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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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24.12.2005
 

Nachspiel zu Zabel
Leserbrief zum Leserbrief – abgelehnt

Nach einigem Zögern hatte ich FuL doch noch eine Replik zugesandt. Gestern kam die Antwort.

»Sehr geehrter Herr Professor Ickler,

als Redakteurin von Forschung & Lehre darf ich Ihnen vielmals für Ihren Leserbrief zu den Ausführungen von Hermann Zabel danken. Wir können Ihr Anliegen, Ihren Leserbrief in Forschung & Lehre zu veröffentlichen, gut verstehen, besonders auch angesichts der Informationen, die Sie beigefügt hatten.

Nach eingehender Erörterung in unserer Redaktionskonferenz muß ich Ihnen jedoch leider mitteilen, daß wir eine Veröffentlichung Ihres Leserbriefs nicht vorsehen können. Würden wir Ihren Leserbrief veröffentlichen, hätte das sicher zur Folge, daß Herr Zabel uns auch wieder einen Leserbrief zuschickt. Wir möchten jedoch vermeiden, daß diese Auseinandersetzung in Forschung & Lehre immer weiter geht, deshalb müssen wir die Veröffentlichung Ihres Leserbriefs leider ablehnen.

Diese Vorgehensweise der Redaktion betrifft nicht nur Ihren Leserbrief, sondern generell die Leserzuschriften, die sich nicht auf inhaltliche Beiträge, sondern nur auf einen vorherigen Leserbrief beziehen. Angesichts der Vielzahl an Zuschriften, die uns zu den Meldungen und Beiträgen in Forschung & Lehre erreichen, von denen wir viele aus Platzgründen nicht abdrucken können, sehen wir uns leider nicht in der Lage, Leserbriefe, die eine Reaktion auf einen Leserbrief darstellen, aufzunehmen.

Ich bedauere es außerordentlich, Ihnen keine andere Nachricht geben zu können. In der Hoffnung auf Ihr Verständnis verbleibe ich für heute
mit den besten Grüßen
Ihre

Ina Lohaus
-Redakteurin-
Forschung & Lehre
Rheinallee 18
53173 Bonn
Tel.: 0228 / 90266 20
Fax: 0228 / 90266 90
E-Mail: lohaus@forschung-und-lehre.de«


Auf diesen Mechanismus können sich die Dreckschleudern stets verlassen: irgend etwas wird schon hängenbleiben. Wenn FuL grundsätzlich keine Repliken auf Leserbriefe abdruckt - wozu dann die eingehende Beschäftigung der Redaktionskonferenz mit dem Fall? Und das bei einem Verband, der stets die "besondere Verantwortung des Wissenschaftlers" im Munde führt. Mein Leserbrief lautete so:

»Seit mehreren Jahren verbreitet Herr Zabel, meine Kritik an der Rechtschreibreform sei schon deshalb unbeachtlich, weil ich im Gegensatz zu ihm selbst nur nach C3 besoldet bin. In einem Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung, der allerdings nicht veröffentlicht wurde, nannte er mich sogar einen „nichthabilitierten C2-Professor“, woran weniger der doppelte Irrtum als die eigentümliche Gesinnung bemerkenswert ist – als komme es für den Wert eines Arguments auf die Besoldungsgruppe des Argumentierenden an. Wie sehr Zabel auf dergleichen fixiert ist, zeigt auch ein Absatz in seinem Buch „Widerworte“, das laut Vorwort zur „Versachlichung der Diskussion“ beitragen soll:
„Auch Prof. Dr. H. Glück macht aus seiner karrierebedingten Abneigung gegen die Beteiligung von Fachdidaktikern an der Erarbeitung des neuen Regelwerks kein Geheimnis. Schon im Jahre 1995 war der C 3-Professor Glück als Wadenbeißer für seine C-4-Kollegen Eisenberg, Maas und Munske vorgeprescht.“
Zu diesem Stil paßt der „Briefmarkenkrieg“, den Zabel 1997 in der Süddeutschen Zeitung gegen den reformkritischen Lehrer Friedrich Denk anzettelte. Nachdem Zabel gegen übersandtes Rückporto nicht binnen einer Woche die erbetenen Texte erhalten hatte, rechnete er den Lesern am 2.1.1997 vor, welche Reichtümer (60.000 DM) Denk durch systematisches Unterschlagen von Briefmarken bereits angehäuft haben müsse. Er teilte außerdem mit, daß er sich an das bayerische Kultusministerium gewandt und disziplinarische Maßnahmen gegen Denk wegen nichtgenehmigter Nebentätigkeit (Briefmarkengeschäfte) empfohlen habe. Sogar die gelassene Antwort des Ministeriums war Zabel naiv genug mitzuteilen: „Wegen der Herrn Denk zugesandten Briefmarken darf ich Sie bitten, sich mit Herrn Denk in Verbindung zu setzen.“ Prof. Eberhard Dünninger erteilte dem Briefschreiber die gebührende Antwort (Süddeutsche Zeitung 11.1.1997). All dies würde man für eine groteske Erfindung halten, wenn es nicht schwarz auf weiß dokumentiert wäre.
Zu Zabels absurder Behauptung, ich hätte die Rechtschreibreform mit den Nazi-Greueln verglichen, brauche ich mich wohl nicht mehr zu äußern.

Was meine Empfehlung betrifft, der Staat solle die Getrennt- und Zusammenschreibung nach den bisherigen Erfahrungen gar nicht zu regeln versuchen, so befinde ich mich auf der Linie der Zweiten Orthographischen Konferenz, die 1901 in weiser Voraussicht darauf verzichtet hatte. Zur dieser Einsicht kam jüngst auch die Zwischenstaatliche Kommission. Der „Ergänzende Bericht vom 18.05.2004“ schließt mit folgenden Worten:
„[Die Kommission möchte] festhalten, dass die Diskussion in den Jahren seit der Einführung des neuen Regelwerkes und nicht zuletzt auch die Gespräche mit Vertretern der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung gezeigt haben, dass der Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung äußerst schwierig in Regeln zu fassen ist, weil sich ständig neue Entwicklungen ergeben. Eine fortlaufende Beobachtung der Sprachentwicklung ist ebenso unerlässlich wie weitere gelegentliche Anpassungen des Regelwerks. In diesem Sinne muss der Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung in ganz besonderer Weise (ähnlich wie die Entwicklung der Fremdwortintegration) sowohl offen als auch außerhalb jeder rigiden Ahndung im schulischen Bereich bleiben. Getrennt- und Zusammenschreibung kann auf Grund seiner [sic!] Komplexität, Kompliziertheit und Offenheit nicht Gegenstand eines eng normierenden schulischen Rechtschreibunterrichts bzw. schulischer Fehlerkorrektur sein.“
Ähnlich schon im vierten Bericht Anfang 2004:
„Die in diesem Teilbereich zu treffenden Normierungen haben es mit komplexen Gegebenheiten im Überschneidungsbereich von Grammatik und Semantik zu tun, denen eine orthografische Regelung kaum allseitig gerecht werden kann.“
Dieses Fazit ist um so aussagekräftiger, als die erstmalige amtliche Regelung dieses Bereichs der ganze Stolz der Reformer gewesen war.«



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Kommentare zu »Nachspiel zu Zabel«
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Kommentar von Robert Schuster, verfaßt am 26.12.2005 um 02.20 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=333#2048

Sehr geehrter Herr Prof. Ickler,

Herrn Zabel sollte man nur mit Nichtachtung strafen. Auf dieses Niveau können und werden Sie doch wohl nicht weiter reagieren. Glauben Sie mir, dieses hilft bestimmt. Ich wünsche frohe Festtage und bleiben Sie so wie sie sind- mich haben Sie jedenfalls auf ihrer Seite (und das schon seit Jahren- siehe Ickler Wörterbuch).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.12.2005 um 10.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=333#2051

Sehr geehrter Herr Schuster,
natürlich haben Sie recht, und ich habe ja auch Zabel im allgemeinen ignoriert und wollte nicht einmal auf seinen Leserbrief antworten, aber Freunde haben mich überzeugt, daß es einen Versuch wert wäre - nicht wegen Zabel, sondern wegen des Hochschulverbandes und seiner Mitgliederzeitschrift. Und in dieser Hinsicht ist die Abfertigung meiner Zuschrift doch ganz interessant. In meinen Büchern habe ich mich auch um Organe gekümmert, die mir ansonsten herzlich gleichgültig sind, z. B. die ADAC-motorwelt. Symptome sind es allemal, und man lernt was daraus. Aber nun soll es wirklich mit Zabel genug sein.
 
 

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