglichst vermieden würden, über kurz oder lang eine Reduzierung des Satzbaus und damit eine Schrumpfung der Ausdrucksvielfalt nach sich. Daß Eichendorff die zitierten Verse auch bei einer Kleinschreibung zu Papier gebracht hätte, darf bezweifelt werden.

 
 

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