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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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22.06.2010
 

Narretei
Kauderwelsches aus der Zeitung

Ich weiß nicht, ob wir das "Narrativ" schon mal besprochen haben, das inzwischen aus der weichsten Wissenschaft in die Zeitungen gedrungen ist. Kurz nacheinander in der Süddeutschen gelesen:

Auch wenn de Gaulles Einfluss schwindet, bleibt er aber zentral für das Narrativ Frankreichs. (19.6.10)

Wir haben Merkel, Westerwelle und Seehofer, Lähnung, Entsetzen und Dauerdepression. Ein politisches Personal und Narrativ, das sich jeder Märchenhaftigkeit entzieht. (21.6.10)

Wer ist hier das Narrativ, vielleicht Frau Merkel?

Franz Dornseiff hat schon über die Unsitte gespottet, Ausdrücke aus dem Griechischen wie Arete unübersetzt zu lassen und damit ganz alltäglichen Wörtern den Schein des Fachlichen zu geben: "Das pathetische Getue damit hätte kein Grieche verstanden." So ähnlich wird es mit dem Narrativ auch gelaufen sein.

Um auch noch mal auf Walter Mixa zurückzukommen: Vieles traut man ihm inzwischen zu, aber was er sich nun leistet, schlägt dem Faß den Boden ins Gesicht:

Wie ein Damoklesschwert hängt der Ex-Bischof von Augsburg derzeit über der katholischen Kirche in Deutschland. (Lausitzer Rundschau 22.6.10)



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Kommentare zu »Narretei«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.07.2024 um 07.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#53454

„Ich kann die Wahrheit erzählen“, soll Biden kürzlich gesagt haben. Das Erzählen wird zur Volkskrankheit. Biden hat natürlich „tell the truth“ gesagt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.06.2024 um 08.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#53398

Saskia Esken: „Was ist die Erzählung, die wir den Menschen in der Altmark erzählen können?“ – „Wir müssen wieder zu einer Geschichte kommen, daß die SPD an der Seite derer steht, die jeden Tag arbeiten.“
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.10.2021 um 03.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#47467

Um sich wieder aufzurappeln, rufen nun auch gefallene Parteien nach einer neuen „Erzählung“. Wenn sie besseres Spitzenpersonal hätten, brauchten sie uns nichts zu erzählen.

Warum wir das Klima falsch erzählen...

Cringe! ("Fremdschämen", nicht wahr?)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.02.2018 um 19.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#37787

Im Koalitionsvertrag ist vom "globalen Wettbewerb der Narrative" die Rede.

Die Buchpreisbindung soll auch nicht "ausgehebelt" werden können, das ist eine Existenzfrage, nicht nur für deutsche Buchhändler.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.10.2017 um 15.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#36457

Wir brauchen eine neue, ehrliche Erzählung der Einheit (Robert Ide, Tagesspiegel 4.10.17)

Bald werde ich hören: "Opa, erzähl mir die Einheit, aber ehrlich!"
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.04.2017 um 05.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#34912

Zur Selbstvergewisserung einer Demokratie gehört es, Narrative zu kreieren. (Hanns Jürgen Küsters, KAS, in FAZ 18.4.17)

Neben den monströsen Fremdwörtern suggeriert die „Selbstvergewisserung“, eine Demokratie könne nicht einfach funktionieren, sondern brauche einen ideologischen Überbau – Einfallstor für allerlei zusätzliche Forderungen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.09.2016 um 10.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#33239

Papst Franziskus will die katholische Kirche neu erzählen. (ZEIT 4.9.16)

Macht der Verstoß gegen die Grammatik wirklich so viel Freude? Dem Leser bestimmt nicht.

Aus demselben Beitrag über "Mutter Teresa":

Die kanadischen Wissenschaftler Serge Larivée und Geneviève Chénard behaupteten in einer Studie von 2013, das Wunder, das der Vatikan für ihre Seligsprechung im Jahr 2003 anerkannte, sei erfunden.

Das ist recht lustig. Es gibt ja keine Wunder, folglich sind sie alle "erfunden".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.05.2016 um 08.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#32660

In der Tat liegt eine Abwertung darin, daß man etwas, was zu besprechen wäre, in die Welt der Erzählung abschiebt. "Märchen" liegt nahe. Um so mehr fällt das modische Gefasel auf die Nerven.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 23.05.2016 um 07.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#32658

In der Überzeugung, daß man den Leuten (ob als Wählern oder Abonnenten) viel erzählen könne, sind sich Journalisten und Politiker immer schon einig gewesen. Jetzt gibt es den Begriff dafür.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.05.2016 um 06.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#32657

Angesichts des traurigen Zustandes der Union stellt sich die Frage, mit welcher Erzählung man die Menschen wieder für die EU begeistern will. Das Narrativ von der Friedensgemeinschaft ist natürlich richtig (...) Welches Narrativ könnte wieder neue Begeisterung für die EU wecken? Eine solche Erzählung zu finden ist schwieriger als die Antwort auf die Frage, was ein Brexit für Europa bedeutet. (Holger Steltzner FAS 22.5.16)

Abgesehen vom Narrativ (die Narrative haben sich seit dem letzten Eintrag nochmals stark vermehrt) – wie kann man denn EU-Begeisterung vom Erfinden einer "Erzählung" erwarten? Wie blöd ist das denn?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.11.2015 um 19.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#30704

Es ist höchste Zeit für eine neue Klimaerzählung. (FAS 29.11.15)

Gemeint ist aber eindeutig ein neues Programm, ein Handlungsplan.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.07.2015 um 07.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#29560

„Mit welcher Erzählung tritt die SPD 2017 an?“, fragt Steinbrück. (WAZ 28.7.15)

Unklar ist nur noch, ob wir in Zukunft die schönste Erzählung oder den besten Erzähler wählen sollen.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 09.05.2015 um 09.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#28848

Zu (#28433) "Es geht nicht mehr darum, was der Fall ist, sondern nur noch darum, was man so redet und erzählt - so ähnlich, wie alles angeblich gesellschaftlich „konstruiert“ ist": Dazu hörte ich kürzlich in einem politischen Sonntagvormittaggespräch am Fernsehen: "In politics, opinions are facts."
Zu (#28846) "weil ich bei Durchsicht alter Erinnerungsstücke daran denken muß, wie verschieden die "geistige Situation der Zeit" damals war; man kann es sich kaum noch vorstellen. Die Leute haben auch massenhaft Kierkegaard (Rowohlt-Taschenbuch!) gekauft und gelesen": Ich zitiere das hier, weil ich bei meiner Durchsicht von mir gegenwärtig Wichtigem daran denken muß, was denn daran auf längere Sicht so wäre, daß es wirklich zählte. Ist derariges Denkenmüssen bloß eine Alterserscheinung? Und waren das vielleicht noch irgendwie gute alte Zeiten, wo ein Senat wirklich noch ein Ältestenrat und also eher fähig war, die Körnchen Wahrheit in der doch vielen Spreu immer bewegendster Gegenwart auszumachen? - Mein Kierkegaard damals war übrigens ein Fischer-Taschenbuch ("des Wissens"), wenn ich mich recht erinnere, und daraus bewegt mich immer noch: «Etwas Wunderbares ist mir begegnet. Ich wurde entzückt bis in den siebenten Himmel. Hier saßen versammelt alle Götter. Aus besonderer Gnade wurde mir die Gunst gewährt, einen Wunsch zu äußern.
"Willst du," sagte Merkur, "willst du Jugend haben, oder Schönheit, oder Macht, oder ein langes Leben, oder die schönste Jungfrau, oder eine andre von den vielen Herrlichkeiten, die wir hier in der Kramkiste haben: so wähle, aber nur eine." Eine Zeitlang war ich um Antwort verlegen; darauf wandte ich mich an die Götter mit diesen Worten: "Höchstgeehrte Mitlebende, ich wähle eines, dass ich nämlich immer die Lacher auf meiner Seite haben möge." Kein einziger der Götter erwiderte ein Wort, dagegen brachen sie alle in Gelächter aus. Hieraus schloß ich, dass mein Wunsch erfüllt sei, und fand, dass die Götter sich mit Geschmack auszudrücken wüßten: denn das wäre doch unpassend gewesen, in ernsthaftem Tone zu antworten: "Es ist dir bewilligt!"» (Hier zitiert nach www.textlog.de/kierkegaard-lacher.html, wo die reformierte Rechtschreibung nachträglich dienerisch angesetztt wurde, so daß "dass" gleich nach "schloß" zu stehen kommt, und "wüßten" steht da auch wie sonst gehabt. Das Komma am Anfang innerhalb des Merkur-Zitats ist ja auch nicht ganz koscher, aber das nach welcher Schreibung auch immer.)
Als Taschenbuch von Rowohlt waren damals Gregor von Rezzoris *Maghrebinische Geschichten* erschienen, die heute sicher als politisch völlig incorrect schon beim Verlag eingestampft würden und die auch zur Dokumentation keine Bibliothek höherer Bildung behielte, weil sie ja für Schulkinder nicht in der neuartigen Rechtschreibung gedruckt waren.

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.05.2015 um 07.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#28846

Der erwähnte Karl Jaspers (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#25507) gehört natürlich auch zu dem, was ich beim Ausmisten weggeworfen habe. In meiner Jugend glaubte man vieles lesen zu müssen, was heute mit Recht vergessen ist. Bei Jaspers bin ich vor Langeweile kaum über zehn Seiten hinausgekommen. In der analytischen Philosophie, die mich nach wie vor noch am ehesten interessiert, wird er ja praktisch nie erwähnt. Wovon handeln seine philosophischen Schriften überhaupt? Keine Ahnung, der ausführliche und unkritische Wikipedia-Eintrag kann es mir auch nicht sagen.
Ich komme auch bloß deshalb darauf, weil ich bei Durchsicht alter Erinnerungsstücke daran denken muß, wie verschieden die "geistige Situation der Zeit" damals war; man kann es sich kaum noch vorstellen. Die Leute haben auch massenhaft Kierkegaard (Rowohlt-Taschenbuch!) gekauft und gelesen. Auf allen Bühnen lief Sartre.

Ich weiß, daß es zu jedem Denker (Nicolai Hartmannn, Leonard Nelson, Karl Jaspers usw.) auch heute noch einen Verein oder eine Gesellschaft gibt, wo das Erbe gepflegt wird, aber das sind meist sehr kleine Konventikel, die sich auch keine Illusionen über ihre Wirkung machen.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 27.03.2015 um 18.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#28433

Es ist ja schon besser als nichts, daß Frau Schwan von Erzählung und nicht von dem unsäglichen Narrativ spricht.

Das Modewort Narrativ wildert inzwischen etwas in dem Bereich des älteren Modeworts Diskurs, einer Erbschaft des 68er- und Soziologenjargons. Es war wohl der Habermassche herrschaftsfreie Diskurs, der diesem Wort zum Durchbruch verhalf. Inzwischen wimmelt es in Zeitungsspalten und anderer Medien nur so vom Diskurs, meist in dem banalen Sinn von Diskussion, Debatte.

Nach meinem Empfinden strahlen beide Wörter einen gewissen Unernst aus. Es geht nicht mehr darum, was der Fall ist, sondern nur noch darum, was man so redet und erzählt - so ähnlich, wie alles angeblich gesellschaftlich „konstruiert“ ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.03.2015 um 18.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#28315

Der Inhalt des gefühlvollen Artikels, soweit greifbar, ist entsprechend. Schwan geht mit Kant- und Bibelversen auf Schäuble los, obwohl dessen Politik von der Großen Koalition getragen wird usw. – ZEIT-typisch.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 15.03.2015 um 14.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#28313

Gesine Schwan hat die "Erzählung" in einem kurzen Artikel gleich fünfmal untergebracht:

http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-02/griechenland-gesine-schwan-schaeuble-schuldenschnitt#comments
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.09.2014 um 04.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#26690


Gespräch mit Alexander Kluge, WamS 24.8.14:

Kluge: Man muss der IS die Wirklichkeit, die sie zu sein vorgibt – und eine Enthauptung vor Millionen ist eine äußerste Form davon – den Wirklichkeitstatbestand bestreiten. So absurd das im Augenblick klingt.
Die Welt: Ein Kampf der Narrative.
Kluge: Die Macht des Narrativs müssen wir ihnen bestreiten, und das kriegerisch, aber nicht mit ihren Mitteln, sondern mit einem Gegenmittel, das sie trifft. Man muss ihnen die Wirklichkeit abgraben.
(...)
Wir müssen unsere sämtlichen Narrative überprüfen. Vor dem Ersten Weltkrieg war es offenbar nicht möglich, Ernst Jünger daran zu hindern auszubüchsen und Fremdenlegionär zu werden. Wir hätten dort ein Narrativ gebraucht, das dieses Verlangen eines jungen Mannes nicht entstehen lässt. Dann hätten wir vielleicht auch Mittel gewusst gegen den Kriegsausbruch von 1914.

(Das wertet nebenbei den Literaten auf, als Meister der Narrative.)
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 29.03.2014 um 20.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#25508

Man sollte sich also Weber als eine Art Leviathan vorstellen. Ein Glück, daß das jetzt nicht mehr gilt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.03.2014 um 16.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#25507

Weber gilt nicht mehr als der „Makroanthropos“ (Jaspers) unserer Welt. (FAZ 29.3.14, Rezension einer Max-Weber-Biographie)

Was mag das bedeuten? Vielleicht daß Weber nicht mehr als "großer Mann" unserer Zeit schlechthin gilt? Aber wird es durch die Übersetzung in fragwürdiges Griechisch verständlicher? Jaspers hat das seltsame Wort freilich verwendet:

Nach Platos Wort sieht man in den gesellschaftlichen Zuständen in großer Schrift die Natur des Menschen, die im einzelnen Individuum undeutlicher, verdeckter ist. Auch von der Gesellschaft kann man vergleichsweise sagen, daß sie ein Leben hat. In der Gesellschaft finden sich die menschlichen Möglichkeiten auf viele Individuen verteilt; nirgends ist ein wirklich kompletter Mensch, aber im Ganzen der mannigfaltigen Menschen sieht man ein Bild von der Idee des Menschen in diesem Makroanthropos der Gesellschaft. Und da die Zeiten und Zustände einen sehr verschiedenen Umfang an Reichtum dieses Makroanthropos haben, ist seine Idee erst in der Gesamtheit der menschlichen, gesellschaftlichen Entwicklung inkarniert, deren Ursprung und Ende uns undurchsichtig ist. (Psychologie der Weltanschauungen. Berlin 1919:322)

Bei Platon (in Frage kommt Rep. II, 368) steht es natürlich nicht, und die Paraphrasierung ist auch bedenklich genug. Aber Jaspers hat das Wort tatsächlich auch auf Max Weber angewendet:

Der Makroanthropos unserer Welt stand in ihm gleichsam persönlich vor uns. (Max Weber. Tübingen 1921; auch in Rechenschaft und Ausblick 1951:14)

Das ist nun ziemlicher Unsinn, aber noch gar nichts gegen das, was unser Rezensent daraus gemacht hat und den Lesern der FAZ vorzusetzen wagt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.07.2013 um 06.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#23717

Eigentlich gehört es unter "Bilder", aber weil ich das Damoklesschwert hier schon einmal zitert habe, füge ich ein neues Beispiel hier ein:

Die Fünf-Prozent-Hürde schwebt in diesem Wahlkampf über der FDP wie ein Damoklesschwert. (Focus 22.7.13)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.03.2013 um 16.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#22791

Wie ich gerade sehe, stimmt meine Chronologie nicht. Steinbrück hat die neue Erzählung schon früher verlangt:

Ausgerechnet der kühle Hanseat [Steinbrück] wird daher regelrecht emotional: "Wir brauchen eine neue Erzählung für Europa", mahnt er seine Genossen. (Berliner Zeitung 3.9.11)

Aber auch andere Politiker haben sich ähnlich geäußert.

"Wir brauchen eine neue Erzählung für Europa, eine neue Vision", sagte Oliver Luksic (FDP). (Deutscher Bundestag 16.1.13)

Die Formel scheint auf Timothy Garton Ash zurückzugehen:

Timothy Garton Ash hat kürzlich einmal beklagt, Europa habe den Faden verloren. Die Menschen wüssten nicht, warum und wofür es eine Europäische Union gebe. Was wir bräuchten, so Ash, das sei dringend eine neue Erzählung. (Rede von Bundesaußenminister Steinmeier 11.05.07)

Neu ist nur, daß der Slogan Leistung muß sich wieder lohnen jetzt als "Erzählung" bezeichnet wird.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.03.2013 um 16.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#22790

Auf die Forderung nach einer Erzählung hat Steinbrück inzwischen reagiert:

Im Unterschied zu CDU und CSU wolle die SPD aber keine marktkonforme Demokratie, sondern eine demokratiekonforme Marktwirtschaft. "Es geht um die sozialdemokratische Erzählung von Leistung muss sich wieder lohnen", sagte Steinbrück. (ZEIT 11.3.13)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.10.2012 um 10.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#21646

„Eine neue Erzählung für Europa“ verlangen etliche Journalisten (u. a. von Herrn Steinbrück!). Im „European“ wurde gleichzeitig offengelegt, daß man damit den Begriff des „Narrativs“ eindeutsche. Die klassische Entsprechung heißt übrigens „Mythos“. Daran kann man allerlei Erinnerungen knüpfen und sich dann ein Urteil bilden, wohin es mit der Politik (wieder einmal?) gekommen ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.08.2012 um 13.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#21263

Man denke nur an die Urschildkröte der Atztheken. (SZ 18.8.12)
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 15.07.2010 um 21.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#16522

Eine ganz neue Verhandlungsmethode – wenn's der Wahrheitsfindung dient:
Heute in der Südd. Zeitg.: "Die still stehenden Verhandlungen"
 
 

Kommentar von B Janas, verfaßt am 30.06.2010 um 10.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#16432

Gilt (gildet? geltet?) jetzt eigentlich "Entgeld" als korrekt? Las gerade "Entgeld bezahlt" auf einem Aufkleber der Deutschen Post.
Reformierte Volkslogik wird daraus wohl noch "Endgeld" machen.
 
 

Kommentar von Erbsenzähler, verfaßt am 29.06.2010 um 20.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#16431

Das war der "Hamburger Obstsalat". Horst Hrubesch sagte: "Felix die Kirsche auf Manni, Manni Banane, ich Birne – Tor!"
 
 

Kommentar von Linke Klebe, verfaßt am 29.06.2010 um 10.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#16428

Schwer angesagt ist zur Zeit auch der Begriff das "Momentum" in Spiel"analysen". Das kommt gleich viel wissenschaftlicher daher als nur das Geschwafel von "Leistung abrufen" oder "kompakt gestanden".
Dann doch lieber "Manni Flanke, ich Kopf – Tor"
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 28.06.2010 um 20.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#16425

Das zur Zeit blödeste Wort ist "geerdet sein" für Menschen. Geerdet sein müssen Metallteile, die zufällig unter Spannung geraten können, wie z. B. Badewannen, und zu Reparaturzwecken abgeschaltete Hochspannungsleitungen gegen versehentliches Einschalten. Für Menschen ist geerdet-sein sehr gefährlich und kann tödlich sein, weil durch die Erdung die eine-Hand-in-der-Hosentasche-Regel unwirksam gemacht wird. Der beste Schutz gegen zufälliges an-Spannung-geraten sind dicke Gummisohlen oder Gummimatten. Wenn man jemandem alles Schlechte wünscht, gibt man ihm den Rat, mit einer Hand immer an Metallteile zu fassen. Es gibt für die "übertragene" Bedeutung sicher ein besseres Wort, denn die ist ja nicht neu.
 
 

Kommentar von MG, verfaßt am 27.06.2010 um 12.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#16418

"... schlägt dem Faß den Boden ins Gesicht"

Diese Katachrese ist mittlerweile ziemlich häufig. Und – wer weiß? – vielleicht wird sie einmal die allgemein gängige Form. Bei "nichtsdestotrotz" hat das ja auch geklappt.

Man muß mit Ironie und Satire ziemlich vorsichtig sein. Öfter als gedacht versteht sie das Gegenüber nicht und nimmt sie für bare Münze. Der Journalist, der den obigen Satz mit dem Damoklesschwert fabriziert hat, hat sich ja auch nicht vor Augen geführt, wie schief sein Bild ist.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 25.06.2010 um 01.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#16411

Nein, nein, lieber Herr Bolz, und weil's Sommer ist: "Das schlägt dem Faß den Boden ins Gesicht." So formulierten wir's als Halbstarke in den fünfziger Jahren.
 
 

Kommentar von Karsten Bolz, verfaßt am 24.06.2010 um 22.26 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1317#16410

Und ich dachte immer, es werde einem die Krone ins Gesicht geschlagen. ;-)
 
 

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