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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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27.03.2005
 

Grauschleier

Ulrich Engel hat seine „Deutsche Grammatik“ überarbeitet und der Rechtschreibreform angepaßt.
Das Ergebnis ist betrüblich, wie die folgenden ungeordneten Randbemerkungen zeigen:

Engel, Ulrich (2004): Deutsche Grammatik. Neubearbeitung. München: iudicium.
456ff. über Rechtschreibung:
Nomina werden im Deutschen groß geschrieben (457, 337, 340 usw., immer getrennt)
zusammen zu schreiben (458), zusammen geschrieben (458, 284)
zusammen gehalten (31)
zusammen zu halten (106)
"Partizipien und deren valenzanhängige Elemente werden getrennt geschrieben:
allein stehend, Metall verarbeitend, Gewinn bringend"(458)
(S. 33 schreibt er aber: alleinstehend)
Mei-sterschaft (284)
"vor der Genitivendung s steht nie ein Apostroph: *Engel's Grammatik" (467; genau dies ist aber laut Neuregelung richtig)
Werke, die den Benutzer dieser Grammatik weiter führen können (470), ebenso: weiter geführt (145), weiter geleitet (448f.)
Sicher hast du Recht. (27)
Damit haben Sie doch vollkommen Recht (29 usw., stets groß geschrieben)
am Besten (30 und öfter), das Meiste, zum Anderen, jemand Anderes, ein Partner – der Andere usw.
zuwider lief (57)
soviel Genauigkeit (95)
sogenannt (meist so, wie seit 2004 wieder „zulässig“, aber anderes deutet darauf hin, daß die Revision eigentlich noch nicht berücksichtigt ist), so genannten (289)
wir Beide (108), die Beiden (147 usw.)
plaziert (118)
damit die Drei ihren Vertrag aushandeln können (124)
ein einzelner (135)
solange fühle ich mich wohl (144)
bevor er heim ging (144)
nochmal (152, 248; ab 1996 vorgeschrieben, 2004 wieder abgeschafft)
dazu gelernt (263)
zu eigen gemacht (65, 268)
auseinanderhalten (272)
oben genannt als "Adjektiv" (312)
im Wesentlichen gleich bedeutende (325), gleich bedeutend (328)
gleichlautend (385)
schwerverletzt, tiefgekränkt (341)
läng-ste (343)
mit den Beiden (400)
kennengelernt (452 mehrmals)
tut mir leid (460)
Zu den "Kopulapartikeln" S. 421 (das sind nur prädikativ gebrauchte Adjektive): "Die neue Rechtschreibung hat in diesem Zusammenhang einige Änderungen verfügt; soweit diese unverständlich oder schlecht motiviert scheinen, wurden sie hier nicht befolgt."
Daher: Er war mir seit langem feind.
pleite gehen, angst und bange machen (422)
(D.h., daß die Fälle von Neuschreibung sonst gewollt und gebilligt sind.)
Hier auch wett machen.
zufrieden stellend gelöst hat das Problem noch niemand (422)
mit einer face-to-face-Bewegung (74)
Fehlendes Komma nach wörtlicher Rede (66, mehrmals), vgl. auch: Bin ich wirklich auf dem Sozialamt? fragte sich der Besucher. (258)
"Wie zu sehen ist, gibt es unter den Adjektiven einige, die mit großen Anfangsbuchstaben geschrieben werden (Frankfurter). Spätestens hier müssten die militanten Verteidiger der Großschreibung von 'Hauptwörtern' erkennen, dass ihre Vorschläge an der Wirklichkeit zerschellen. Ihre Argumentation ist in der Tat so löcherig wie der Schweizer Käse, der zwei groß geschriebene Wörter, aber nur ein einziges 'Hauptwort' enthält." (337)
Engel äußert sich sonst gar nicht zur Großschreibung, sondern stellt in seinem kurzen Rechtschreibkapitel nur fest, daß Substantive groß geschrieben werden. Auch dreht er die Beweislast um, denn die Verteidiger der üblichen Schreibweise machen ja gar keine "Vorschläge" und brauchen auch keine zu machen. Die "Wirklichkeit" ist die Großschreibung, daran zerschellt nichts, höchstens die Kleinschreiberideologie.

Druckfehler: voneinandern (95), Funktionenen (129), zusamengezogenen (284), Possesivus (295), Päpositionaladverb (392), Sufixen (412), bei Ihnen (den Parenthesen); simmloses s (457). Eisenbergs "Grundriß" wird als Grundriss angeführt. Lichtenstein (472), Öhlschlager (475), finnisachen (474), mir (statt mit 476). Bei Hasen (465) fehlt die Trennung.



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Kommentare zu »Grauschleier«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.10.2023 um 08.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=43#51970

Diane Coleman-Brandt/Ulrike Leuschner/Thedel von Wallmoden. Hg.: Lichtenberg lesen! Inspirationen und Interpretationen. Göttingen 2016.

Einige Beiträge sind, wieder einmal nicht zu ihrem Vorteil, in Reformschreibung gedruckt. „An diesem Donnerstag Morgen“ entspricht nicht einmal den Regeln (die allerdings hier immer etwas unklar geblieben sind), und „alles Mögliche“ ist nicht „alles mögliche“. „Aufs Äußerste“ ist auch nicht gerade fortschrittlich. Man sieht wieder, daß die Entscheidung für die Reformschreibung augenblicklich zu einer Verschlechterung der Texte führt. Daß Lichtenberg etwas „mit Erfolg gelang“, liest man auch nicht gern, aber das steht auf einem anderen Blatt.
 
 

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