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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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11.09.2006
 

Farbbezeichnungen
Unklarheiten bei der Bindestrichsetzung

In den Benutzungshinweisen liest man zur Empfehlungspraxis:
"Bei zusammengesetzten Farbbezeichnungen können die Abtönung einer Farbe (z. B. ein bläuliches Rot) durch Zusammenschreibung ('blaurot'), das Nebeneinander zweier Farben durch Bindestrichschreibung (ein Kleid in Blau und Rot ist ein 'blau-rotes' Kleid) ausgedrückt werden. Diese Unterscheidung hilft, Missverständnisse zu vermeiden, und wird deshalb von uns empfohlen."
Das Wörterverzeichnis kennt dann aber doch nur blaurot. Nur der Kasten zu blau enthält einen Hinweis auf die genannte Differenzierung, die als Regel unter K 23 formuliert ist. Sie stimmt mit der alten Dudenregel überein, hat aber keine Entsprechung im reformierten Regelwerk. Dieses sieht unter § 36 (1.4) gerade für nebengeordnete Adjektive nur Zusammenschreibung vor, blaugrau und grünblau sind ausdrücklich angegeben; der Verweis auf § 45 (2) (Bindestrich bei unübersichtlichen Zusammensetzungen) ist nicht einschlägig.



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Kommentare zu »Farbbezeichnungen«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.05.2011 um 09.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=607#18686

Die Wörterbücher sehen wie das amtliche Wörterverzeichnis nur bläulich grau usw. vor. Eine Begründung der Änderung gegenüber der herkömmlichen Zusammenschreibung wird nicht gegeben. 1996 war sie an die inzwischen aufgegebene ig/isch/lich-Regel gebunden. Das Problem ist, daß das erste Adjektiv syntaktisch schwer zu interpretieren ist. Rosa ist eine helle bläulich rote Körperfarbe. (Wikipedia) usw.
Brockhaus-Wahrig gibt anders als der Duden sogar noch die Betonung an, nämlich nur auf dem ersten Wort: bläulich grün. Das ist meiner Ansicht nach falsch.

hellblau usw. wird gemäß § 36 (1.5) weiterhin unter „bedeutungsverstärkende oder -abschwächende“ Adjektive im Erstglied eingeordnet, obwohl es gar nicht um Verstärkung und Abschwächung geht, sondern um Farbtöne und Sättigungsgrade. Insofern sind die Fabbezeichnungen nicht mit bitterernst usw. zu vergleichen. Gegen die Zusammenschreibung selbst ist natürlich nichts einzuwenden.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 17.05.2011 um 01.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=607#18695

Sowohl die Regeln des alten Duden als auch die der RSR zur Zusammensetzung von Adjektiven erscheinen mir mir wenig geglückt. Beide sind gleichermaßen unklar.

In beiden Fällen läßt sich aus den Regeln nicht ableiten, wie bläulich grau/bläulichgrau zu schreiben ist. Es bleibt nämlich unklar, ob hier bläulich überhaupt ein Adjektiv und ein "Farbbezeichnung" ist, oder eher eine Farbtönung und eine "adverbiale" Ergänzung zu grau ist.

Persönlich neige ich in den meisten Fällen zur Getrenntschreibung bläulich grau. Dabei empfinde ich aber auch einen Unterschied zwischen attributivem und prädikativem Gebrauch. Unter besonderen Umständen würde ich bei attributivem Gebrauch auch bläulichgrau schreiben und dann auch die Betonung auf das Erstglied legen. Bei prädikativem Gebrauch (Ihr Kleid war bläulich grau) dagegen kämen mir die Zusammenschreibung und und die Betonung auf dem Erstglied gleichermaßen unmöglich vor.

M.E. gehört deshalb diese Frage weder in den Bereich "Zusammensetzung" noch in den Bereich "Bindestrich" sondern zur Frage "attributiver und prädikativer Gebrauch". Unverzeihlicherweise ist letzteres mit der RSR völlig unter den Tisch gefallen.

Schließlich scheint mir in diesem Zusammenhang die Bezeichnung "herkömmliche Zusammenschreibung" nicht recht treffend - es sei denn, man versteht darunter die alte Dudenschreibung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.05.2011 um 08.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=607#18696

Herr Achenbach kritisiert mit Recht den Wegfall der Unterscheidung von attributivem und prädikativem Gebrauch – ein Mangel, auf den ich gleich Beginn der Reform hingewiesen hatte, und zwar besonders im Zusammenhang mit der Schreibung von erweiterten Partizipien. Als die Reformer dann plötzlich den Begriff "adjektivisch verwendet" aus dem Hut zauberten, ohne ihn zu definieren, konnte man Hoffnung schöpfen. Die hat sich aber zerschlagen, weil der Begriff, soweit erkennbar (im Rat wurde mein Definitionswunsch schlicht ignoriert bzw. mit einer drucksenden und offenbar falschen Antwort von Herrn Schrodt beschieden) anscheinend nur bedeutet, daß Partizipien nicht als Teil des Verbkomplexes (wie in hat gesendet) auftreten.

Aus der ursprünglichen Reform ist die Bestimmung von § 34 (4) stehengeblieben, freilich durchlöchert durch die Sonderregelung zu bleiben und lassen (mit den schlimmen Eisenbergschen Folgen, die ich am Brockhaus-Wahrig noch einmal aufgezeigt habe). Aber wenn es irgendwo einen Grund gibt, idiomatische, sogar grammatikalisierte Sonderbedeutungen auszuzeichnen, dann sind es Fälle wie badengehen, spazieren gehen – hier in der immer noch allein zulässigen Getrenntschreibung. Freilich war das einer der Glanzpunkte Schaeders, darauf scheint man so wenig verzichten zu wollen wie auf die Augstschen Etymogeleien.

Die dritte Ausnahme ist bekanntlich kennenlernen. Hier plädiert Wahrig für Zusammenschreibung und vollzieht im Kasten die Begründung der Ausnahme durch die Reformer nach: Während es neben schätzen lernen auch die Fügung mit zu gibt, ist das bei kennen nicht der Fall. Daraus soll folgen, daß auch die Verbindung ohne zu unterschiedlich gebaut sei – eine logisch nicht haltbare Argumentation. Vgl. lernen, wie man schwimmt; aber nicht *lernen, wie man schätzt. Auch daraus folgt nichts Bestimmtes, ich möchte nur die Unlogik der Begründung zeigen.

(Fortsetzung siehe hier.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.07.2013 um 17.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=607#23607

Der Rechtschreibduden führt seit 2000 an: ein Auto in Blau matt od. in Blaumatt, in matt Blau od. in matt Blau an und empfiehlt heute jeweils die Zusammenschreibung: Blaumatt, Mattblau. Dafür gibt es aber keine eigenen Einträge, man findet also Blaumatt nur unter matt, falls man zufällig auf die Idee kommt, dort nachzusehen. Gibt es auch andere Farben als blau in dieser Verbindung? Das ist nicht zu erkennen.

Es handelt sich dabei aber um verschiedene Konstruktionen und nicht um Schreibvarianten.

Duden gibt auch an: im Geringsten (nur groß), zum wenigsten (nur klein), zum mindesten/Mindesten, empfohlen wird Großschreibung, also insgesamt: nicht im Geringsten, nicht zum wenigsten, nicht zum Mindesten. Schönes Beispiel für die Vereinfachung.

Obwohl es nicht ausdrücklich gesagt wird, scheint die Steigerbarkeit der Grund gewesen zu sein, warum der Duden nun durchweg bei ekelerregend usw. Zusammenschreibung empfiehlt, bei Eisen verarbeitend usw. aber Getrenntschreibung.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 10.07.2013 um 18.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=607#23609

Immerhin eine neue Farbe: Matt. Wie mögen sich wohl die Varianten Hellmatt, Dunkelmatt und Hochglanzmatt ausnehmen?
 
 

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