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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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23.04.2009
 

Neust
Die Ratschläge des Duden sind nicht immer gut begründet

Duden 9 (2001), S. 889: „Bei Adjektiven, die auf Diphthong oder auf Vokal + h enden, fällt das e zumeist weg (...) neu(e)ste.“

Ich habe einen Jahrgang der Süddeutschen Zeitung durchgesehen und gefunden: 28mal neuste und rund 1.400mal neueste. Das angebliche Normale ist also verschwindend selten.



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Kommentare zu »Neust«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.09.2009 um 11.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14922

Nach der Dudengrammatik (S. 374) muß es frischeste, rascheste heißen und nicht frischste, raschste. Mir kommt das zu streng vor.

Im Text der Grammatik kommt die Ausdruckmöglichkeit vor (S. 379), aber da dürfte ein Fugen-s fehlen, denn so bedeutet es wohl eher die "Möglichkeit, etwas auszudrucken" (und nicht "auszudrücken", wie es gemeint ist).
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 04.05.2009 um 15.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14391

Klasse, lieber Herr Riemer! Daran hatte ich gar nicht gedacht! Das sollten Sie als Leserbrief an eine Zeitung schicken.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 04.05.2009 um 12.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14390

Die beiden u.g. Beispiele von Herrn Ludwig und Germanist das lauste und das rauste amüsieren mich vor allem wieder, wenn ich an die reformierte Trennung denke.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.04.2009 um 10.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14373

Aus dieser Diskussion lernen wir etwas über den Superlativ, über den Duden – und über die Google-Praxis. Immerhin.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 28.04.2009 um 10.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14371

Das Ergebnis der Google-Suche deckte sich durchaus mit eigenen Leseerfahrungen, aber die Abweichung fällt eben viel mehr ins Auge als die (bundesdeutsche) Norm. Immerhin läßt sich doch sagen, daß neuste usw. in der NZZ nicht, wie in der SZ, nur »verschwindend selten« gebraucht wird. Vermutlich hängt das mit der Monophthongisierung zusammen (nüüschte)?
 
 

Kommentar von Roger Herter, verfaßt am 28.04.2009 um 05.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14370

33.400mal neuste (gegen 546mal neueste), das wär in der Tat eine – monströse – Marotte der NZZ. Allein es ist nichts damit, es handelt sich um reine Mondzahlen.

Klickt man sich nämlich durch die angezeigten Seiten, ist schon Beleg Nummer 57 der letzte. Ruft man nun die "übersprungenen Ergebnisse" zusätzlich auf, wird einem der Unfug vollends klar: Abertausendmal erscheint da, unter wechselnden Titeln, ein und derselbe Text.

Auf diese Weise kommen die 33.400 NZZ-Treffer zustande. Das lassen Sie sich, lieber Herr Markner, am besten vom Geek Ihres Vertrauens erläutern; ich bin ratlos. Die so gewonnenen Zahlen sind jedenfalls unbrauchbar.

Dagegen scheint mir die Suche auf NZZ Online seriös und transparent, die Resultate werden chronologisch ab 2001 aufgeführt, und zwar ohne Dubletten. Es ist daher leicht zu eruieren und nachzuprüfen: Auch in der NZZ ist, wie gesagt, neueste/n häufiger als neuste/n, wenn auch nur im Verhältnis von 5130 zu 4760.

Mais tant de bruit pour une omelette!
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 24.04.2009 um 15.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14348

Die Neuesten werden die Ältesten sein.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 24.04.2009 um 14.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14347

Die Münchner Neuesten [sic] Nachrichten vom 9. 11. 1918:
http://www.dhm.de/lemo/objekte/pict/d2942672/index.jpg
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 24.04.2009 um 11.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14344

Die Google-Suche »neuste -neueste site:nzz.ch« wirft »ungefähr 33.400« Treffer aus, die Suche »neueste -neuste site:nzz.ch« hingegen »ungefähr 546«. Mag sein, daß es sich lediglich um einen Turicismus handelt – oder im Ernst: um eine Marotte der NZZ.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.04.2009 um 09.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14343

Von den Belegen für "neuste" muß man noch die Erwähnungen der "Münchner Neusten Nachrichten" abziehen, die nun mal so hießen.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 24.04.2009 um 09.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14342

Nach der Reformschreibung "rau" wäre "am rausten" auch ein Superlativ zu "raus".
 
 

Kommentar von Roger Herter, verfaßt am 24.04.2009 um 05.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14339

Nein, das ist gewiß kein Helvetismus, Herr Markner. Vielmehr sind, wie Herr Ludwig sagt, beide Formen möglich (und im ganzen Sprachraum üblich). Zwar gibt es, siehe Tagebucheintrag, sehr deutlich regionale oder redaktionelle Präferenzen; neueste aber hat gegenüber neuste überall die Nase vorn.

Das gilt auch für die NZZ. Die Stichwortsuche in der Online-Ausgabe erbringt (unspektakuläre, doch) klare Mehrheiten für neueste und neuesten. Es kann also keine Rede davon sein, die NZZ schreibe "durchgängig neuste/n". – Marginalien, sicher; mich hat bloß das Apodiktische der Bemerkung gestört.

Noch zur Sache. Der Duden von 1959 (!) bietet immerhin ansatzweise eine Begründung, indem der entsprechende Passus lautet: "Adjektive, die auf Diphthong oder auf Vokal (Diphthong) + h enden, stoßen das 'e' überwiegend aus, behalten es aber auch bei besonderer Betonung des Superlativs [Hervorhebung von mir]:

freiste - freieste, frohste - froheste, rauhste - rauheste."
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 24.04.2009 um 01.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14338

Da sind doch wirklich beide Schreibungen möglich. Aber Herr Ickler hat recht: Die Begründung "zumeist" entbehrt eines Grundes. Bei "größt-" haben wir eine Schreibung, wo also die [s]-Laute vom Ende des freien Morphems (groß) und vom Beginn des gebundenen Morphems ("st") zusammengefallen sind, weil wirklich keiner *größest- sagt. Aber ich höre auch in "heißest-" fast nur einen [s]-Laut, allerdings einen langen ("heiß[e]sten" in "[die] heiß[e]sten [Tage" reimt also nicht klar mit "reisten"!). Wir schreiben aber da das "e" immer. Warum? Weil wir es so gewohnt sind und wir uns nur bei der Schreibung mit "e" die Bedeutung erlesen, die das Wort hat. "*heißten" wäre zwar eine "phonetische" Schreibung, aber sie würde den Leser nur verwirren, jedenfalls auf den ersten Blick. Das ist bei "neust-" nicht der Fall. Beim "lausten" Frühlingswetter würden wir jedoch schon wieder eigenartig kucken, ich würde es jedenfalls, und es spielt keine Rolle, was ich selbst sage oder wie ich's höre. Vielleicht auch, weil die eigenartige Schreibung uns an andere Wörter denken ließe als die gemeinten.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 23.04.2009 um 11.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1144#14337

Es handelt sich um einen Helvetismus, die NZZ schreibt durchgängig neust(e/n).
 
 

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